Katias Kolumne

Süße Wahlzuckerln, die schwer im Magen liegen

Österreich
20.09.2017 11:55

Knapp vier Wochen vor den Nationalratswahlen 2017 überschlagen sich die wahlwerbenden Parteien mit guten Vorschlägen und Forderungen, die man nun urplötzlich im Eiltempo umsetzen möchte. Frei nach dem Motto "Darf's ein bisserl mehr sein?" übertrumpfen sich sämtliche Parteien gerade im Verteilen von Versprechen und Wahlzuckerln, die zu schön klingen, um wahr zu sein.

So wurde in einem Anflug von plötzlicher Arbeitsmotivation kurzerhand in Windeseile noch eine deutliche Pensionserhöhung beschlossen und der Pflegeregress abgeschafft. Plötzlich scheint alles möglich. Auch wurden nun pünktlich vor der Wahl die lange in Vergessenheit geratene Wählergruppe der Mieter wiederentdeckt. Am Mittwoch hat die SPÖ ihr Mietrechtspaket im Parlament eingebracht, das einen gesetzlich geregelten Mietpreis inklusive Mietzinsbeschränkung vorsieht.

Der Wähler soll nun also auch in den Genuss einer Billigstmiete à la SPÖ-Parteizentrale kommen. Dass die Partei allerdings nicht mit gutem Beispiel vorangeht und mit sofortiger Wirkung die Mieten aller Wohnungen der roten Wohnbauträger auf Löwelstraßen-Niveau senkt, erhärtet den Verdacht, dass es sich bei dieser Forderung vielleicht doch nur um ein picksüßes Zuckerl aus dem Wahlkampfbauchladen handeln könnte. Viel leichter verdaulich wäre es nämlich, die bereits überhöhten und stetig steigenden Gebühren für Wasser, Müllabfuhr und Kanal zu senken. Aber dabei müsste man ja bei sich selbst einsparen und wer macht das denn schon gerne?

Gratis, gratis, gratis!
Weiters auf der roten Wunschliste an das steuerfinanzierte Christkind stehen auch noch der Gratis-Führerschein und die Gratis-Internatsbeherbergung für jeden Lehrling sowie der Wunsch nach Gratis-Mundhygienebehandlungen für alle Jugendlichen. Mit Speck fängt man eben Mäuse.

Im Zuge der steuergeldbezahlten Zahnreinigung sollte dann aber bitte auch darüber aufgeklärt werden, dass Wahlzuckerln faule Zähne verursachen und in der Masse ungesund sind. Letztendlich hat ja auch die anlässlich der Nationalratswahlen 2013 vom damaligen Gesundheitsminister, zwischendurch Verkehrsminister und jetzigem Sozialminister Alois Stöger vollmundig versprochene Gratiszahnspange für alle unter 18 Jahren bekannterweise so seine Haken gehabt.

Nach der Wahl ist vor der Wahl
Drei Tage vor der Wahl, am 12. Oktober 2017, findet die letzte Nationalratssitzung vor dem Urnengang statt. Es bleibt zu hoffen, dass dem Steuerzahler eine Wiederholung der historischen 19-stündigen Ratssitzung im Jahr 2008 erspart bleibt, bei der eine Woche vor der damaligen Nationalsratswahl undurchdachte, aber wahlkampfwirksame Beschlüsse fielen, die teilweise nach der Wahl aus Budgetgründen korrigiert oder komplett zurückgenommen werden mussten. In Summe kostete der jahrmarktähnliche Rausverkauf an Last-Minute-Beschlüssen bei der Nationalratssitzung 2008 den Steuerzahler rund 30 Milliarden Euro.

Auch wenn die süße Verlockung von Wahlzuckerln groß ist, sollte jeder wahlkämpfende Politiker stets bedenken: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Und die nächste Nationalratswahl kommt bestimmt.

Katia Wagner

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