„Werden weiterhin ...“

Abschiebungen: Das sagen Parteien zum EuGH-Urteil

Innenpolitik
01.08.2025 14:40

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erhöht mit einem Urteil die Hürden für die Festlegung sicherer Herkunftsstaaten für beschleunigte Asylverfahren. Während das ÖVP-geführte Innenministerium um Beruhigung bemüht ist, wertet die FPÖ das Urteil als „Angriff auf das Recht auf Sicherheit in Europa“.

Laut Innenministerium ergeben sich für Österreich durch das EuGH-Urteil „keine unmittelbaren Änderungen und Auswirkungen“, „da die Grundlage für das Urteil die italienische Rechtslage betrifft“.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) unterstrich seinerseits: „Wir werden auch weiterhin alle Maßnahmen ergreifen, um Abschiebungen umzusetzen – vor allem, wenn es sich um Straftäter und Gefährder handelt.“ Er erinnerte daran, dass Österreich als erster EU-Staat seit Jahren wieder begonnen hat, nach Syrien abzuschieben.

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Wir werden auch weiterhin alle Maßnahmen ergreifen, um Abschiebungen umzusetzen – vor allem, wenn es sich um Straftäter und Gefährder handelt.

Gerhard Karner

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)

Neue Regelungen ab Juni 2026
Weiter hieß es: „Durch die Umsetzung des Asyl- und Migrationspakts werden ab Juni 2026 die Regelungen für sichere Herkunftsstaaten überarbeitet, wobei die EU-Kommission bereits einen Vorschlag für die Änderung vorgelegt hat. Dadurch wird es leichter, Herkunftsstaaten als sicher einzustufen und schnellere Rückführungen zu ermöglichen.“

Sichere Herkunftsländer

In Österreich gelten aktuell Bosnien-Herzegowina, der Kosovo, die Mongolei, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Albanien, Ghana, Marokko, Algerien, Tunesien, Georgien, Armenien, Benin, Senegal, Namibia, Südkorea und Uruguay als sichere Herkunftsstaaten für Asylsuchende.

Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) betonte zusätzlich: „Straffällige abzuschieben muss rechtlich möglich sein.“ 

Eine Abschiebung durch Cobra-Beamte am Flughafen Wien-Schwechat (BIld). Der EuGH erhöhte nun die ...
Eine Abschiebung durch Cobra-Beamte am Flughafen Wien-Schwechat (BIld). Der EuGH erhöhte nun die Hürden bei der Bestimmung von sicheren Herkunftsländern für beschleunigte Asylverfahren.(Bild: BMI/BMI / Alexander TUMA)

FPÖ: „Klarer Rückschritt“
Die FPÖ-Europaabgeordnete Petra Steger kritisierte das Urteil scharf. „Der heutige Entscheid des EuGH ist ein klarer Rückschritt für jede wirksame Migrationspolitik“, so Steger. Und fügte hinzu: „Die ohnehin schon schwer durchsetzbaren Abschiebungen werden damit endgültig zum juristischen Glücksspiel. Es reicht künftig nicht mehr, wenn ein Herkunftsstaat im Allgemeinen als sicher gilt – jetzt muss auch für jede mögliche Minderheit absolute Sicherheit garantiert sein. Das ist realitätsfremd und brandgefährlich!“

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Die ohnehin schon schwer durchsetzbaren Abschiebungen werden damit endgültig zum juristischen Glücksspiel.

Petra Steger

Die FPÖ-Europaabgeordnete Petra Steger

Besonders bedenklich sei laut Steger, dass die Definition sicherer Herkunftsstaaten nun de facto an eine „völlige Gefahrenfreiheit für sämtliche gesellschaftlichen Gruppen“ geknüpft werde. „Was bedeutet das in der Praxis? Dass kein einziges Land der Welt je als sicher gelten wird – denn irgendwo findet sich immer eine benachteiligte Gruppe. Damit wird das Konzept sicherer Herkunftsstaaten ad absurdum geführt.“

Umstrittenes „Albanien-Modell“ Italiens als Auslöser für Urteil
In dem aktuellen EuGH-Verfahren ging es um Italiens umstrittenes „Albanien-Modell“ für schnelle Asylverfahren im Ausland. Die Bestimmung von sicheren Herkunftsstaaten ist eine Grundvoraussetzung, um das Modell umsetzen zu können. Die EU-Länder dürfen künftig Listen für sichere Herkunftsländer jedoch nur dann selbst erstellen, wenn sie die Quellen für ihre Einschätzung offenlegen. Zudem muss die gesamte Bevölkerung in dem Land sicher sein, entschieden die Richter in Luxemburg. 

Italiens „Albanien-Modell“

Im konkreten Fall, der dem EuGH-Urteil zugrunde liegt, klagten zwei Personen aus Bangladesch gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge, weil ihr Herkunftsland von Italien als sicher eingestuft wird. Sie gehörten zu denjenigen Migranten, die von Italien in Lager nach Albanien gebracht wurden.

Grundidee des „Albanien-Modells“ ist es, Asylanträge von männlichen erwachsenen Migranten, die aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten kommen und auf dem Mittelmeer aufgegriffen werden, in Schnellverfahren im Ausland zu prüfen. Dazu schloss Italien ein Abkommen mit Albanien zum Aufbau von zwei Lagern auf albanischem Territorium.

Es ist das Prestigeprojekt von Italiens rechter Regierungskoalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, liegt aber wegen Widerstands in der italienischen Justiz derzeit auf Eis. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation ActionAid und der Universität Bari waren die Zentren 2024 effektiv nur an fünf Tagen in Betrieb – und das bei sehr hohen Kosten.

Die zwei Geflüchteten aus Bangladesch kamen später nach Italien und zogen dort vor Gericht. Weil das italienische Gericht nicht sicher war, ob die Liste der sicheren Herkunftsländer der italienischen Regierung mit EU-Recht vereinbar ist, wandte es sich an den EuGH.

Wer aus einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat kommt und in der EU einen Asylantrag stellt, kann schneller abgelehnt werden. EU-Länder können selbst bestimmen, welche Staaten sie als sicher ansehen. Der EuGH legt in seinem Urteil nun fest, dass diese Einschätzung aber überprüfbar sein muss.

Außerdem dürfen dem Urteil nach Mitgliedstaaten – zumindest bis zum Inkrafttreten einer neuen EU-Asylregelung – einen Drittstaat nicht als „sicheren“ Herkunftsstaat bestimmen, wenn bestimmte Personengruppen, etwa homosexuelle Menschen, dort nicht sicher sind.

Auch Italien kritisiert EuGH-Urteil
Die Entscheidung des EuGH wurde am Freitag von der italienischen Regierung kritisiert. Diese schwäche die Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Massenmigration und zur Verteidigung nationaler Grenzen, protestierte sie. „Erneut beansprucht die Justiz – diesmal auf europäischer Ebene – Zuständigkeiten, die ihr nicht zustehen, und greift damit in politische Verantwortungsbereiche ein“, hieß es seitens der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

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