Erdogan will Verbote

“Nation wird nicht YouTube und Facebook geopfert”

Web
07.03.2014 09:13
Der wegen eines Korruptionsskandals unter Druck geratene türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan geht in die Offensive: Angesichts der Verbreitung brisanter Telefonmitschnitte im Internet will er jetzt notfalls Internetplattformen verbieten. "Ich werde nicht zulassen, dass unsere Nation Facebook und YouTube geopfert wird", sagte Erdogan in einem am Donnerstagabend ausgestrahlten Interview des Privatsenders ATV.

Gefragt, ob er den Zugang zu Facebook und YouTube sperren wolle, antwortete der islamisch-konservative Premier mit einem klaren "Ja", dies sei durchaus denkbar. Nach der Kommunalwahl am 30. März "werden neue Maßnahmen in dem Bereich getroffen, darunter ein Verbot" von Internetplattformen, so Erdogan. Dann sprach er von "fremden Mächten", die diese Seiten nutzen würden, um "dem Land zu schaden".

Erdogan kein Freund von sozialen Medien
Erdogan macht schon seit Langem keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen die sozialen Medien und das Internet. So war YouTube bereits in der Vergangenheit für mehrere Monate in der Türkei gesperrt worden, weil es Videos gab, in denen Staatsgründer Kemal Atatürk beleidigt wurde. Auch die Videoplattform Vimeo war kürzlich für 24 Stunden gesperrt worden, weil in Videos Erdogans Sohn Bilal gezeigt wurde.

Die türkische Regierung hatte zudem erst vor Kurzem ein Gesetz beschlossen, wonach Inhalte im Internet ohne vorherige richterliche Zustimmung gesperrt werden dürfen. Gegen dieses Gesetz hatte es heftige Proteste gegeben - Präsident Abdullah Gül unterzeichnete es dennoch.

Jetzt dürfte dem Premier endgültig der Geduldsfaden gerissen sein, nachdem im Internet in den vergangenen Wochen mehrere Mitschnitte von mutmaßlichen entlarvenden Telefonaten aufgetaucht waren (siehe Story in der Infobox). In einem von ihnen ruft Erdogan seinen Sohn auf, große Geldsummen zu verstecken. Die Echtheit dieses Telefonats hat der Regierungschef bisher nicht bestätigt, die von anderen Gespräche indes schon - darunter eines, in dem er sich in die Auftragsvergabe für ein Kriegsschiff einmischte.

Premier ortet ausländische Verschwörung
Erdogan spricht von Fälschungen, die Teil einer Kampagne seien, um ihn zu diskreditieren und seine Regierung zu stürzen. Als Drahtzieher beschuldigt Erdogan seinen Rivalen, den in den USA lebenden Geistlichen Fethullah Gülen. Auf die Frage, ob die Türkei über Interpol eine Auslieferung Gülens beantragen könnte, entgegnete der Ministerpräsident in dem Interview am Donnerstag: "Warum nicht?"

Am 17. Dezember waren erstmals Korruptionsvorwürfe aufgetaucht und mehrere enge Vertraute Erdogans festgenommen worden. Mehrere Minister mussten daraufhin zurücktreten. Erdogan selbst bezeichnete die Vorwürfe immer wieder als ausländische Verschwörung und als "Putschversuch".

Rücktritt nach Niederlage bei Kommunalwahl?
Der Regierungschef kündigte überdies an, bei einer Niederlage seiner Partei AKP bei der Kommunalwahl Ende März zurückzutreten. Nach derzeitigen Umfragen ist die Position der AKP als stärkste politische Kraft im Land allerdings trotz des Skandals nicht gefährdet.

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