Sah darin „Satire“

39-jähriger Wiener wegen „Nazi“-WLAN verurteilt

Web
06.08.2020 13:56

Wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung in 20 Fällen ist am Donnerstag ein 39-jähriger Wiener zu 18 Monaten Haft verurteilt worden, davon drei Monate unbedingt. Unter anderem hatte er bei seinem Router als WLAN-Kennung die Namen „Gestapo-88“, „Schutzstaffel-88“ sowie „Schutzstaffel1“ vergeben. Ein Nachbar zeigte ihn schlussendlich an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Mit der Benennung seines WLAN-Routers wollte der Wiener seinen Nachbarn provozieren. Dieser sei Türke und bezeichne ihn immer als Nazi. „Das war extrem unklug und dumm von mir“, so der 39-Jährige vor Gericht. Denn einer der Nachbarn erstattete schließlich Anzeige und brachte den Fall ins Rollen.

Bei der Hausdurchsuchung in seiner Floridsdorfer Wohnung durch das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung fanden die Beamte eine Wein- sowie eine Bierflasche mit dem Konterfei von Adolf Hitler in einer Vitrine. Als das Handy des 39-Jährigen ausgewertet wurde, fand die Polizei zahlreiche WhatsApp-Nachrichten mit eindeutigem Inhalt. 26 Dateien, die gegen das Verbotsgesetz verstoßen, soll er an Freunde verschickt haben. Darunter ein Bild, das den Beschuldigten mit einer Hitlermaske zeigt, dahinter steht ein Freund und macht den Hitlergruß.

„Ich bin ein Freund der Satire“
Der Angeklagte habe die zahlreichen verschickten Fotos und Video witzig gefunden. „Ich bin ein Freund der Satire“, sagte er dem Schwurgericht. „Ich mein‘ es echt nicht bös‘.“ Der 39-Jährige sah darin keine Verherrlichung des Nationalsozialismus. Er habe die Bilder oft selbst bekommen. „Ich bekomme sowas nicht“, meinte der Richter darauf. „Sowas schickt man sich halt unter Freunden“, meinte der Beschuldigte. Er habe auch im Internet nach schwarzem Humor gesucht und sei auf diese Clips gestoßen.

Am 20. April - dem Geburtstag Adolf Hitlers - forderte der Wiener zum Eiernockerlessen - der Leibspeise Hitlers - auf. „Das ist eine eindeutige nationalsozialistische Geste. Warum schicken Sie das?“, fragte der Richter nach. „Weil ich dumm war“, meinte der Angeklagte. Er sei damals depressiv gewesen und hätte alles Mögliche an Freunde verschickt. „Das war ja nur eine kurze Zeit“, relativierte der 39-Jährige seine Handlungen. „Das war von 2017 bis 2019, das sind zwei Jahre“, warf allerdings der Richter ein.

Unbedingte Haft „aus spezialpräventiven Gründen“
Die Staatsanwaltschaft klagte 28 Fakten an, die Geschworenen sprachen den Mann von acht Fakten frei. Mildernd wurden der bisher ordentliche Lebenswandel, die faktisch geständige Verantwortung und, dass der Mann zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, gewertet. Erschwerend war die Vielzahl der Fakten und der lange Tatzeitraum. „Aus spezialpräventiven Gründen“ wurde laut Schwurgerichtsvorsitzendem eine zum Teil unbedingte Haftstrafe ausgesprochen. Der 39-Jährige muss auch Bewährungshilfe in Anspruch nehmen. Beide Parteien erbaten sich drei Tage Bedenkzeit.

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