"Krone"-Interview

Pflegekinder in Bad Mitterndorf gequält oder erzogen?

Steiermark
16.10.2010 17:48
Jahrelang sollen in Bad Mitterndorf drei Mädchen und zwei Buben in einer Wohngemeinschaft von ihren Pflegeeltern und einer Mitarbeiterin gequält worden sein. Das Landeskriminalamt ermittelt, die Kinder sind mittlerweile außerhalb des Ortes untergebracht und werden von erfahrenen Pädagogen betreut. "Krone"-Redakteur Manfred Niederl sprach mit dem Geschäftsführer des Kinderhilfswerks Pro Juventute. Und er bekam einen heute 21-Jährigen ans Telefon, der mit den angeblich gequälten Kindern zehn Jahre lang in einem Haushalt lebte.

"Kinder sind zweifache Opfer"
Der Geschäftsführer von Pro Juventute, Emanuel Freilinger, bedauert den Vorfall von Bad Mitterndorf. Künftig werden keine Pflegeeltern mehr die Kinder betreuen, sondern nur noch Pädagogen.

"Krone": Herr Freilinger, wie geht es den fünf Kindern jetzt?
Emanuel Freilinger: Nicht gut. Sie sind Opfer - und das auf zweifache Weise. Zum einen durch ihre Pflegeeltern, zum anderen, weil eine steirische Tageszeitung ihre Vornamen abgedruckt hat. Da wollten sie erst gar nicht mehr in die Schule gehen.

"Krone": Wie stehen die Kinder zu ihren Pflegeeltern?
Freilinger: Sie befinden sich in einem Loyalitätskonflikt. Sie wissen, dass sie über zwei nahestehende Personen Schlimmes erzählt haben. Und müssen damit fertig werden, dadurch Menschen zu belasten, zu denen sie Mama und Papa gesagt haben.

"Krone": Dass der Fall an die Öffentlichkeit gelangte, ist offenbar dem Outing einer ehemaligen Mitarbeiterin zuzuschreiben. Doch diese Frau wurde gekündigt. Ist das Gerechtigkeit?
Freilinger: So war das nicht. Die Angestellte verlor ihren Job aus ganz anderen Gründen - unter anderem, weil sie oft nicht pünktlich zur Arbeit erschienen ist.

"Ich halte zu den Pflegeeltern"
Maximilian S. (21 Jahre alt) hat als Berufsoldat einen guten Job. Den verdanke er nur seinen Pflegeeltern - jenen Verdächtigen, die seine fünf Geschwister gequält haben sollen: "Das ist ein Blödsinn."

"Krone": Wie geht es ihren fünf Geschwistern jetzt?
Maximilian S.: Meine Eltern dürfen keinen Kontakt zu ihnen pflegen. Trotzdem hat es ein Pflegekind geschafft, dem Vater eine Glückwunschkarte zum 45. Geburtstag zu schicken.

"Krone": Eine Geburtstagskarte?
Maximilian S.: Sein Freund hat sie gebracht, ich lese sie Ihnen vor: 'Ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag. Ich möchte wieder zu Euch zu Besuch kommen. Von allen liebe Grüße.' Hand aufs Herz - reagieren so gequälte, traumatisierte Kinder?"

"Krone": Das zu beurteilen, steht uns nicht zu. Nur - es wurden unter anderem Vorwürfe laut, die Mädchen und Buben hätten Erbrochenes essen und strafweise barfuß im Schnee stehen müssen.
Maximilian S.: Das mit dem Erbrochenen kann ich mir einfach nicht vorstellen. Die Idee, barfuß im Schnee zu stehen, hat die Mutter von der Kur mitgebracht. 'Kneippen' heißt das und es sollte nur die Gesundheit fördern. Strafe war's keine.

von Manfred Niederl, "Steirerkrone"

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