Am Mittwoch hielt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre erste Rede zur Lage der Union nach ihrer Wiederwahl. Nur wenige Stunden später wurden erneut zwei Misstrauensanträge gegen die Deutsche angekündigt. Laut FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky kommt einer von seiner Fraktion „Patrioten für Europa“, der andere von den Linken. Über das politische Überleben der EU-Chefin kann frühestens im Oktober abgestimmt werden.
Die Patrioten beanstanden die Handelspolitik der Kommission, die die wirtschaftliche Stärke und strategische Autonomie Europas schwer beeinträchtige.
Laut ihrem Vorsitzenden Jordan Bardella hat der Antrag bereits die nötige Zahl der Unterstützungen von mehr als 72 Abgeordneten erreicht.
„Seit viel zu langer Zeit untergräbt die Kommission Europas Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität. Mit fehlgeleiteten Green-Deal-Maßnahmen schwächt sie unsere Volkswirtschaften, beim Kampf gegen illegale Migration versagt sie und überschreitet laufend ihre Kompetenzen – zum Schaden von Demokratie und nationaler Selbstbestimmung“, kritisierte Vilimsky.
Es ist höchste Zeit, diesen Kreislauf des Versagens zu beenden und Rechenschaft, Souveränität und Transparenz wieder ins Zentrum der Europäischen Union zu stellen.
FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky zum eingebrachten Misstrauensantrag gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
„Keine Einzelfälle“
Diverse Skandale (Pfizergate, NGO-Finanzierungsskandal, „Handelsverrat“) würden das Versagen der Kommissionspräsidentin belegen. Vilimsky: „Diese Vorgänge sind keine Einzelfälle. Sie bilden ein klares Muster von intransparenter, unkontrollierter und zerstörerischer Regierungsführung, die Europa in eine gefährliche Zukunft führt.“ Und der blaue Politiker fügt hinzu: „Mit unserem Misstrauensantrag ziehen wir die politische Konsequenz. Wir fordern alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments auf, diesen Schritt zu unterstützen.“
Die linke Fraktion wiederum kritisiert laut „Politico“ die Inaktivität von der Leyens mit Blick auf die Lage im Gazastreifen.
Von der Leyen überstans erst im Juli ein Misstrauensvotum
Die Schritte der extremen Rechten und der extremen Linken, die nur wenige Stunden nach von der Leyens Rede zur Lage der Union im EU-Parlament in Straßburg erfolgten, erfolgen nur zwei Monate, nachdem die EU-Kommission und ihre Präsidentin im Juli in einem Misstrauensvotum die Unterstützung der Abgeordneten gewonnen hatten.
Damals hatten 175 Abgeordnete der Kommissionschefin ihr Misstrauen ausgesprochen, 360 stimmten gegen den Antrag. 18 enthielten sich. Von den österreichischen Europaabgeordneten hatten die anwesenden Mandatare der FPÖ geschlossen für den Misstrauensantrag gestimmt, die Parlamentarier von ÖVP, Sozialdemokraten, NEOS und Grünen geschlossen dagegen. Damals ging es um von von der Leyen zurückgewiesenen Vorwürfen zur Corona-Politik der Kommission und der angeblichen Einflussnahme auf Wahlen in Mitgliedstaaten wie Rumänien und Deutschland.
Misstrauensantrag bisher nie erfolgreich
Ein Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission war bisher äußerst selten. Damit er zur Abstimmung im EU-Parlament kommt, müssen im Vorfeld zehn Prozent der EU-Abgeordneten dafür sein. Das sind 72 Personen. Im Erfolgsfall muss die Kommission geschlossen zurücktreten. Eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen sowie der Mehrheit der 720 Mitglieder des Parlaments (also 361 Stimmen) wäre dafür nötig. Dies ist bisher allerdings noch nie geschehen. Die von einem Korruptionsskandal erschütterte Kommission unter Jacques Santer trat 1999 zurück, um einem Misstrauensvotum zuvorzukommen.
Unmut gegenüber EU-Kommissionschefin wird größer
Auch wenn von der Leyen im Juli gewonnen hatte, haben auch die zahlreichen scharfen Wortmeldungen nach der Rede zur Lage der Union gezeigt, dass sie weiterhin nicht sicher im Sattel sitzt. Die Deutsche wurde für den von ihrer Kommission ausverhandelten, umstrittenen EU-US-Handelsdeal und der großen Zugeständnisse an die USA von den EU-Abgeordneten schwer kritisiert. Die sehr scharfen Töne gegen Israels Vorgehen in Gaza in ihrer Rede dürften auch eine Antwort auf entsprechende Forderungen der EU-Parlamentarier sein.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.