Zeitenwende

1er-BMW bleibt auch mit Frontantrieb untypisch

Motor
17.07.2019 00:00

Der Aufschrei bei BMW-Enthusiasten ist groß, bei durchschnittlichen Kunden eher weniger: Denn nach gut 1,3 Millionen verkauften Exemplaren ist bei der 1er-Reihe nicht nur die Ära des Hinterradantriebs samt längs eingebautem Motor zu Ende, sondern als Konsequenz auch die Zeit, als BMWs Kleinster eigentlich immer eine Spur zu eng war. Außerdem haben die Münchner dem Frontantrieb die typischen Nachteile ausgetrieben.

Nichts zwickt mehr, der Innenraum ist plötzlich besonders auf der Rückbank viel großzügiger geschnitten, obwohl der Neue sogar 5 mm kürzer ist (4,32 Meter) als der Vorgänger. Zugelegt hat er 34 Millimeter an Breite sowie 13 mm an Höhe. Der Kofferraum ist um 20 auf 380 Liter gewachsen, auch der Ausschnitt ist praktischerweise breiter geworden. Insgesamt fühlt sich der 1er-BMW jetzt eine halbe Klasse größer an.

Dazu sind die Insassen auch besser aufgehoben, dafür sorgen wertigere Materialien und ein frisches Design samt neuartigem Ambiente-Licht, das gemustert aus diversen Kanten herausleuchtet.

Außen tragen die Münchner relativ dick auf: Die markentypischen Nieren an der vier Zentimeter höheren Front sind rund 50 Prozent gewachsen, auch sonst kann man das neue Design schon fast als opulent bezeichnen - im Gegensatz zum Vorgänger, der klar, unaufgeregt und zeitlos gestaltet war. Für viele nach dem letzten Facelift der schönste Einser überhaupt. Dennoch wirkt die nun vorgestellte dritte Generation schnittig-sportlich, von den mächtigen Lufteinlässen bis zu den verchromten Auspuffendrohren mit je nach Modell neun oder zehn Zentimeter Querschnitt.

Der Fronttriebler, der keiner sein will
 Und wie fährt sich Generation eins nach dem Antriebs-Umbruch? Für einen Fronttriebler bzw. einen frontorientierten Allradler erstaunlich gut. BMW hat alles daran gesetzt, die konzeptbedingten Nachteile serienmäßig elektronisch zu eliminieren: Die „BMW Performance Control“ bremst bereits vor dem Erreichen des Grenzbereichs die kurveninneren Rädern unmerklich ab und verhindert dadurch ein Untersteuern. Und dank der (bisher nur im BMW i3 verwendeten) sogenannten „Aktornahen Radschlupfbegrenzung“ sind Regeleingriffe aus der DSC-Box zehnmal schneller als früher und so exakt, dass sie praktisch nicht mehr wahrnehmbar sind. Das Ergebnis ist grundsätzlich gute Traktion bei kaum vorhandenen Antriebseinflüssen in der Lenkung.

Der M135i xDrive kommt zusätzlich mit einer mechanischen Torsen-Differenzialsperre, um der Kraft des 306 PS starken Zweiliter-Turbo-Vierzylinders Herr zu werden. Damit ziehen die Räder den Wagen regelrecht in die Kurve, wenn man früh ans Gas geht. Mit der serienmäßigen Launch Control schafft das 1525 Kg (DIN) schwere Topmodell M135i xDrive, das zur M-Performance-Reihe gehört, den Sprint auf 100 km/h in 4,8 Sekunden, bei 250 km/h wird abgeregelt. Schon bei 1750/min. liegt das maximale Drehmoment von 450 Nm an, das bis 5000/min. konstant bleibt. Interessant: Dank Klappenauspuff klingt diese Sportversion außen böser als innen, obwohl mit Sound aus den Lautsprechern nachgeholfen wird.

Als weitere Motorisierungen werden zum Marktstart ein Dreizylinder-Benziner (Basismodell 118i, 140 PS, ab 29.450 Euro) sowie drei Diesel (ein Drei-, zwei Vierzylinder) mit einem Leistungsspektrum von 116 bis 190 PS angeboten. Der Top-Diesel 120d bekommt wie der Top-Benziner serienmäßig Allradantrieb und Achtgang-Automatik, die anderen haben als Basis Frontantrieb und manuelles Getriebe, je nach Motorisierung ist Achtgang-Automatik oder Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (von Magna) verfügbar. Beide beherrschen in Eco- und Comfort-Modus das Segeln.

Neben dem M135i xDrive haben wir knapp drei Monate vor Marktstart den 150 PS starken 118d gefahren, der sich als sehr rundes Paket erwies. Drehmomentstarker, leiser Motor, der ohne jede Verzögerung zur Sache kommt und den mit Automatik 1430 kg schweren BMW geschmeidig in 8,4 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Sein NEFZ-Verbrauch liegt bei 4,1 l/100 km und damit nur 0,3 l/100 km über dem des Dreizylinders, der sogar schon die kommende Abgasnorm Euro-6d erfüllt. Alle Motoren haben einen Partikelfilter, die Diesel einen SCR- sowie einen NOx-Speicher-Katalysator.

Digitalisierung wie bei den Großen
 Im neuen 1er-BMW ist fast die gesamte Assistenz-Palette von BMW verfügbar, nur der autonome Fahrassistent bleibt höheren Klassen vorenthalten. Den Rückfahrassistenten, der das Auto 50 Meter weit auf dem (mit maximal 36 km/h) vorwärts gefahrenen Weg zurückrangiert, kann man aber bestellen. Serienmäßig ist die automatische Notbremse, die auch Fußgänger und Radfahrer erkennt.

Das Cockpit ist auf Wunsch digital und weist die Grafik in Nierenform auf, die bereits von 3er, 8er etc. bekannt ist. Das bedeutet, der Drehzahlmesser läuft links herum und der Tacho ist mehr Design-Element als echtes Instrument. Sehr empfehlenswert ist das optionale Head-up-Display, das Infos nicht auf eine Plexiglasscheibe, sondern in die Windschutzscheibe projiziert. Auch Gestensteuerung oder der Personal Assistant, den man mit dem Kommando „Hey BMW“ oder jedem anderen Kommando jederzeit „aus der Flasche“ holen kann, wird angeboten.

Die Markteinführung ist für 28. September geplant. Die Preisliste reicht von 29.450 Euro für den BMW 118i bis 55.000 Euro für den BMW M135i xDrive.

Unterm Strich
 Die Zahl der Fans, die in der Kompaktklasse unbedingt Hinterradantrieb wollen, wird immer geringer. Die beengten Verhältnisse im Innenraum (wegen Längsmotor und Hinterradantrieb) fielen immer mehr ins Gewicht bzw. die Verkaufszahlen. Der Switch zu Frontantrieb und klassenadäquaten Platzverhältnissen war da - nüchtern betrachtet - nur logisch. Und BMW hat das beim 1er noch besser umgesetzt als etwa beim 2er Active Tourer, die Elektronik ist ein echter Gewinn.

Hinterradantrieb ist zwar im 1er passé - Fans bleibt aber immerhin das BMW 2er Coupé. Großes BMW-Ehrenwort.

Warum?
 Fährt anders als andere Fronttriebler
 Deutlicher Raumgewinn im Vergleich zum Vorgänger

Warum nicht?
 Hardcore-Hinterradantriebs-Fans bleiben der Gebrauchtmarkt, das 2er Coupé oder größere Klassen.

Oder vielleicht …
 … Audi A3, Mercedes A-Klasse

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(Bild: KMM)
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