Vorerst keine Pleite
Venizelos beruhigt: “Haben Geld bis Mitte November”
Weil die sogenannte Troika mehr Zeit für die Überprüfung der griechischen Spar- und Reformbemühungen benötigt, wurde die Überweisung der nächsten Hilfstranche vorerst verschoben (siehe Infobox). Das hoch verschuldete Land darf vermutlich erst im November mit frischem Kapital rechnen, hieß es am Dienstag.
Finanzminister Venizelos reagierte sofort auf diese Nachricht und versicherte, dass Griechenland bis Mitte November auf die Auszahlung der nächsten Hilfstranche aus dem Rettungspaket warten könne. Zudem suchte Venizelos nach einer Entschuldigung für die Verfehlung des Schuldenziels und begründete dies mit der überraschend starken Rezession. Weiters forderte er Unterstützung von der griechischen Bevölkerung für den Sparkurs der Regierung. Diese sei nötig, um die neuen Ziele zu erreichen, so der Finanzminister.
Venizelos nutze die Gelegenheit auch gleich, um Medienberichte zu angeblichen neuen Sparplänen zu dementieren. "Ich lese furchterregende Berichte, wonach es noch mehr Maßnahmen geben wird. Das stimmt nicht", so der griechische Finanzminister. Nun müsse lediglich das bis jetzt Versprochene eingehalten werden.
Griechische Wirtschaft noch nicht auf dem richtigen Weg
Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass die griechische Wirtschaft noch lange nicht auf dem richtigen Weg ist. Am Wochenende musste die Regierung in Athen einräumen, was die Spatzen von den Dächern pfiffen: Das vereinbarte Sparziel wird verfehlt. Statt der angepeilten 7,6 Prozent wird das Haushaltsdefizit für 2011 nun auf 8,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geschätzt. Grund ist der massive Konjunktureinbruch: 2010 schrumpfte die Wirtschaft um 4,5 Prozent, für heuer geht Finanzminister Venizelos von einem Rückgang um 5,5 Prozent aus.
Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 16 Prozent, Tendenz steigend (nach elf Prozent 2010). Und die Prognosen sind düster: Das Arbeitsinstitut des größten griechischen Gewerkschaftsverbandes für den Privatsektor befürchtet, dass die Arbeitslosigkeit Ende kommenden Jahres 26 Prozent erreichen könnte.
Der griechische Staat macht trotz harter Sparprogramme weiterhin neue Schulden. Insgesamt sollen sich diese inzwischen auf mindestens 350 Milliarden Euro belaufen. Deshalb kommen weitere harte Einschnitte auf die Griechen zu. So soll es erstmals seit 100 Jahren Entlassungen im staatlichen Bereich geben, 30.000 Staatsangestellte und Beamte soll es treffen.
Streiks beherrschen das Leben im Pleite-Land
Aufgrund dieser harten Sparmaßnahmen wird in Griechenland immer wieder gestreikt. Als Nächstes haben die Fluglotsen angekündigt, ihre Arbeit niederzulegen, und das für 24 Stunden. Von Dienstagabend um 23 Uhr bis Mittwochabend um 23 Uhr wird der komplette Luftraum geschlossen, teilten die wichtigsten Fluglinien am Dienstag mit. Auch Österreicher werden von dem Streik betroffen sein. Bei der AUA fallen zwei Flüge von Wien nach Athen bzw. Thessaloniki aus.
Die Proteste sind Teil einer massiven Streikwelle, mit der sich vor allem die Staatsbediensteten gegen die geplante Entlassungen im Staatssektor wenden. Am Mittwoch sollen neben den Fluglotsen alle Behörden, Ministerien, Schulen und Gemeindeverwaltungen geschlossen bleiben. Auch im Nahverkehr in Athen werde es zu erheblichen Problemen kommen, sagte ein Sprecher der Staatsbedienstetengewerkschaft.
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