Ihre Songs provozieren und gehen ins Ohr, sie füllt die Clubs und spielt bald in größeren Hallen und ganz nebenbei hat sie ihre Karriere im künstlerischen Segment noch einmal kopfüber gestellt. Die „Krone“ fragte bei der Wahl-Berlinerin Zsá Zsá Inci Bürkle nach und tauchte tiefer in ihre musikalische Welt ein.
Die Erfolgsformel wirkt in der Theorie simpel, ist aber gar nicht so leicht zu bewerkstelligen. Man eigne sich die wichtigsten Online-Kenntnisse an, um auf Social-Media-Plattformen zu reüssieren, ergattere ein paar relevante Rollen am Schauspielsektor und probiere dann den Sprung in die Musik, wo man mit einer Melange aus zeitgemäßem Sound, gutem Aussehen, frechem Auftreten und der bereits durch das Schauspiel und Social-Media-Plattformen gewonnenen Prominenz endgültig den Sprung in die nächste Liga schafft. Die aus dem beschaulichen Pforzheim stammende und längst in der Hipster-Metropole Berlin sozialisierte Zsá Zsá Inci Bürkle will es derzeit wissen. In der Rolle der Trude überzeugte sie als Kinderdarstellerin in der erfolgreichen „Wilde Hühner“-Reihe, es folgten Rollen in „Fack ju Göhte 2“, der Serie „Der Lehrer“ und diversen Serienepisoden, bis sie 2021 mit dem Song „Scare Me“ erstmals musikalisch auffällig wurde.
Gezielte Provokation
Zu dieser Zeit hat Zsá Zsá längst schon das Internet geknackt. Sie weiß genau, wie man die Klaviatur der aktuellen Trends spielt und holt sich ihre Zugriffs- und Streamingzahlen vor allem über TikTok und Instagram ins Haus. Nach anfänglichen Songs auf Englisch gab es ab 2024 den entscheidenden Turnaround. Mit „Er kriegt mich nicht“ fiel die heute 30-Jährige erstmals breitenwirksam deutschsprachig auf, Songs wie „Ärger“ oder „Bestie“ folgten, bis das divers aufgenommene „Bad Bunnie$“ im Mai dieses Jahres in Österreich und Deutschland die Singles-Charts raufkrachte und Zsá Zsá damit großflächig ins Rampenlicht brachte. Neben der sexy Inszenierung sorgte dafür auch der Songtext, dem nicht unbedingt feministisches Empowerment attestiert wurde. Zsá Zsá will aber nicht belehren und bekehren, sondern Spaß haben und Partys feiern, womit zu Künstlerinnen wie Rapperin Ikkimel als eine Art „kleine Schwester im Geiste wirkt“.
Hierzulande gab es beim letzten Frequency Festival erstmals eine gelungene Live-Kostprobe auf der Indoor-Stage, bei der ihr nervös zuckender Hyperpop mit Rap naturgemäß besonders stark abgefeiert wurde. „Das war mein erster Festivalsommer und eigentlich waren es überhaupt die ersten Shows, die ich so gespielt habe“, rekapituliert sie im Gespräch mit der „Krone“, „Festivals sind auch insofern cool, als man sich viel von anderen abschauen und lernen kann. Kopieren ist aber schlecht, weil unauthentisch. Aber man kann sich durchaus inspirieren lassen.“ Der Sprung ins kalte Musikwasser hat Zsá Zsá jedenfalls gutgetan, mit einem derart schnellen Karrierehype hätte sie anfangs nicht gerechnet. Das liegt auch daran, dass ihre Songs provozieren. Neben „Bad Bunnie$“ tut das auch der aktuelle Track „Raris & Rovers“, wo sie unverblümt davon singt, als 16-Jährige in ihrer Zeit in den USA ein Verhältnis mit einem 20 Jahre älteren Mann gehabt zu haben. Das gibt schwere Konstantin Wecker-Vibes.
Die Kunst der Inszenierung
Weniger explizit als Ikkimel, aber durchaus vorsätzlich geht es Zsá Zsá darum, die allgemeine Aufgeregtheit und ständige Empörungswellen in der aktuellen Gesellschaft gewinnbringend zu nutzen. Was die einen als unverschämt und gegen das weibliche Geschlecht arbeitend ansehen, würden andere als pekuniäre Gewinnmaximierung im kapitalistischen System erklären. Recht haben möglicherweise beide Seiten - vielleicht aber auch keine, weil Kunst ohnehin immer als solche dasteht und keiner Einordnung bedarf. Zsá Zsá spielt gerne mit ihrem Image, lässt sich nicht zu tief in die Karten blicken, weiß aber genau, wie sie im Hintergrund die Fäden so zieht, dass sie ihr größtmöglich von Nutzen sind. Es ist das alte, aber erfolgreiche Spiel: Inszeniere dich in deinen Song und Videos als beherrschende Persönlichkeit, vermittle live in deinen Anfängen aber auch eine gehörige Dosis Unschuld und Naivität. Ein Move, der bislang mehr als ordentlich aufgeht.
Schon vor Veröffentlichung ihres nur 21-minütigen Debütalbums „Thirst Trap“ Ende September war die dazugehörige Tour in kleinen Clubs diesen Herbst ausverkauft, die nächste und auch wesentlich größer antizipierte Live-Rutsche gibt es im Frühling 2026. „Ich überlebe mir immer, wie ich noch einen draufsetzen kann, wie ich das Bühnenbild gestalten werde und die Fans dann im größeren Rahmen glücklich machen kann“, schmunzelt die Sängerin, „Das Album ist eine Momentaufnahme und zeigt, wo im Leben ich derzeit stehe. Es sind viele persönliche Songs oben, ich bin aber niemand, der in Melancholie zerfließt oder superernste Themen in Lieder verpackt. Momenten befinde ich mich gerade in meiner ,Bitch-Ära‘, aber ich kann auch süß und weich sein.“ In ihrer Musik ist Zsá Zsá radikal ehrlich. Sie will sich so zeigen, wie sie wirklich ist. „Die Musik ist für mich ein Safe Space. Dort kann ich voll reingehen und so sein, wie ich bin.“ Das ist für sie auch der größte Unterschied zu ihrer alten Karriere. „Musik ist ehrlich und direkt, beim Schauspiel geht es um Darstellung und Performance. Das ist wohl der Grund, warum ich mich dort nie so richtig wohlgefühlt habe.“
Große Zukunftspläne
Ein wichtiger Sidekick Zsá Zsás ist ihr Produzent Replay Okay, mit dem sie alle Lieder schreibt und produziert. „Ich habe von ihm in puncto Songwriting und Strukturierung sehr viel gelernt. Wir machen alles gemeinsam und das hat sich bislang immer als richtige Entscheidung erwiesen.“ Vom Schauspiel hat sich die Wahl-Berlinerin mittlerweile entfernt und setzt lieber alles auf eine Karte. „Die Musik ist meine Leidenschaft, meine Berufung. Das klingt vielleicht kitschig, aber ich lege meine gesamte Energie da rein. Jetzt gibt es das Album, die Tour, nächstes Jahr die nächste Tour und dann geht es weiter. Es gibt auch ganz viele krasse Künstler, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde.“ Zu ihren Favoriten zählen u.a. Luciano und Nina Chuba. „Ich bin offen für alles, was kommt und alle Möglichkeiten, die sich auf dem Weg dorthin so auftun.“ Ein Ende der Erfolgsspur ist derzeit nicht in Sicht – dafür macht Zsá Zsá viel zu viel richtig.
Zweimal live in Wien
Zsá Zsá präsentiert ihr neues Album und ältere Songs jetzt am 27. November im Wiener Flex Café, die Show ist aber seit Wochen restlos ausverkauft. Mehr Platz gibt es am 2. April in der Wiener Arena. Unter www.oeticket.com kann man sich dort noch mit Karten für die Künstlerin eindecken. Bis dorthin wird wohl auch noch die eine oder andere Single das Licht der Welt erblicken.
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