Leben in Luxus

BMW 750i: Butler mit Stil und Power

Motor
28.03.2009 19:09
Wer 150.000 Euro locker hat und damit nicht gerade eine Eigentumswohnung anzahlen möchte, sondern ein Auto kaufen, dem kann ich nur eines raten: Bestell dir einen BMW 750i, schöpfe in der Aufpreisliste der technischen Feinspitzschmankerl aus dem Vollen und freue dich des Lebens. Als Gegenwert gibt es eine Reisesänfte, einen großen Sportwagen und ein lässiges Statussymbol – und der Butler ist auch schon mit dabei. Irgendwie.
(Bild: kmm)

Der dienstbare Geist in Livree ist das Auto selbst, die Karosserie ist mindestens so edel wie das Outfit des Butlers, nur bei Weitem moderner. Die Dienstleistung fängt schon beim Öffnen der Türen an. Sie werden beinahe wie von Hand weich aufgefangen, ohne gestuftes Ruckeln, und bleiben sogar in einer abschüssigen Auffahrt offen. Fehlt nur noch, dass jemand bei der Ankunft fragt „Hatten Sie eine angenehme Reise?“

Das Butlerauto gibt alles: Es erkennt seinen Herrn (Keyless Go serienmäßig), achtet auf Verkehrszeichen und blendet Tempolimits ins Head-Up-Display ein, lässt die Handflächen vibrieren, wenn man die Spur zu verlassen droht, schaut mit Kameraaugen nach links und rechts, wenn man aus einer unübersichtlichen Einfahrt kommt (potentieller Lebensretter für querverkehrende Radfahrer auf Gehsteigen), nach hinten sowieso, öffnet selbsttätig die Kofferraumklappe (und versperrt beim Zuklappen auf Wunsch auch die Türen), wärmt oder kühlt die Ledersitze nach Bedarf, weist mit sympathischer (ähem, weiblicher) Stimme den Weg und übernimmt sogar den Job des Fahrers, falls gewünscht, was vor allem im Stau höchst angenehm ist (Abstandstempomat mit Stop-and-Go-Funktion funktioniert hervorragend).

Sari, Carl Lewis und der Durst
Im Normalfall wird man aber aufs Fahren nur höchst ungern verzichten, denn hier beginnt das Unterhaltungsprogramm. 407 PS leistet der 4,4-Liter-V8 mit den zwei Turboladern zwischen den Zylinderbänken, 600 Nm Drehmoment sind gefühlt immer und überall vorhanden (tatsächlich zwischen 1.750 und 4.500/min.). Der Motor läuft seidig wie der Sari einer indischen Schönheit, wirkt auch bei hoher Beanspruchung nie angestrengter als Carl Lewis mit Ruhepuls, ein Turboloch ist nicht einmal in Ansätzen vorhanden, die Kraftentfaltung ist gewaltig und geradezu unbarmherzig, wenn man es darauf anlegt. Nach einem Snowbordunfall kann ich bei voller Beschleunigung nicht einmal meinen Kopf aufrecht halten, ohne mich an der (aktiven) Kopfstütze anzulehnen! Auf dem Papier heißt das 0-100=5,2, bei 250 km/h wird wie üblich abgeregelt.

Die pure Kraft schlägt sich natürlich im Verbrauch nieder, trotz Effizienzmaßnahmen wie Rekuperation, bedarfsgerechte Steuerung von Nebenaggregaten und Leichtbau (die exzessive Verwendung von Aluminium spart 55 Kilo): Der Normverbrauch liegt bei 11,4 l/100 km, in der Praxis komme ich auf 15 bis 18 Liter. Und da ist nach oben auch noch Luft. Die 82 Liter im Tank sind also schnell verbraucht.

Das Fahren ist ein Traum für sich
Angesichts geballter Technik verkommt die Tatsache, dass der 750i satte 2 Tonnen wiegt, beinahe zu einem theoretischen Wert. Die „Dynamische Dämpfer Control“ mit „Fahrdynamik Control“, kurz das adaptive Fahrwerk lässt sich in vier Stufen vordisponieren, es denkt aber in jedem Fall auch noch selbst mit. „Normal“ ist schon sowas von unnormal gut, dass die Bezeichnung pures Understatement ist. „Comfort“ ist der Sänftenmodus, in dem nur ganz spitze Kanten im Straßenbelag zu spüren sind, alles andere geht runter wie Dämpferöl. Der Beifahrerin ist diese Einstellung zu schaukelig, dennoch fährt sich der große Münchner so präzise, dass man sogar mit Weichspülerfahrwerk so ambitioniert unterwegs sein kann wie in anderen Oberklasse-Fahrzeugen mit Sportfahrwerk. Die Stellung Sport ist selbsterklärend: Gasannahme, Fahrwerk, Lenkung, Automatik, alles geht augenblicklich in Habtacht und verschweißt den Fahrer mit der Straße, ohne ihm aber jedes Steinchen ins Kreuz zu hauen; ein gewisser Komfort bleibt auch in der Mucki-Stellung übrig. Die Top-Alert-Stufe heißt Sport Plus, ist zusätzlich konfigurierbar und schickt das ESP auf Urlaub.

Die Hinterräder lenken mit
Ein Teil der Wendigkeit und der Souveränität kommt sicher von der optionalen Allradlenkung. Bis 60 km/h lenken die Hinterräder bis zu 3 Grad mit, darüber lenken sie parallel zu den Vorderrädern und verlängern so virtuell den Radstand. Trotz 5,07 m Länge und 1,90 m Breite kann man sich so durchaus in Parkhäuser wagen.

In der Ruhe liegt die Kraft
Zu jedem Zeitpunkt passiert alles sehr sehr unaufgeregt und souverän. Im Inneren herrscht himmlische Ruhe, nicht mal das Geräusch von aufgeklaubtem Rollsplitt dringt aus den Radkästen ans Ohr. Der schönste Automatikwählhebel am Markt liegt wie ein Handschmeichler in der Hand. Herrlich, damit manuell sequentiell durch die sechs Stufen zu huschen (obwohl in Sport-Plus-Stellung eigentlich Schaltpaddles hinter dem Lenkrad ausklappen müssten). Die Materialien (Holz, Leder…) sind so vorzüglich ausgewählt, dass man sie ebenso gerne sieht wie anfasst.

Es gibt zwei Handschuhfächer: ein ganz normales und ein zweites (eher winziges) hinter einem edlen Holzzierteil, das auf Knopfdruck nach oben gleitet. Zu schließen ist es per Hand, und ich habe mich dabei ertappt, erwartet zu haben, dass es auf Knopfdruck automatisch zugleitet. So sieht Enttäuschung auf höchstem Niveau aus.

Das iDrive-Bediensystem wurde so grundlegend überarbeitet, wie es wohl noch nie passiert ist, was ihm gut getan hat. Es ist jetzt tatsächlich bedienbar, obwohl ich gestehen muss, dass ich manches noch immer recht lange suche. Für die wichtigsten Menüoberpunkte gibt es Direkttasten, Zifferntasten lassen sich mit Funktionen belegen, seien es Radiosender, irgendwelche Befehle oder der Aufruf des Bordhandbuches in digitaler Form von der Festplatte. Der Bildschirm misst 8,8“ und ist angenehm hochauflösend. Ein echter Gewinn ist, dass die Klimatisierungssteuerung komplett ausgegliedert wurde und nun ganz klassisch bedient wird. Vier Zonen – aber leider keine Mono-Schaltung.

Die Hauptinstrumente sind teils analog, teils digital dargestellt, wobei der digitale Teil analog wirkt. Hier werden nach Bedarf Informationen drübergeblendet, sodass man zum Beispiel immer Zugriff auf die Tracks der gerade gespielten CD hat.

Bei all der Perfektion in den inneren Werten muss eines noch ganz subjektiv gesagt werden: Der Siebener ist endlich ein schönes Auto! Er wirkt imposant, ohne zu dick aufzutragen, und sogar erstaunlich schlank durch die sich oberhalb der Lichtkante verjüngenden Karosserie. Sogar das Heck, bisheriger Schwachpunkt aller Siebener, wird zum Teil eines stilvollen Ganzen. Ungewöhnlich ist der Schnitt der Motorhaube, die konkav gezeichnet ist, wodurch in ungünstigen Momenten die Sonne über die Kante ins Auge des Fahrers blendet.

In Wahrheit fehlen mir nur zwei Dinge: dass der Butler für mich automatisch tankt und das Auto poliert. Irgendwas muss mich ja stören…

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil es einfach nicht besser geht – nur ganz anders.

Warum nicht?

  • Weil er neben meinem Ferrari und dem Rolls keinen Platz in der Garage hat – nein, im Ernst: der Kaufpreis des Testwagens in Höhe von 144.986,63 Euro ist mehr als nur eine Stange Geld (Einstiegspreis 730d: 79.100,--, 750i 109.950,--)

Oder vielleicht …

  • … doch die Wohnung?
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(Bild: kmm)



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