Photovoltaik-Anlagen findet man mittlerweile an vielen Orten: Auf Dächern, an Fassaden oder auf Freiflächen. Um den Sonnenstrom optimal zu nutzen, werden die Anwendungsformen dabei immer innovativer. Südlich von Graz in Fernitz-Mellach wurde nun die erste schwimmende PV-Anlage in der Steiermark auf einem Schotterteich errichtet.
Rund 1500 Photovoltaik-Paneele schwimmen auf dem rund zweieinhalb Hektar großen Schotterteich im Bezirk Graz-Umgebung und nehmen damit weniger als zehn Prozent der Wasseroberfläche für sich in Anspruch. In sechs Reihen treiben die Paneele ohne fixe Befestigungspunkte - also in dauernder Bewegung - auf dem Teich. Um sie vor Kollisionen zu schützen, sind sie mit einem Holzrahmen umspannt und können gegebenenfalls ferngesteuert werden. Getragen werden die Paneele von rund 3000 Polyethylenfässern, die normalerweise in der Lebensmittelindustrie verwendet werden. Es sei „nichts anderes als ein großes Boot“, erklärte der Entwickler und Betreiber der Anlage, Heimo Ecker-Eckhofen.
Die Idee dazu entstand bereits vor ein paar Jahren, um den Eigenbedarf an Energie für seine Unternehmensgruppe, die unter anderem in den Bereichen Rohstoffverwertung und erneuerbare Energie tätig ist, zu decken. Es kam dann der Punkt, ab dem die Errichtung „ökonomisch vertretbar“ wurde, so Ecker-Eckhofen. Für den Elektrotechniker und Juristen, der schon Projekte in den Bereichen Kleinwasserkraftwerke, Photovoltaik und Windkraftwerke realisierte, sei das „nachhaltige Wirtschaften“ von großer Bedeutung. Er möchte mit seiner Arbeit „einen Beitrag zur Sicherung einer lebenswerten Umwelt schaffen“.
In dieses nachhaltige Lebenskonzept eingebettet, produziert die rund 2400 Quadratmeter große PV-Anlage zwischen 700.000 und 800.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Für den Eigenbedarf benötige man am Standort in Fernitz-Mellach rund 200.000 Kilowattstunden. Der restliche Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist, wodurch zusätzlich rund 200 Haushalte pro Jahr mit Energie versorgt werden können. Rund sechs Wochen habe der Aufbau gedauert. Im Vergleich zu herkömmlichen PV-Anlagen ist der Aufwand insgesamt sehr hoch: Zusätzlich zur Entwicklung der Anlage und der komplexeren Installation, brauche man Bewilligungen. Auch seien die Schwimmkörper relativ teuer gewesen - insgesamt kostete die Anlage etwa eine Million Euro, so der Betreiber.
Betreiber sieht „nicht unwesentliches Potenzial“
Damit sich eine Floating-PV-Anlage rentiere, muss auch eine gewisse Wirtschaftlichkeit gegeben sein, das heißt, es braucht einen Netzanschluss „in brauchbarer Nähe“ sowie eine geeignete Wasserfläche, wo allfällige Nutzungskonflikte geklärt sind. Dennoch sieht Ecker-Eckhofen in schwimmenden PV-Anlagen „ein nicht unwesentliches Potenzial“ als Beitrag zur Energiewende. Abgesehen von dieser Anlage in Fernitz wisse er von keiner weiteren in der Steiermark. Ebenso bestätigte ein Sprecher aus dem Büro der Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ), dass ihnen im Bundesland kein weiteres derartiges Projekt bekannt ist. Im niederösterreichischen Grafenwörth befindet sich unterdessen die größte schwimmende PV-Anlage Mitteleuropas.
Seitens der Wissenschaft sieht man die sogenannten Floating-PV-Anlagen als ein „Nischenthema in Österreich“. Diese Anlagen werden „voraussichtlich nur an einigen Stellen zum Einsatz kommen“, da „natürliche Gewässer seitens der Naturschutzbehörden meist ausgeschlossen werden“, erklärte Hubert Fechner, Obmann der Technologieplattform Photovoltaik Austria. Grundsätzlich begrüße er es aber, dass - neben herkömmlichen PV-Anlagen - vermehrt auch andere PV-Anwendungen realisiert werden, da „wir alle geeigneten Potenziale nutzen“ müssen.
Experten skeptisch
Skeptisch zeigte sich auch Johannes Schmidt vom Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung an der Universität für Bodenkultur Wien: „Meiner Einschätzung nach ist das ökonomische Potenzial - bis auf Spezialfälle - gering, weil die Kosten von alternativen Lösungen deutlich geringer sind“. Jedoch können schwimmende PV-Anlagen die Verdunstung von Wasser sowie Algenwuchs reduzieren. Auch sei eine höhere Stromproduktion möglich, weil die Paneele durch das Wasser gekühlt werden. Neben den hohen Kosten sehe er allerdings weitere Nachteile durch mögliche Auswirkungen auf die Gewässerökologie sowie Leistungsbeeinträchtigungen durch Vogelkot, Wellengang und nicht optimale Neigung.
Ebenso zweifelt Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse am Potenzial von schwimmenden PV-Anlagen im Vergleich zu anderen Formen von erneuerbarer Energie: „Es mag einige Wasserflächen in Österreich geben, die für Floating-PV technisch infrage kommen. Aber: Die Bundesländer und Gemeinden verhindern derzeit aktiv den Ausbau von Windenergie und es gibt keine Verpflichtung für PV-Überdachung auf neu gebauten Parkplätzen, geschweige denn vorgeschriebene Nachrüstung auf bereits bestehenden Parkplätzen. Im Vergleich zu diesen Potenzialen ist Floating-PV nur ein Tropfen auf den immer heißer werdenden Stein.“
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