Auch Druck auf Zadic

Corona-Kritik? Hier wird Edtstadler „emotional“

Politik
27.03.2023 19:55

Die Verfassungsministerin macht im „Krone“-Gespräch Druck: Wenn die Grünen einen Bundesstaatsanwalt wollen, müssen sie sich bei Beschuldigtenrechten bewegen. Deutliche Worte findet Karoline Edtstadler (ÖVP) auch in Bezug auf die Verbrenner-Debatte und Kritik am früheren Corona-Management der Regierung.

„Krone“: ÖVP und Grüne haben schon vor zwei Jahren die Schaffung eines Bundesstaatsanwalts angekündigt. Worauf wartet die Regierung?
Karoline Edtstadler: Es ist von Beginn an mit dem Koalitionspartner vereinbart gewesen, dass der Bundesstaatsanwalt im Paket mit einer Stärkung des fairen Verfahrens einhergeht. Das umfasst die Beschleunigung der Verfahren, einen höheren Kostenersatz bei Freisprüchen und Einstellungen, und die Stärkung der Beschuldigtenrechte, etwa hinsichtlich der Bestimmungen zur Auswertung von Handydaten. Ich hoffe sehr, dass die Justizministerin Vorschläge dazu vorlegt.

Warum ist von Justizministerin Alma Zadic dazu bisher nichts gekommen?
Es ist in der Koalition unbestritten, dass es ein Paket sein soll. Wir haben bisher aber nur Vorschläge zum Bundesstaatsanwalt bekommen. Wenn den Grünen die Schaffung eines Bundesstaatsanwalts wichtig ist, braucht es auch konkrete Vorschläge zur Stärkung des fairen Verfahrens.

Unterschiedliche Meinungen gibt es auch bei der Verjährungshemmung. Die Anwälte im BUWOG-Verfahren haben beim Verfassungsgerichtshof dagegen geklagt. Diese besagt, dass so bald Ermittlungen beginnen, die Verjährungsfrist stoppt. Das Delikt kann nicht mehr verjähren. Wo ist hier das Problem?
Eine Verjährungshemmung ist natürlich notwendig. Aber es kann nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag ermittelt werden. Verfahren müssen möglichst rasch zu einem Ende kommen. Daher könnte bei der vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtene Norm eine mögliche Reform ansetzen und Ermittlungsverfahren mit Bedacht begrenzen. Die Staatsanwaltschaften hätten damit eine Zielvorgabe, innerhalb derer sie im Regelfall über Anklage oder Einstellung entscheiden müssen. Das heißt aber nicht, dass damit Ermittlungen verhindert werden können. Wenn sich etwa ein Beschuldigter ins Ausland absetzt, muss es natürlich Ausnahmen geben.

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Es kann nicht sein, dass ein Verfahren zehn oder gar 15 Jahre dauert.

Edtstadler in Richtung Minister-Kollegin Zadic

Warum wollen Sie die Verfahren kürzen?
Es kann nicht sein, dass ein Verfahren zehn oder gar 15 Jahre dauert. Wir reden von einem Anlassfall hier (BUWOG-Verfahren, Anm.), wo ein Delikt mutmaßlich vor mehr als 15 Jahren begangen wurde und wir noch immer weit entfernt von einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren sind. Ein Mörder wäre in dieser Zeit nicht nur rechtskräftig verurteilt, sondern wohl auch schon wieder bedingt entlassen.

Der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, wurde am Innsbrucker Landesgericht vom Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und der Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft meldete volle Berufung an, obwohl dieses Verfahren bereits zwei Mal geführt wurde, nachdem es vom Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) aufgehoben worden war. Muss nicht irgendwann auch mal Schluss sein?
Jeder darf seine Rechtsmittel selbstverständlich ausschöpfen. Es ruft aber ein bei mir ein gewisses Unbehagen hervor, wenn nach einem zweiten Rechtsgang wieder ein Rechtsmittel angemeldet wird. Das hinterlässt einen komischen Beigeschmack. Gerade in diesen Verfahren, wo so viel an die Öffentlichkeit gedrungen ist, muss aus rechtlicher Sicht einmal Klarheit herrschen.

Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer hat viel Kritik für seine Aussagen zum Klimaschutz in seiner Rede an die Nation geerntet. Warum tut sich die ÖVP so schwer mit Klimaschutz?
Das würde ich zurückweisen. Die ÖVP hat wie fast alle anderen Partei erkannt, dass im Kilmaschutz etwas passieren muss. Wir haben in dieser Koalition enorm vieles umgesetzt. Aber ich glaube, wir brauchen Pragmatismus und ideologiefreies Denken. Wir wollen unseren Wohlstand erhalten. Das Aus für Verbrennermotoren ist für mich ideologiegesteuert und eine Einbahnstraße. Es gibt Technologien wie die E-Fuels, mit denen Verbrennermotoren umweltfreundlich laufen können. Es macht keinen Sinn, das Pferd von hinten aufzuzäumen und die Verbrenner zu verteufeln, bevor man nicht weiß, ob die Technologie nicht in fünf, sieben, oder zehn Jahren so weit ist, Verbrenner CO2-neutral zu betreiben. Wir werden nicht alles gleichzeitig tun können, dessen müssen wir uns bewusst sein. Diese Diskussion wird in vielen Ländern in Europa geführt.

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Wir werden nicht zu jedem Haus im Waldviertel Zugschienen legen können.

Verfassungsministerin Edtstadtler zur Verbrenner-Debatte

Braucht es Ihrer Meinung nach nicht Anreize für umweltfreundliches Verhalten?
Es muss immer Anreize geben, was etwa den öffentlichen Verkehr betrifft. Ich kenne viele, die lieber mit dem Zug fahren - wenn sie eine gute Verbindung haben - oder die auf ein E-Auto umgestiegen sind. Aber auch die E-Autos brauchen Energie und wir werden nicht zu jedem Haus im Waldviertel Zugschienen legen können. Viele Menschen sind auf das Auto angewiesen.

Erzählt die ÖVP den Menschen nicht ein Technik-Wundermärchen?
In den letzten Jahren hat sich die Technik enorm weiterentwickelt. Wir sollten pragmatisch und ideologiefrei denken. Wir brauchen unterschiedliche Quellen, wir können nicht von heute auf morgen alles ersetzen. Aber wir müssen der Wissenschaft sowie der Wirtschaft und der Industrie Anreize geben, um in diese Richtung zu forschen.

Hat die Klimaklage eine Chance vor dem Höchstgericht?
Es ist die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, darüber zu entscheiden. Unabhängig davon müssen wir als Politik die Sorgen ernstnehmen und gleichzeitig auch Versorgungssicherheit gewährleisten. Wir haben als Regierung viele Interessensgruppen zu vertreten. Das Klima-Kleben halte ich nicht für sinnvoll.

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Da werde ich emotional.

Die Ministerin zu später Kritik am Corona-Management

Hat die Politik zu viele Fehler im Corona-Krisenmanagement gemacht?
Aus heutiger Sicht hätte man vielleicht einiges anders machen können. Die Sorgen damals waren jedoch existentiell. Es war die Sorge um Leib und Leben und im Nachhinein zu sagen, das war alles Blödsinn: Da werde ich emotional und das ist schlicht und einfach falsch.

Ist die Politik unversöhnlicher und aggressiver geworden?
Es gibt eine Aufgeregtheitskultur. Irgendwie scheinen wir in einem Umbruch zu sein. Aber gewisse Grundmechanismen der Demokratie sollte man schon noch anerkennen. Bei allem Geplänkel dürfen wir nicht vergessen, dass es kein Selbstzweck ist, in der Politik tätig zu sein, sondern es darum geht, die Interessen der Menschen zu vertreten.

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Man sollte sich überlegen, was Dinge auslösen, bevor man sie ausspricht.

ÖVP-Ministerin Karoline Edtstadler

Was denken Sie, wenn sie Aussagen, wie jene des niederösterreichischen SPÖ-Chefs Sven Hergovich hören, wonach er sich vorher die Hand abhackt, bevor der ÖVP nachgibt?
Man sollte sich überlegen, was Dinge auslösen, bevor man sie ausspricht. Der Ton in der Politik hat sich verschärft, man ist unversöhnlicher geworden.

Hat das Ihrer Meinung nach auch mit Corona zu tun?
Corona hat in der Gesellschaft Gräben aufgerissen und das hat dazu geführt, dass in der Politik und in der Gesellschaft mehr polarisiert wird. Aber Corona ist keine Rechtfertigung dafür, dass die Worte eskalieren .

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