Zwei Jahre ermittelte die Polizei auf Hochtouren – jetzt startet der Prozess gegen eine 32-Jährige im Landesgericht Korneuburg. Mit einem Spezialgetränk und präparierten Muffins soll Bernadette H. versucht haben, ihren Freund umzubringen. „Das Ausmaß an Manipulation und Heimtücke ist einzigartig“, stellt die Staatsanwältin fest. Laut Gerichtspsychiater macht das H. auch hochgefährlich.
Es ist eine filmreife Abfolge von Ereignissen, die die nächsten Tage im Landesgericht Korneuburg (NÖ) Thema sein werden. „Das Ausmaß an Manipulation und Heimtücke ist einzigartig“, beginnt die Staatsanwältin Gudrun Bischof die brisante Anklage gegen Bernadette H. vorzutragen.
32-Jährige wird streng bewacht
Begleitet von sieben Justizwachebeamten wird die zierliche Frau in den Verhandlungssaal 16 gebracht. In ihrem schwarzen Kostüm und den langen Haaren zu einem Zopf geflochten gibt die 32-Jährige ein Bild ab, das fast im völligen Gegensatz zu der berechnenden Frau steht, die die Anklägerin charakterisiert. Die 2022 zweimal versucht haben soll ihren damaligen Lebensgefährten umzubringen.
Magic Mushrooms und Methanol im Spezialgetränk
Was war passiert? Am 8. Juli 2022 soll sie Andreas F. vergiftet haben – „Sie gab ihm bei einer Party ein Spezialgetränk, das sie Tage davor angesetzt hatte und mit Magic Mushrooms versetzt hatte“, so die Staatsanwältin. Die Basis war Methanol ...
Andreas F. wachte am 14. Juli 2022 fast vollständig blind auf.
Staatsanwältin Gudrun Bischof
„Am nächsten Tag verspürte er einen leichten Kater“ – in den nächsten Stunden sei dieser immer schlimmer geworden, schließlich musste er intensivmedizinisch behandelt werden. „Nur durch die rasche Einleitung einer spezifischen Behandlung und einer Blutwäsche konnte der mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorstehende Todeseintritt verhindert werden.“ Der 42-Jährige, vertreten durch Anwalt Arthur Machac, wurde dadurch aber fast vollständig blind ...
Gerade einmal vier Monate später dann der nächste angeklagte Mordversuch: „Bernadette H. ermunterte ihn, von ihr gebackene Muffins zu essen.“ In der Süßspeise habe die gelernte Konditorin Schlafmittel verarbeitet, ihm, nachdem er bewusstlos wurde, die Pulsader aufgeschnitten – Andreas F. überlebte glücklicherweise.
Messerattacke inszeniert
Was schließlich in der Nacht von 16. auf 17. Mai 2023 folgt, könnte man statt in einer Anklageschrift auch in einem Kriminalroman lesen: Mit einem abgesondert verfolgten Mittäter, verteidigt von Anwalt Mirsad Musliu, habe sie einen Messerangriff an sich fingiert – und dann ihrem nunmehr Ex-Freund in die Schuhe geschoben. Die 32-Jährige nahm sich dafür Blut ab, platzierte es vor und im Haus von Andreas F. Sogar sein Handy entwendete sie, während er schlief, setzte falsche Anrufe ab und schrieb Nachrichten.
Für mehrere Monate wanderte der sehbehinderte 42-Jährige in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen ergaben aber schließlich: F. kann die mutmaßliche Gewalttat nicht begangen haben. Vielmehr sei er Opfer von zwei – glücklicherweise gescheiterten – Mordanschlägen geworden. Bernadette H. wurde festgenommen.
Briefe aus Untersuchungshaft geschmuggelt
„Aber auch in der Untersuchungshaft hat sie nicht aufgehört, andere zu manipulieren“, stellt die Staatsanwältin klar. Aus der Haft heraus schrieb sie Briefe, stiftete zur Falschaussage an. Genau, wie sie es mit Nachbarn und Freunden getan hatte, die teilweise bereits deswegen verurteilt wurden.
Ihr war völlig klar, dass es so aussehen könnte, als wäre sie hier an allem schuld. Sie ist dann wirklich auf diese sehr sehr dumme Idee gekommen, diesen Vorfall am 17. Mai 2023 zu inszenieren.
Verteidiger Sascha Flatz
Bild: zVg
Das ist auch das einzige, zu dem sich die 32-Jährige schuldig bekennt. Ihr Verteidiger Sascha Flatz betont vielmehr: „Sie hat Herrn F. eigentlich zweimal das Leben gerettet.“ Denn sowohl nach der Vergiftung, als auch dem Pulsadernschnitt habe seine Mandantin die Rettungskette in Kraft gesetzt. Dennoch: „Ihr war völlig klar, dass es so aussehen könnte, als wäre sie hier an allem schuld. Sie ist dann wirklich auf diese sehr, sehr dumme Idee gekommen, diesen Vorfall am 17. Mai 2023 zu inszenieren.“
„Fürsorgliche Mutter und liebende Lebenspartnerin“
Aber nicht aus kaltblütiger Berechnung – sie hätte lediglich den Verdacht von sich lenken wollen, erklärt Flatz und beschreibt seine Mandantin als „fürsorgliche Mutter und liebende Lebenspartnerin“. Für die zwei versuchten Mordanschläge hätte sie überhaupt kein Motiv gehabt. Das sieht die Staatsanwaltschaft anders: Andreas F. setzte die 32-Jährige nämlich als Alleinerbin von seinem Vermögen von satten drei Millionen Euro ein.
Akribisch werden der Angeklagten die Vorfälle der letzten zwei Jahre vorgehalten. Sie spricht über das Kennenlernen auf einem Kirtag in der Heimat, der engen Freundschaft und schließlich der On-off-Beziehung. Zweimal sei sie von ihm schwanger gewesen, einmal hätte sie das Kind verloren; dann abgetrieben. „Er ist die ganzen Jahre über in mich verliebt gewesen“, so Bernadette H. Warum er sie nun so belastet? „Ich verstehe das. Er sucht einen Schuldigen für seine Erblindung.“
Fünf Tage, 25 Zeugen und drei Gutachter
Eine Kriminalgeschichte, die Medien auch über Österreichs Grenzen hinaus ins Landesgericht Korneuburg lockt. Fünf Tage sind für den aufsehenerregenden Prozess angesetzt. Nach 25 Zeugen und drei Gutachtern ist ein Urteil für den 13. November geplant. Der Frau droht lebenslange Haft und eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.
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