Kinderarmut und Covid:

„Bei drei Kindern haben zwei eine Winterjacke“

Coronavirus
30.03.2021 18:08

Die Volkshilfe Österreich hat im Februar 100 armutsbetroffene Familien zur Coronakrise befragt. Das Ergebnis: diese Familien und Kinder trifft es noch härter, als alle anderen. Warum das so ist und was wir tun können, das hat krone.tv-Journalistin Damita Pressl mit dem Geschäftsführer der Volkshilfe, Erich Fenninger besprochen.

Grundsätzlich wird Armut nach dem Einkommen berechnet: wer weniger als 60% des Medianeinkommens verdient, ist gefährdet. Etwa 1300 Euro monatlich für zwei Eltern und ein Kind also. Aber das sei auch abhängig von Miet- und Lebenskosten, erklärt Fenninger. „Was entscheidend ist: Die Kinder und Jugendlichen, die armutsbetroffen sind, können ihre primären Bedürfnisse nicht decken. Das Wohnen ist nicht gesichert, das Essen ist nicht bis Monatsende ausreichend“. Ein Kind spreche von der „Toastbrotzeit“ - die letzten paar Tage des Monats würde es nur mehr Toastbrot geben. Diese Kinder könnten dann auch nicht an Sportvereinen, Musikunterricht, Schulausflügen etc. teilhaben. Und: „Wenn drei Kinder vorhanden sind, haben zwei eine Winterjacke und das dritte nicht. Wenn eine unerwartete Ausgabe kommt, können diese Familien sie nicht bestreiten. Wenn der Kühlschrank kaputt wird, kann man sich keinen neuen kaufen.“

Österreich ist, gemessen am BIP pro Kopf, das dreizehntreichste Land der Welt. Jedes fünfte Kind wächst hierzulande unter der Armutsgrenze auf. Das sticht auch im OECD-Vergleich als hohe Zahl hervor. Das Problem hat mit unterschiedlichen Faktoren zu tun: mit der Einkommensschere, vor allem jener zwischen Jung und Alt, mit der Teilzeitquote; Mehrkindfamilien und Alleinerziehende trifft es besonders hart, es hat aber auch mit dem Sozialsystem zu tun: „Die Beihilfen sind nicht zielorientiert ausgerichtet, um armutsbetroffene Kinder von der Armut zu befreien. Sie bevorzugen oft besserverdienende Familien und entlasten jene, die mehr Steuern zahlen. Das hat nichts mit der Unterstützung einkommensschwacher Eltern und deren Kinder zu tun.“

Das ist für Kinder nie eine leichte Situation; während der Corona-Krise schon gar nicht. „Es entsteht bei dem Kind ein extremer Druck. Wir sehen in unseren Forschungen, dass die Kinder hochbelastet sind.“ Die Kinder wüssten nämlich, erklärt Fenninger, dass sie in Armutslage leben. Sie erleben die Eltern aktiv und bemüht, die Existenz der Familie zu sichern - entgegen jedes Klischees der Eltern, die die Familienbeihilfe lieber für Bier, Zigaretten oder Smartphones ausgeben. Die Kinder wissen aber, so Fenninger weiter, dass es trotzdem meistens nicht ausreicht, und leben so in Angst. Weil die Grundbelastung bereits vor Corona so hoch sei, seien diese Kinder jetzt auch verstärkt betroffen: „Sie erleben, dass sie nicht teilhaben können wie andere Kinder auch, und das führt dazu, dass sie sich weniger wert fühlen.“

Warum Fenninger eine Kindergrundsicherung vorschlägt, um das Problem zu beseitigen, sehen Sie im Video.

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