Experten klären auf

Online-Sucht vermehrt ein Problem bei Kindern

Tirol
16.01.2020 13:30
Kein Smartphone, kein Tablet, keine sozialen Netzwerke: So sah die Welt in den 1990er Jahren aus. Heute findet man so genannte „Smombies“, die auf Smartphones starren, überall. Internetsucht wird bei Kindern und Jugendlichen zunehmend zum Problem und ist Thema beim 6. Kinder- und Jugendpsychiatrie-Kongress, der am Freitag und Samstag in Innsbruck stattfindet.

Von 100 Jugendlichen in Tirol sind drei stark abhängig vom Web, von Sozialen Netzwerken oder Computerspielen, zeigt eine aktuelle Studie. An der Schwelle zur Sucht stehen sieben. Die Folgen dieser Sucht und der Abkapselung von der realen Welt können schwerwiegend sein: bis hin zu Depressionen, sozialen Phobien oder Aggressivität. Aus der Praxisperspektive kennen diese Probleme Kathrin Sevecke, die Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Hall und Innsbruck, und Martin Fuchs, der Oberarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Krankenhaus Hall.

Wechselwirkungen von Konsum und Erkrankung
Sie wissen: Die Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen und Medienkonsum sind komplex. Denn nicht nur eine Sucht kann psychische Erkrankungen bedingen. Auch umgekehrt führen schulische oder soziale Probleme teilweise zur Sucht.

Entwarnung bei gewalthaltigen Spielen
Entwarnung geben können die Experten beim Thema gewalthaltige Spiele. Dass sie alleine Gewalthandlungen hervorrufen, sei „natürlich Quatsch“, sagt Sevecke. Nur wenn bei einem Kind oder Jugendlichen bereits aggressives Verhalten vorhanden ist, kann dies durch solche Spiele verstärkt werden.

Eltern und Lehrer sind bei Prävention gefordert
„Kinder haben generell Schwierigkeiten, selbst zu regulieren, wie lange sie zum Beispiel mit einem Handy beschäftigt sind“, erklärt Fuchs. Eltern müssten klare Regeln setzen und selbst Vorbild sein. Daran hapert es oft, sehen die Psychiater in der Praxis. Ihre Forderung: „Der Umgang mit Online- und Sozialen Medien muss im schulischen Umfeld gelehrt werden. Nicht alle Kinder bekommen das Rüstzeug für ein Leben in unserer digitalen Welt vermittelt.“

Kein Konsum für die ganz Kleinen
Besonders problematisch sei es, wenn schon Kleinkinder von ihren Eltern ein Smartphone in die Hand gedrückt bekämen. „Das Gehirn von Dreijährigen funktioniert anders als das von Dreißigjährigen“, erklärt Sevecke. „Mit Jugendlichen, die als Kind nie gelernt haben, aufzuhören, kann man in der Therapie nur sehr schwer arbeiten.“ Die Medienkonsum-Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation für Kinder bis zu drei Jahren sei ganz klar: „Null Minuten am Tag“, betont die Psychiaterin.

Digitale Welt bietet Chancen für Therapie
Gänzlich schlechtreden wollen die beiden Experten das Internet und Computerspiele aber nicht. In Wien werde daran gearbeitet, Virtual Reality bei der Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen zu nutzen. „Kinder mit ADHS könnten so in einem digitalen Umfeld lernen, ihre Impulsivität zu kontrollieren oder sich zu entspannen“, erklärt Fuchs. Diese Behandlungsmethode wollen Sevecke und Fuchs im Haller Spital ausprobieren.

C. Rüggeberg/M. Schwaiger

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