Europas konservative und rechte Kräfte stoppen Umweltgesetz und verwässern Regeln zum Abbau der Müllberge.
Der Tag sei eine herbe Enttäuschung für sie, aber eine noch größere Enttäuschung für die Umwelt, sagte die grüne EU-Abgeordnete Sarah Wiener am Mittwoch sichtlich gezeichnet und schwer frustriert. Bei einer regelrechten Marathon-Abstimmung wurde ihr Vorschlag für eine Halbierung des Pestizid-Einsatzes bis zum Jahr 2030 von den Konservativen und Rechten gestoppt. Es habe keine Bereitschaft für Kompromisse gegeben, so Wiener.
Der Abstimmung ist ein langes, emotionales Tauziehen vorangegangen, mit viel Lobbying, Falschinformationen und zahlreichen Attacken unter der Gürtellinie. Deutschland sei „mit Abstand das Schlimmste“, so die bekannte Köchin, sie berichtete von Beschimpfungen und Morddrohungen.
Rein theoretisch gibt es im Rahmen der äußerst komplizierten EU-Mechanismen noch eine Chance für das Umweltgesetz. Praktisch jedoch ist die Pestizidreduktion verpufft, das bestätigen auch die Grünen. Die Umweltschutzorganisationen Greenpeace und GLOBAL 2000 sprechen von einer „vertanen Chance für Mensch und Natur“ sowie einem „Desaster für Umwelt, Demokratie und Ernährungssicherheit“. Die ÖVP hingegen jubelt: Man habe „übertriebene Pläne zur EU-Pflanzenschutzreduktion“ und „realitätsfremde Vorschläge“ zum Scheitern gebracht, so EU-Mandatar Alexander Bernhuber.
Verpackungsabfall: Viele Ausnahmen genehmigt
Heftigst lobbyiert wurde auch vor der Abstimmung zur neuen Verpackungsverordnung. Und zwar nicht für den dringend notwendigen Abbau der Müllberge, sondern für den Erhalt des Status quo und damit für die weitere enorme Produktion von Verpackungsabfall - auf jede Europäerin und jeden Europäer kommen jährlich rund 190 Kilo dieses Mülls. Vor wenigen Tagen war das EU-Parlament beinahe zugepflastert mit Flyern, die vor dem angeblichen Aus für Essen von Lieferdiensten warnten - wenn nicht noch gegengesteuert werde.
Ausnahme für so gut wie jede Verpackung
Und das wurde es tatsächlich. Die ursprünglich geplanten Regeln wurden verwässert, für so gut wie jede Verpackung gebe es nun eine Ausnahme, klagt Delara Burkhardt, Verhandlungsführerin der sozialdemokratischen Fraktion. Besonders heftig wurde über das Zuckersackerl und die Holzkiste für den Camembert gestritten. Beides sollte gestrichen werden - beides bleibt.
Noch ist dies aber kein endgültiges Ergebnis, Anfang 2024 sollen die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten starten.
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