Russland hat für sich eine zentrale Rolle bei künftigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine gefordert. Der Vorstoß sorgt in Kiew und bei anderen westlichen Verhandlern für Entsetzen. Die Forderung aus dem Kreml beinhaltet zudem einen besonders absurden Haken ...
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat am Mittwoch in Moskau Fakten geschaffen. Sein Land müsse unbedingt ein Teil von zukünftigen Sicherheitsgarantien für die Ukraine sein. Soll heißen: Der Aggressor will mit eigenen Truppen den Frieden in der Ukraine absichern.
Bei europäischen und ukrainischen Vertretern sorgt dieser Vorschlag laut „New York Times“ für Resignation und Kopfschütteln. Sie halten die Idee für absurd, da Russland seit 2014 militärisch gegen die Ukraine vorgeht und 2022 den großangelegten Krieg begonnen hat. Diese unterschiedlichen Ansichten zeigen, wie groß die Kluft zwischen den beiden Seiten bei den Verhandlungen über ein mögliches Kriegsende nach wie vor ist.
Widerspruch zu US-Erfolgsmeldungen
Lawrows Aussage steht im klaren Widerspruch zu den jüngsten Meldungen aus den Vereinigten Staaten. Die Regierung von Präsident Trump hatte erst kürzlich von einem angeblichen Durchbruch in den Gesprächen mit Russland gesprochen. Laut Washington habe der russische Präsident Wladimir Putin einem Vorschlag zugestimmt, der der Ukraine Sicherheitsgarantien nach dem Vorbild des NATO-Artikels 5 geben würde. Dieser Artikel legt fest, dass ein Angriff auf ein Bündnismitglied als Angriff auf alle gewertet wird. Trump bezeichnete dies als einen „sehr bedeutenden Schritt“.
Die russische Regierung stellt die Situation jedoch anders dar. Moskau sei zwar offen für Sicherheitsgarantien, aber nur unter bestimmten Bedingungen, die schon seit den gescheiterten Friedensgesprächen im Frühjahr 2022 bestehen. Außenminister Lawrow betonte, dass sich daran nichts geändert habe. Erstens müsse Russland selbst zu den Garantiemächten gehören. Zweitens dürften keine westlichen Truppen auf ukrainischem Gebiet stationiert werden.
Der damalige Vertragsentwurf sah zudem vor, dass die Ukraine militärisch neutral bleiben müsste und keinem Bündnis wie der NATO beitreten dürfe.
Der entscheidende Haken: Das Veto-Recht
Der damalige Entwurf enthielt eine Liste von Garantiestaaten, darunter die USA, China, Frankreich, Großbritannien und eben auch Russland. Diese Staaten hätten sich verpflichtet, die Ukraine im Falle eines erneuten Angriffs zu verteidigen. Allerdings wollte Russland eine spezielle Klausel im Vertrag verankern. Diese hätte vorgesehen, dass ein militärisches Eingreifen die Zustimmung aller Garantiestaaten erfordert. Damit hätte Moskau im Falle eines eigenen Angriffs jede Hilfe für die Ukraine durch ein Veto verhindern können. Was den gesamten Deal ad absurdum führt.
Experten und europäische Politiker sprechen laut der US-Zeitung von einem Stillstand der Verhandlungen – trotz US-Initiative. „Wenn Russland das anbietet, was es 2022 angeboten hat, ist es schwer zu sehen, wie wir uns weiterentwickelt haben“, sagte etwa Samuel Charap, ein Analyst der Denkfabrik RAND Corporation. Ähnlich äußerte sich auch Finnlands Präsident Alexander Stubb, der meinte, Russlands Ansicht von Sicherheitsgarantien sei „ganz anders als unsere Ansicht“.
Einfach auf Moskau pfeifen?
Andere Analysten meinen hingegen, dass der Westen in diesem Fall auf Moskau pfeifen könnte. „Russland ist angeblich gegen Sicherheitsgarantien für die Ukraine, die die Stationierung von Truppen aus NATO-Staaten in der Ukraine beinhalten. Warum denkt überhaupt jemand, dass Sicherheitsgarantien russische Zustimmung brauchen? Es sind Sicherheitsgarantien GEGEN Russland“, erklärte etwa Nico Lange auf X.
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