Erdbeben-Katastrophe

Korruption und Pfusch kosteten Tausende das Leben

Ausland
07.02.2023 20:00

Bereits mehr als 8000 Todesopfer sind nach der Erdbeben-Katastrophe in Syrien und der Türkei zu beklagen und noch immer suchen die Rettungskräfte nach Verschütteten. Eisige Temperaturen und Regen erschweren die Suche in den Trümmern. Doch das Ausmaß der Zerstörung ist nicht nur der Naturkatastrophe geschuldet - auch viele Baumängel führten dazu, dass unzählige Gebäude wie Kartenhäuser in sich zusammenfielen.

Nicht die Beben an sich haben im türkisch-syrischen Grenzgebiet so viele Menschen getötet, sondern einstürzende Gebäude. „Nach dem verheerenden Beben von Izmit 1999 hatte die türkische Regierung 2004 ein Gesetz verabschiedet, das moderne erdbebensichere Baustandards vorschreibt“, erklärt Joanna Faure Walker, Leiterin des Instituts für Risiko- und Katastrophenverringerung am University College London.

Salzhaltiger Meersand und Billig-Beton
Doch bei einer hohen Korruptionsrate in der türkischen Baubranche darf bezweifelt werden, dass sich alle daran halten. Untersuchungen nach dem schweren Beben 1999 mit rund 18.000 Toten zeigten schwere Baumängel: In vielen Stahlbetonträgern der damals etwa 20.000 eingestürzten Gebäude fand man einen zu geringen Betonanteil oder zu dünne Armierungseisen - wohl um Geld zu sparen. Oder man nutzte salzhaltigen Meersand, der das Eisen zersetzte.

Außerdem wurde 2004 eine 7,5-prozentige Erdbebensteuer eingeführt, um damit den Wiederaufbau zu finanzieren und den Staat auf künftige Beben vorzubereiten. Doch diese Gelder wurden offenbar nicht dafür verwendet, wofür sie gedacht waren. Dennoch machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach einem Beben 2011 erneut schlampige Bauarbeiten für die hohe Zahl der Todesopfer verantwortlich: „Die Gemeinden, Bauunternehmer und Bauleiter sollten jetzt erkennen, dass ihre Nachlässigkeit einem Mord gleichkommt.“

Die Wahlen Mitte Mai dürften für Erdogan ohnehin zur größten Herausforderung in seinen zwei Jahrzehnten an der Spitze der Türkei werden. Das Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion könnte Erdogans Chancen mindern oder aber auch erhöhen. Jeder Fehltritt oder Vorwürfe, es stünden nicht genügend Rettungskräfte zur Verfügung, wirken sich Experten zufolge negativ aus. Analysten rechnen allerdings eher damit, dass Erdogan den Umgang mit dem Erdbeben und dem daraus resultierenden Wiederaufbau zu seinen Gunsten nutzen kann.

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