Was geschah im Iran?

Drohne, Rakete, Panne: Die möglichen Ursachen

Ausland
09.01.2020 16:41

Inmitten der militärischen Eskalation des Konflikts zwischen den USA und dem Iran ist am Mittwoch nahe Teheran eine Boeing 737 der Ukraine International Airlines abgestürzt. Für die 176 Menschen an Bord gab es keine Überlebenschancen. Experten rätseln seither über die Ursachen der Tragödie. Gibt es tatsächlich einen Zusammenhang mit dem militärischen Konflikt? Oder handelt es sich schlicht um einen Defekt, der zur falschen Zeit am falschen Ort aufgetreten ist? krone.at hat drei mögliche Szenarien zusammengefasst.

Vor allem der Zeitpunkt der Katastrophe sorgt für Diskussionen: Zu dem Absturz kam es wenige Stunden nachdem der Iran ballistische Raketen auf US-Militärstützpunkte im Irak abgefeuert hatte. Viele fragen sich: Hat die Katastrophe etwas mit dem Raketenangriff zu tun?

Szenario Nummer eins: Abschuss mit Rakete
Während der Iran erklärte, dass eine technische Ursache zu der Katastrophe geführt habe, hält die Ukraine einen Abschuss mit einer Rakete für möglich. Olexij Danilow vom ukrainischen Sicherheitsrat meinte dazu, die Beamten hätten mehrere Arbeitshypothesen für den Absturz, darunter einen Raketenangriff und einen Terroranschlag.

Ein Angriff mit einer Rakete, möglicherweise einem „Tor“-Raketensystem, sei laut Danilow unter den wichtigsten Theorien. Die Ukraine verweist auf Berichte, denen zufolge bei der Absturzstelle Raketenteile gefunden worden seien. Ukrainische Ermittler, die im Iran eingetroffen seien, warteten noch auf eine Genehmigung iranischer Behörden, die Absturzstelle zu besichtigen und nach Raketenteilen zu suchen, sagte er.

Was spricht dagegen?
Mehrere westliche Geheimdienste haben angeblich keine Hinweise darauf, dass das Flugzeug abgeschossen wurde. Die bisher bekannten Informationen deuteten eher darauf hin, dass die Triebwerke überhitzt gewesen seien, heißt es aus kanadischen Sicherheitskreisen.

Im Netz tauchen nach Katastrophen wie dem Absturz im Irak immer wieder Fake-News auf, wie etwa Bilder, die von Profis bearbeitet wurden, oder falsche Verdächtigungen, die gezielt verbreitet werden. So soll etwa ein Foto einer Raketenspitze wenige Stunden nach dem Absturz in genau der Stadt aufgenommen worden sein, über der der Kontakt zu Flug PS752 abbrach. Auch Beschädigungen an den Wrackteilen, die an Einschusslöcher erinnern, sorgten für Spekulationen.

Szenario Nummer zwei: Technischer Defekt
Berichte des Iran legen nahe, dass ein plötzlicher Notfall die Katastrophe verursachte. „Wegen eines technischen Defekts, eines Triebwerksausfalls, hat die Maschine Feuer gefangen und dies führte zum Absturz“, sagte Verkehrs- und Transportminister Mohammed Eslami der Nachrichtenagentur Isna am Donnerstag.

Die Ermittler wollen nun den kurzen Flug, der von Teheran in die ukrainische Hauptstadt Kiew gehen sollte, rekonstruieren. In einem am Donnerstag veröffentlichten vorläufigen Bericht der iranischen Luftfahrtbehörde hieß es, die Piloten hätten versucht, zurück zum Flughafen zu fliegen. Augenzeugen hätten berichtet, die Maschine habe gebrannt. Als sie am Boden aufschlug, sei sie explodiert - wohl weil das Flugzeug große Mengen Kerosin getankt hatte.

Aufnahmen zeigen, wie das brennende Passagierflugzeug an Höhe verliert. Der Absturzort war voller Rauch und Feuer:

Augenzeugen am Boden und an Bord eines zweiten Flugzeugs, das sich zu Beginn des Unglücks über der ukrainischen Boeing befand, berichteten laut der iranischen Zivilluftfahrt-Organisation (CAO) von einem Feuer an Bord der Unglücksmaschine, das „an Intensität zunahm“. Kurz nach Beginn des Brands sei die ukrainische Maschine abgedreht. Sie verschwand demnach bei einer Flughöhe von 8000 Fuß (2400 Metern) von den Radarschirmen, doch habe der Pilot keinen Notruf abgesetzt.

Was spricht dagegen?
„Es handelt sich hier um ein sehr sicheres Flugzeug“, sagte Ex-Air-Berlin-Chef Joachim Hunold am Mittwoch gegenüber der „Bild“. So kurz nach einem Unfall von technischem Versagen zu sprechen, sei für ihn reine Spekulation. „Dazu müssen viel mehr Informationen ausgewertet werden.“

Die drei Jahre alte Unglücksmaschine sei erst am Montag inspiziert worden, heißt es seitens der Ukraine International Airlines. Auch einen Fehler des Piloten bzw. der Crew zieht die Fluggesellschaft laut eigener Aussage „nicht einmal in Erwägung“: Aufgrund der Erfahrung der Besatzung sei die Fehlerwahrscheinlichkeit minimal.

Szenario Nummer drei: Kollision mit Drohne
Ein ukrainischer Beamter teilte am Donnerstag mit, dass mehrere mögliche Ursachen für den Absturz untersucht werden sollen, darunter eine terroristische Bombe, ein Raketenangriff, aber auch eine Kollision mit einer Drohne.

Die dritte mögliche Ursache für die Katastrophe wäre also, dass der Passagierjet mit einer Drohne oder mit einem anderen Flugobjekt kollidiert ist. Vor allem für Triebwerke sind Drohnen eine große Gefahr. „Insbesondere bei Start und Landung kann das verheerende Folgen haben“, erklärte Jörg Lamprecht, Chef des Kasseler Unternehmens Dedrone, in einem Interview 2018. Seine Firma hat sich auf die Entdeckung unerwünschter Flugobjekte spezialisiert.

Was spricht dagegen?
Auch eine mögliche Kollision mit einer Drohne ist reine Spekulation. Derzeit gibt es keinerlei Indizien für einen Zusammenstoß.

Luftfahrtjournalist Andreas Spaeth erklärte gegenüber tagesschau.de: „Da kommen viele Dinge zusammen, die seltsam sind: keine Kommunikation aus dem Cockpit, der plötzliche Absturz ohne vorherige Anzeichen von Problemen, die schnellen, gegensätzlichen Aussagen von iranischer und ukrainischer Seite. Das ist schon mysteriös.“ Laut Spaeth deutet schon einiges darauf hin, dass es kein normales Unglück war, aber das sind alles Spekulationen. „Es gibt bislang zu wenige öffentliche Informationen.“

Blackboxen stark beschädigt
Die Experten erhoffen sich mehr Informationen durch die Auswertung der beiden Blackboxen mit den Flugdaten. Die Boxen enthalten die Flugdatenschreiber und einen Stimmenrekorder mit Aufnahmen der Gespräche im Cockpit. Diese sollten nach gründlichen Untersuchungen an die Ukraine übergeben werden, kündigte die Luftfahrtbehörde an. Die Geräte seien aber beschädigt worden.

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