Die Grenzen vor dem Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin sind mittlerweile von allen Parteien abgesteckt. In Alaska treffen jedoch zwei Männer aufeinander, die darauf nicht viel geben. Dass es überhaupt zu dem Gipfel kommt, wird im Kreml schon als Gewinn verbucht.
Russische Nationalisten frohlocken bereits. Allein die Tatsache, dass ein Gipfel mit dem US-Präsidenten überhaupt stattfindet, ist für den Kreml ein gewaltiger Sieg – und dann auch noch in Alaska.
„Niemand spricht mehr über Russlands internationale Isolation oder über unsere strategische Niederlage“, schrieb Alexander Kots, ein prominenter kremlnaher Militärblogger. Er fügte hinzu, das Treffen in Alaska habe „jede Chance, historisch zu werden“.
Besuch in „unserem Alaska“
Damit könnte er recht haben. Ein Präsidentengipfel ermöglicht es Putin, wieder am obersten Tisch der internationalen Diplomatie Platz zu nehmen und gleichzeitig Kritiker zu brüskieren, die ihn wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine isoliert oder gar verhaftet sehen wollen.
Ein Gipfel im US-Bundesstaat Alaska ist zudem Futter für wiedererstarkte russische Nationalisten, die immer noch davon schwadronieren, das Territorium gehöre rechtmäßig ihnen. Der US-Bundesstaat war einst ein entlegener Besitz des Zarenreichs, bevor es 1867 für die damals schon magere Summe von 7,2 Millionen Dollar an die USA verkauft wurde. Die Vorstellung, Moskau sei damals schlecht ausgestiegen, hält sich hartnäckig. Im russischen Staats-TV werden die Zuseher bereits auf einen Besuch in „unserem Alaska“ eingestimmt.
Was fordert Moskau von Kiew?
Während in Russland der Griff nach der Ukraine herbeifantasiert wird, steht für den Rest Europas das eigene Sicherheitsgefüge auf dem Spiel. Präsident Trump gibt sich im Vorfeld – wie immer – wankelmütig. Immerhin: Am Mittwoch drohte er nach einer digitalen Schalte mit Europas Spitzenpolitikern mit „sehr schweren Konsequenzen“, sollte Putin seinen Krieg nicht beenden.
Bisher gibt es jedoch kaum Anzeichen für echte Kompromisse aus dem Kreml, der sich auf dem Schlachtfeld im Vorteil sieht. Das russische „Friedensangebot“ ist nichts anderes als eine Anleitung zur ukrainischen Kapitulation. Im Kern sehen die Vorschläge vor, dass Kiew Gebiete im Donbass aufgibt und im Gegenzug einen Waffenstillstand erhält – eine Idee, die die ukrainische Führung entschieden ablehnt.
Der Kreml baut darauf, dass sich Kiew hier weiter verweigert, damit Trump die Geduld verliert. Gegen die Ukraine wäre ein kompletter Stopp der militärischen US-Unterstützung möglich, wie bereits im März kurzzeitig geschehen. Zusätzlich könnte Trump auch die Bereitstellung von Aufklärungsdaten einstellen, was von den übrigen ukrainischen Verbündeten nur schwer zu ersetzen wäre. Die Ukraine wäre praktisch blind.
Was sagen die Ukrainer?
„Ich werde mein Land nicht aufgeben, weil ich kein Recht dazu habe“, sagte Selenskyj, der nicht nach Alaska eingeladen wurde. „Wenn wir heute den Donbass verlassen, unsere Befestigungen, unser Gelände, die Höhen, die wir kontrollieren, werden wir einen Brückenkopf für die Vorbereitung einer russischen Offensive öffnen.“
Dem „Spiegel“ zufolge soll NATO-Chef Mark Rutte am Mittwoch im Gespräch mit Trump eine Metapher genutzt haben, um die Tragweite des Moskauer Vorschlags zu illustrieren. Gibt die Ukraine den Donbass ab, pflastert sie Putin eine „Autobahn“ nach Kiew. Laut Teilnehmern sei Trump erst dann ein Licht aufgegangen. Ob es ihn tatsächlich schert, ist hingegen unbekannt.
Der US-Präsident ließ in den vergangenen Tagen immer wieder durchblitzen, Gefallen an einem „Land-für-Frieden“-Deal zu finden – obwohl der Kreml gar nichts anbietet. Putin wird dennoch die Ukrainer als Hindernis für den Frieden darstellen. Eine völkerrechtliche Anerkennung der Gebiete in der Ostukraine als russisch, wie es Moskau fordert, gilt in Europa als ausgeschlossen.
Was erhofft sich Putin von dem Treffen?
Generell sieht Putin mit Trump eine einzigartige Gelegenheit, die Beziehungen zu Washington grundlegend neu zu gestalten und sie vom Schicksal der Ukraine zu trennen.
Die Anwesenheit des obersten Wirtschaftsgesandten des Kremls, Kirill Dmitrijew, in der Delegation deutet laut CNN darauf hin, dass weitere Gespräche über US-russische Geschäfte auf der Tagesordnung stehen könnten. Wenn Putin bei diesem Gipfel seinen Willen bekommt, wird die „Ukraine-Frage“ künftig nur zu einem von vielen Gesprächspunkten degradiert werden – und nicht einmal zum dringlichsten.
Putin mag Trump in Alaska womöglich kleine, temporäre Zugeständnisse machen, um ihn nicht zu brüskieren. Von seinem Kurs – der Unterwerfung der Ukraine und der Schwächung Europas – wird er aber nicht abweichen.
Der russische Diktator hat nie einen Hehl aus seinen wahren Absichten gemacht. „Wo ein russischer Soldat seinen Fuß hinsetzt, das gehört uns“, tönte er unlängst und wiederholte seine These, Russen und Ukrainer seien ein Volk: „In diesem Sinn gehört die gesamte Ukraine uns!“
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.