Er sei „gewissenhaft“

Verhafteter Seilbahn-Direktor wies Vorwürfe zurück

Ausland
27.05.2021 08:58

Nach der Seilbahntragödie am Lago Maggiore ist sich der verhaftete Direktor der Seilbahn-Betreibergesellschaft Ferrovie del Mottarone keiner Schuld bewusst: Er bestreitet, gewusst zu haben, dass die Notbremse ausgeschaltet worden war. Sein Anwalt betonte, er sei „ein äußerst gewissenhafter Ingenieur“.

14 Todesopfer sind nach dem Absturz einer Gondel nach einem Seilriss zu beklagen. Drei Personen wurden in der Nacht auf Mittwoch verhaftet und zeigten sich zunächst geständig. Doch nun ruderte der Direktor zurück: Der 51-Jährige habe alle Eingriffe an der Seilbahn der vergangenen Monate rekonstruiert und könne sich den Seilriss nicht erklären, auch weil alle Prüfungsberichte immer positiv ausgefallen seien, berichtete sein Anwalt. Das Abschalten der Notbremse würde im Personenbetrieb nie durchgeführt, wurde erklärt.

Der ebenfalls festgenommene Seilbahn-Einsatzleiter gestand dagegen, dass die Notbremse absichtlich ausgeschaltet wurde. „Es gab eine Störung an der Seilbahn, das Beförderungsteam hat das Problem nicht oder nur teilweise gelöst. Um die Verbindung nicht zu unterbrechen, entschieden sie sich, die ,Gabel‘, die verhindert, dass die Notbremse in Kraft tritt, an Ort und Stelle zu lassen“, berichtete Albert Cicognani, der Carabinieri-Offizier, der die Ermittlungen führte.

Staatsanwältin geht von „absichtlicher“ Handlung aus
Die ermittelnde Staatsanwältin Olimpia Bossi, sagte, es habe sich um eine „absolut absichtliche“ Entscheidung gehandelt, um den Betrieb der Seilbahn aufrechtzuerhalten. Die Gabel zum Außerkraftsetzen der Notbremse sei am Sonntag sicherlich nicht zum ersten Mal eingesetzt worden. Die Seilbahn hatte schon seit eineinhalb Monaten Probleme.

Verkehrsminister: „Tiefe Wunde für Italien“
Der italienische Verkehrsminister Enrico Giovannini betonte bei einer parlamentarischen Fragestunde in Rom, es gebe „schwerwiegende Beweise“ für die Verantwortung des Seilbahn-Einsatzleiters, der mit Zustimmung des Direktors und des Eigentümers der Anlage das Sicherheitssystem ausgeschaltet habe, obwohl im die potenzielle Gefahr bewusst gewesen sei. „Dieser tragische Unfall bedeutet eine tiefe Wunde für Italien“, sagte Giovannini, der den Familienangehörigen der Opfer kondolierte. Er lobte den Einsatz der Rettungsmannschaften, die exzellente Arbeit in einem schwierigen Bergumfeld geleistet hätten.

Einzigem Überlebenden geht es besser
Inzwischen hat sich der Zustand des einzigen Überlebenden gebessert, einem fünfjährigen Buben, der mit mehreren Frakturen in einem Krankenhaus in Turin liegt. Der in Italien lebende Israeli, der bei dem Unglück seine Eltern, seinen zweijährigen Bruder und zwei Urgroßeltern verlor, komme schrittweise zu sich und sei nicht mehr intubiert, teilte Klinik-Chef Giovanni La Valle mit. Die Leichen der verstorbenen Angehörigen des Buben wurden am Mittwoch zum Mailänder Flughafen gebracht, um nach Israel überführt zu werden. Dort sollen die Opfer beigesetzt werden.

Bei Mangel werden heimische Seilbahnen sofort gestoppt
Der Fachverband der Seilbahnen wies indes auf die strengen Auflagen für den Betrieb der Seilbahnen in Österreich hin. Jede Anlage würde jährlich einer umfangreichen Hauptrevision unterzogen, dazu kämen „ergänzende Prüfungen“ für einzelne Bauteile, so Christian Felder, Vorsitzender des Technikerkomitees der Seilbahnwirtschaft. Bei Feststellung eines Mangels müsse der Betrieb sofort schließen, ohne auf eine behördliche Verfügung zu warten. Das Seil würde monatlich visuell inspiziert, darüber hinaus gebe es noch das magnetinduktives Prüfverfahren. In der vergangenen Wintersaison seien rund 150 Millionen Euro für die Bereiche Sicherheit, Qualität und Komfort der Anlagen investiert worden, so Fachverbandobmann Franz Hörl.

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