Papst als Gegenspieler

Mit Leo XIV. wird Trump wohl keine Freude haben

Ausland
10.05.2025 07:00

Mit seiner so ruhigen wie kompromisslosen Art könnte der neue Papst Leo XIV. zum größten Gegenspieler des US-Präsidenten werden, der sich noch über die Wahl des ersten US-Kardinals zum Papst freut.

Ein Papst aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Lange Zeit war solch ein Szenario schier undenkbar. Das europäisch dominierte Kardinalskollegium würde dies niemals zulassen, viel zu mächtig seien die USA, um einen der Ihren auf den Heiligen Stuhl zu setzen, lautete die Meinung unter Vatikan-Experten. Das hat sich geändert. Mit Robert Francis Prevost ging ein US-Amerikaner als Sieger aus dem Konklave hervor. Als Leo XIV. ist der 69-Jährige jetzt das Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken weltweit.

Die üblichen Amerika-Klischees werden dem Pontifex nicht gerecht. Prevost ist vieles, aber mit Sicherheit kein dumpfe Bibelsprüche klopfender Hinterwäldler mit xenophoben Anwandlungen und einem ausgeprägten Genieverdacht gegen sich selbst. Kurz: Leo XIV. ist der Anti-Trump. Sollten Präsident Donald Trump und seine Getreuen versuchen, sich den neuen Pontifex als Gesinnungsgenossen einzuverleiben, droht ihnen ein böses Erwachen.

Noch freut sich US-Präsident Donald Trump über die Wahl des ersten US-Amerikaners zum Papst und will Robert Francis Prevost unbedingt treffen. Doch die Freude könnte rasch verpuffen, denn Leo XIV. ist ein weltgewandter, mehrere Sprachen sprechender Kirchenmann und kein erzkonservativer nationalistischer Yankee. (Bild: EPA/SHAWN THEW / POOL)
Noch freut sich US-Präsident Donald Trump über die Wahl des ersten US-Amerikaners zum Papst und will Robert Francis Prevost unbedingt treffen. Doch die Freude könnte rasch verpuffen, denn Leo XIV. ist ein weltgewandter, mehrere Sprachen sprechender Kirchenmann und kein erzkonservativer nationalistischer Yankee.

In seinem Engagement für Arme und Migranten, in dem unermüdlichen Kampf für die Unterdrückten und Ausgestoßenen ähnelt Prevost frappant seinem Vorgänger Franziskus. „Der Bischof soll kein kleiner Prinz sein, der in seinem Königreich herrscht. Sondern er ist dazu berufen, demütig zu sein und den Menschen, denen er dient, nahe zu sein, sie zu begleiten und mit ihnen zu leiden“, sagte Prevost einst in einem Interview. Die Botschaft ist klar: Die Kirche muss auf die Menschen zugehen – nicht umgekehrt.

Engagement für die Armen und Unterdrückten
Dieser hemdsärmelige Zugang wurde dem am 14. September 1955 im Chicagoer Vorort Dolton geborenen Prevost quasi in die Wiege gelegt. Der Vater war Lehrer, die Mutter Bibliothekarin: einfache Leute aus der unteren Mittelschicht, hart arbeitend und gläubig.

Archivaufnahme aus Robert Prevosts Zeit in Peru (Bild: AFP/ERNESTO BENAVIDES)
Archivaufnahme aus Robert Prevosts Zeit in Peru

Robert, von seinen beiden Brüdern nur „Rob“ gerufen, wurde die Vorstadt rasch zu eng. Nach einem Mathematik-Studium an der Villanova University in Philadelphia sowie dem Abschluss in Theologie in Chicago, ging er 1985 als Abgesandter des Augustinerordens nach Peru. Dort wirkte er als Missionar, Gemeindepfarrer, Lehrer und Erzbischof.

Eine Zeit, die sein Weltbild nachhaltig geprägt hat. In Südamerika erlebte Prevost – der auch die peruanische Staatsbürgerschaft besitzt – was es heißt, Armut, Verzweiflung und fehlenden Aufstiegschancen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. 1999 kehrte er in seine Heimat zurück, wo er zunächst Chef der Augustiner im Mittleren Westen der USA wurde. Später führte er sogar den gesamten Orden an. In dieser Funktion bereiste er in Folge die gesamte Welt. Und doch: 2014 kehrte er wieder in sein geliebtes Peru zurück. Kein Wunder, dass die Kardinäle in ihm den weltgewandten, mehrere Sprachen sprechenden Kirchenmann und nicht den erzkonservativen nationalistischen Yankee sahen.

In diesem Zimmer im Norden Perus wohnte Papst Leo XIV. zwischen 1988 und 1998. (Bild: AFP/STEFFANO PALOMINO)
In diesem Zimmer im Norden Perus wohnte Papst Leo XIV. zwischen 1988 und 1998.

2023 bekam Prevost einen der einflussreichsten Posten im Vatikan
Erst 2023 holte Franziskus ihn fix in den Vatikan. Dort hatte der US-Kardinal aber sofort einen der einflussreichsten Posten inne: Er leitete das Amt, das weltweit die Bischöfe auswählt und verwaltet. Ein perfekter Posten zum Netzwerken. Von seinem persönlichen Stil her unterscheidet sich der Fan des Baseball-Teams Chicago White Sox stark von seinem Vorgänger. Der Amerikaner gilt als ruhig und betont reserviert, ein Kontrast zum lebensfrohen, sein Herz oft auf der Zunge tragenden Franziskus.

In Fragen des Frauenpriestertums und der Inklusion von LGBTQ-Gruppen gab sich Leo XIV. in der Vergangenheit deutlich reservierter. Er wird Franziskus’ Weg weitergehen, ihn politisch aber sicher nicht links überholen. Sein Bruder John Prevost beschreibt den Neo-Papst als „middle of the road“, also als politisch gemäßigt und allen Extremen abgeneigt.

Papst Leo XIV. bei der Zelebrierung seiner ersten Messe als Oberhirte (Bild: EPA/VATICAN MEDIA HANDOUT)
Papst Leo XIV. bei der Zelebrierung seiner ersten Messe als Oberhirte

Schweigen ist für den neuen Papst keine Option
Klar ist aber auch: Leo XIV. wird die neue Plattform nutzen, um seine Anliegen offensiv in die Welt zu tragen. Schweigen ist für den Meinungsstarken keine Option. Speziell dann, wenn es um Themen wie Migration und Hilfe für die Bedürftigen geht, die ihm ganz besonders nahe am Herzen sind.

Als US-Amerikaner ist er in der einzigartigen Lage, dem bigotten, gerne ins Rassistische und in Misogynie abgleitenden Katholizismus in seinem Heimatland etwas Wirkungsvolles entgegenzusetzen. Denn: Leos Vision von christlicher Macht ist keine militante und unterjochende, sondern eine zutiefst humanistische. Damit könnte er bald zu Trumps mächtigstem Gegenspieler avancieren.

Porträt von Kronen Zeitung
Kronen Zeitung
Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt