Sterbebegleitung

Vinzi-Hospiz: Sterben in Würde für Obdachlose

Steiermark
31.10.2021 07:00

Man nennt sie die „Unangepassten“. Oft sterben sie alleine und unter widrigen Umständen. Im Vinzi-Hospiz in Graz finden Obdachlose einen Zufluchtsort. Ein Besuch an einem Ort der Herzenswärme.

Die Herbstsonne durchströmt das schlicht eingerichtete Zimmer, in dem der 50-jährige Miro seit bald einem Jahr liegt. Der gebürtige Slowake lebte zuletzt als Obdachloser in Wien. Durch die Folgen eines schweren Unfalls kam er ins Grazer „VinziDorf“-Hospiz, einer stationären Einrichtung zur Sterbebegleitung. Hier betreut ihn nun ein Palliativ-Team aus Pflegekräften und Ärzten auf seinem letzten Weg.

2017 wurde das erste Hospiz für schwerkranke Obdachlose direkt neben dem Grazer „VinziDorf“ gegründet, es wird von den Elisabethinen geführt. Menschen, die kein Zuhause haben, nicht versichert sind oder einfach nicht ins Krankenhaus wollen, können hier in Würde und unter professioneller Betreuung ihre letzte Lebensphase verbringen. Das können einige Tage sein oder, wie in Miros Fall, auch deutlich länger.

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Das Wort Hospiz steht ursprünglich auch für Gastfreundschaft. Genau das rückt bei uns stark in den Vordergrund.

Hospiz-Leiterin Désirée Amschl-Strablegg

Viele Bewohner mit Suchterkrankung
„Wir betreuen jeden Menschen sehr individuell und lassen uns auch auf seine Unangepasstheit ein“, sagt Leiterin Désirée Amschl-Strablegg. Viele Bewohner leiden an den Folgen schwerer Suchterkrankungen und haben psychiatrische Probleme. „Es kann mitunter auch mal grob zugehen“, schmunzelt die Palliativ-Fachkraft. „Aber es menschelt hier sehr, die Leute sind extrem authentisch und auch ehrlich.“

Im Vergleich zu herkömmlichen Hospiz-Einrichtungen sind die Bewohner hier jünger, im Schnitt um die 50 Jahre alt. Sie werden nicht nur medizinisch versorgt, oft wird auch versucht, letzte Wünsche zu erfüllen. Ein Mann mit Lungenkrebs im Endstadium träumte etwa davon, noch ein letztes Mal das Meer zu sehen. „Wir wollten mit ihm einen Ausflug an die Adria machen, alles war schon organisiert. Er ist dann aber leider wenige Tage davor verstorben“, erzählt Amschl-Strablegg.

Zu Hause sterben für Obdachlose
Das Hospiz steht für alle Obdachlose offen, viele kommen direkt aus dem benachbarten „VinziDorf“, einer Dauerherberge für die „Unangepassten“. „Für uns ist das Hospiz eine unglaublich wertvolle Ressource. So können unsere Bewohner quasi zu Hause sterben. Ein Wunsch, den viele Menschen haben“, sagt „VinziDorf“-Leiterin Sabine Steinacher. In der kleinen Kapelle des Container-Dorfs hängen an der Wand Fotos aller verstorbenen Bewohner, viele sind am angrenzenden St.-Leonhard-Friedhof begraben.

„Der Tod ist sehr individuell“
Den Weg bis zur letzten Ruhestätte geht jeder auf eine andere Art und Weise. Hospiz-Leiterin Amschl-Strablegg hat schon viele Menschen begleitet: „Der Tod ist sehr individuell. Die einen sind total entspannt, andere wiederum halten an etwas fest und können schwer loslassen.“ Für viele Obdachlose ohne Angehörige sind Gefährten aus dem „VinziDorf“ die letzten Besucher. Einfach da sein ist das, was am Ende oft am meisten zählt ...

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