Kurswende

Nordkorea enthüllt sein Atomprogramm

Ausland
26.06.2008 18:54
Nordkorea hat am Donnerstag eine seit sechs Monaten überfällige Erklärung zu Einzelheiten seines Atomprogramms vorgelegt. Nordkoreas Botschafter in China, Choe Jin-su, habe das Dokument übergeben, teilte Wu Dawei (Bild) vom chinesischen Außenministerium mit. US-Präsident George W. Bush begrüßte diesen Schritt als "Anfang", nun müsse ein "nachprüfbarer" Prozess zum Abbau des Atomprogramms folgen. Nordkorea hatte sich Ende vorigen Jahres zur atomaren Abrüstung verpflichtet.

Bush kündigte die Aufhebung von Handelssanktionen an, reagierte insgesamt aber zurückhaltend. Die USA hätten "keine Illusionen über das Regime in Pjöngjang", erinnerte er etwa an die Entführung von Japanern durch nordkoreanische Geheimdienste. Für die USA gehörte das ostasiatische Land vor wenigen Jahren noch zur "Achse des Bösen". Als Kurswechsel gilt daher, dass Nordkorea binnen 45 Tagen von der US-Liste der "Terror-Unterstützerstaaten" gestrichen werden soll, wie Regierungssprecherin Dana Perino bestätigte. Bis dahin wolle man das Verhalten Nordkoreas sowie die Richtigkeit der gemachten Angaben überprüfen.

US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte in Kyoto, die US-Regierung erwarte nun von der nordkoreanischen Führung, dass Experten zur Untersuchung in den Reaktor Yongbyon gelassen werden. Nordkorea habe "noch viel Arbeit vor sich", um seine internationale Isolierung zu beenden, hieß es aus dem Weißen Haus. Das Land müsse alle Nuklearanlagen abbauen, die Herstellung von Plutonium beenden und offene Fragen zur Urananreicherung und Weiterverbreitung beantworten.

Produktion und Lagerung von Plutonium
Über den Inhalt der nordkoreanischen Erklärung wurde zunächst nichts bekannt. Die US-Regierung sagte nur, die übergebenen Informationen seien wichtig für eine Überprüfung, ob Pjöngjang sein gesamtes Atomprogramm beende. Es wurde erwartet, dass Pjöngjang darlegt, welches Atomprogramm es verfolgt und über welche Materialien und Einrichtungen es verfügt. Dabei geht es auch um die Produktion und Lagerung von atomwaffenfähigem Plutonium. Nähere Auskünfte über die militärische Nutzung der Materialien sollte es aller Voraussicht nach jedoch nicht geben.

Mit der Auflistung erfüllt Nordkorea einen wesentlichen Bestandteil eines im vergangenen Jahr im Rahmen der Sechs-Parteien-Gespräche geschlossenen Vertrags über seine atomare Abrüstung. Seit Beginn der Gespräche zwischen Nordkorea, den USA, China, Südkorea, Japan und Russland im Jahr 2003 wurde immer wieder versucht, das kommunistisch regierte Land mit Gegenangeboten von seinem Atomprogramm abzubringen. Das verarmte Land hoffte insbesondere auf Handelserleichterungen. Einen herben Rückschlag in den Verhandlungen hatte es im Oktober 2006 gegeben, als Nordkorea eine Atombombe testete.

Südkoreas Außenminister Yu Myung-hwan sagte nach Übergabe der nordkoreanischen Erklärung: "Wir begrüßen das." Die für Freitag angekündigte Sprengung eines Kühlturms des nordkoreanischen Reaktors Yongbyon sei ein "äußerst wichtiger" erster Schritt für einen vollkommenen Abbau der Atomwaffen, so Yu weiter.

Reaktor Yongbyon abgeschaltet
Yongbyon ist das Rückgrat des nordkoreanischen Atomprogramms. Nach erfolgreichen Verhandlungen Anfang 2007 wurde die Anlage im vergangenen Juli abgeschaltet. Mit seiner relativ geringen Kapazität von fünf Megawatt wird der einzige betriebsbereite Reaktor in Yongbyon nach Einschätzung von Experten vor allem für die Produktion von Plutonium für militärische Zwecke genutzt.

Nordkorea hatte 2002 Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEO) ausgewiesen und war 2003 aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgestiegen. Es wird vermutet, dass das Regime in Pjöngjang ausreichend radioaktives Material auf Lager hat, um sechs bis zehn Bomben herzustellen.

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