„Nie von Virus gehört“

Pensionist wütete wegen Corona-Sperre: Geldstrafe

Tirol
01.09.2020 06:00

Neun Tage lang befand sich das ganze Land schon im Corona-Ausnahmezustand, als ein Innsbrucker (79) die Sperre der Innpromenade ignorierte - weil er vom Virus angeblich noch nie gehört hatte. Es kam zu wüsten Beschimpfungen gegen die Beamten und einer Rangelei bei der darauffolgenden Festnahme. Beim Prozess am Landesgericht setzte es am Montag eine saftige Geldstrafe - bereits rechtskräftig.

„Frau Rat, ich schaue kein Fernsehen, höchstens Krimis“, wollte der energische Rentner Richterin Helga Moser weismachen. Diese konterte schlagfertig: „Der einzige Krimi, den es ab Mitte März gab, war ,Kanzler Kurz gegen das Virus’!“ Auch von Kindern und dem Enkel und selbst beim Einkaufen wollte der Angeklagte nichts von Corona mitbekommen haben. Diese Verantwortung machte eine Diversion (Geldbuße ohne Verurteilung) kaum möglich. Denn dafür ist auch eine gewisse Einsicht eines Angeklagten notwendig.

Corona-Sperre am Inn blockierte Spaziergang
Die bloße Unkenntnis von Corona wäre an jenem 22. März nicht verhängnisvoll gewesen, wenn sich der alte Herr nicht durch Absperrbänder beim Spazieren blockiert gesehen hätte. Prompt wollten Polizisten ihn aufhalten, doch der Pensionist ignorierte sie und wurde fuchsteufelswild. Hier, wo er das ganze Jahr spazieren gehe, lasse er sich dies nun nicht verbieten.

Beim folgenden Wortwechsel griff der 79-Jährige laut den Beamten verbal in die unterste Schublade. „Schau, dass du weiterkommst, sonst schlag ich dir ins Gesicht“, schnauzte er eine Polizistin laut deren Aussage an. Die Rede soll auch von einer „schiachn Sau“ gewesen sein. Als der Innsbrucker mit erhobener Faust drohte, setzte die Uniformierte Pfefferspray ein. Es kam zur Festnahme, gegen die sich der Rentner „wie ein Zappelphilipp“ (Zitat des Staatsanwaltes) wehrte. Die Polizisten ließen bei ihren Zeugenaussagen aber die Kirche im Dorf – nein, gezielte Schläge habe der Mann nicht gesetzt.

„Feuchte Aussprache, keine Spuck-Attacke“
Doch beim Anlegen der Handfesseln hatte einer der Beamten plötzlich Spucke im Gesicht – einen regelrechten „Schlatz“, wie es das Opfer auf Nachfrage präzisierte. „Ich hatte in der Aufregung eine feuchte Aussprache“, stritt der Pensionist Absicht ab. Dies konnte nicht eindeutig widerlegt werden und so blieb es beim Delikt des Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Beim Urteil floss mildernd ein, dass der Innsbrucker trotz hohen Alters noch nie vor Gericht war. Aufgrund seiner Rente von knapp 2000 Euro (auch die Frau erhält eine Pension) fiel die Geldstrafe satt aus: 9720 Euro, die Hälfte davon bedingt. „Ich glaube Ihnen einfach nicht, dass Sie nach dem Lockdown neun Tage lang nichts von Corona mitbekommen haben, sie waren ja sogar einkaufen“, begründete die Richterin. Der Angeklagte beriet sich kurz mit seinem Anwalt und nahm das Urteil an.

Andreas Moser, Kronen Zeitung

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