Rollstuhlfahrer klagte

Kein barrierefreies WC: Wiener Lokal verurteilt

Wien
12.07.2022 16:03

Weil die Toilette in einem Wiener Innenstadt-Lokal nicht barrierefrei war, konnte ein Rollstuhlfahrer sie nicht benutzen. Das Restaurant wurde nun nach dem Behinderten-Gleichstellungsgesetz schuldig erkannt und rechtskräftig zu einer Entschädigung verurteilt. Das Lokal muss dem Rollstuhlbenützer einen Schadenersatz von 1000 Euro zahlen.

Hans-Jürgen Groß hatte im Juli 2019 mit seiner Ehefrau das Lokal besucht. Zuvor hatte er sich telefonisch erkundigt, ob es eine barrierefreie Toilette-Anlage gibt, was ihm bestätigt wurde. Seinen Angaben zufolge wurde das im Lokal vom Personal noch ein Mal bekräftigt. Als er allerdings ein WC benötigte, musste Groß feststellen, dass keine seinen Bedürfnissen entsprechende Anlage vorhanden war.

Berufung gegen Urteil im Jänner
Groß - der Präsident des ÖZIV Burgenland, einer Interessensvertretung für Menschen mit Behinderungen ist - klagte darauf hin. Anfang 2022 bekam er vom Bezirksgericht Döbling recht, das eine mittelbare Diskriminierung feststellte. Dagegen legte das Lokal Rechtsmittel ein und begründete dies unter anderem damit, der Einbau einer barrierefreien Toilette sei aufgrund der historischen und beengten Räumlichkeiten eine unzumutbare Belastung.

Eine solche konnten aber weder das Erstgericht noch das Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) erkennen, das der Berufung jetzt keine Folge gab. Laut dem schriftlichen Urteil des ZRS. wäre das Lokal vielmehr verpflichtet gewesen, seit dem 1. Jänner 2016 eine barrierefreie Sanitärräumlichkeit für seine Gäste zur Verfügung zu stellen. Seit damals besteht eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit.

„Situation besonders erniedrigend
Zur Diskriminierung, die dem Mann widerfuhr, merkt das Landesgericht an: „Wenn auch die Dauer der Diskriminierung eine kurze war, so ist doch das Ausmaß der Beeinträchtigung ein großes. Ohne dass es näherer Ausführungen bedarf, ist es offensichtlich, dass die Situation für den Kläger eine besonders erniedrigende und peinliche war.“

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Ich hoffe sehr, dass hiermit viele Betriebe zum Umdenken angeregt werden.

ÖZIV-Präsident Hans-Jürgen Groß

„Ich bin froh, dass endlich geklärt ist, dass eine barrierefreie Toilette als zentraler Bestandteil zu einem gastronomischen Angebot gehört“, sagte Groß am Dienstag. Bedauerlich sei dagegen, dass das Lokal auf mehrfache Gesprächsangebote von seiner Seite nicht reagiert habe: „Ich habe nie mehr etwas gehört.“ In seiner Funktion als ÖZIV-Präsident merkte Groß an: „Ich hoffe sehr, dass hiermit der Startschuss für eine selbstverständliche Einrichtung erfolgt ist und viele Betriebe zum Umdenken angeregt werden.“

„Nehmen Urteil zur Kenntnis“
Das betroffene Lokal betonte, man sei „ein mehrfach ausgezeichnetes Unternehmen im Bereich der behinderten Arbeit“. In einer schriftlichen Stellungnahme hieß es: „Wir beschäftigen derzeit fünf Mitarbeiter mit besonderen Bedürfnissen, dies ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmenskultur. Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis und werden uns in diesem Bereich auch weiterhin stark engagieren.“

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