Türkis-Blau einig:

Familienbeihilfe ins Ausland wird gekürzt

Österreich
04.01.2018 13:21

Es war eines der zentralen Wahlversprechen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Nun hat sich seine Regierung auf eine Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder geeinigt. Mit dieser Maßnahme will Türkis-Blau im Jahr rund 114 Millionen Euro einsparen. Der entsprechende Gesetzesentwurf soll nach der Regierungsklausur, die am Donnerstag und Freitag auf Schloss Seggau im südsteirischen Leibnitz stattfindet, in die Begutachtung geschickt werden.

Die ÖVP hatte sich schon in der rot-schwarzen Regierung für eine Anpassung an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land ausgesprochen, wegen EU-rechtlicher Bedenken wurde dies dann aber doch nicht umgesetzt. Nun soll eine EU-konforme Lösung gefunden werden - und zwar möglichst rasch. Laut den aktuellsten Daten aus dem Familienministerium - Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor - flossen 2016 in Summe 273 Millionen Euro Familienbeihilfe an im Ausland lebende Kinder. Insgesamt wurden Beihilfen für rund 132.000 Kinder in EU- und EWR-Staaten ausgezahlt.

Künftig sollen die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land, konkret die vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus, als Basis für die Höhe der Familienbeihilfe herangezogen werden. Die Gesetzesänderungen sollen noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden und mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Neben einer nationalen Regelung zur Indexierung der Transferleistungen ins Ausland will sich Österreich in Brüssel für eine gesamteuropäische Lösung einsetzen.

Brüssel will Kürzung auf Rechtskonformität überprüfen
Aus Brüssel hieß es am Donnerstag, man werde sich das Gesetz, sobald es vorliege, genau ansehen und auf EU-Rechtskonformität überprüfen. EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen hatte bisher argumentiert, dass die Indexierung "keine wesentliche Kosteneinsparung ergeben", aber "zu einem wesentlich höheren Verwaltungsaufwand" führen würde. Generell verlangte die EU-Kommission bisher gleiche Leistungen für gleiche Beiträge, auch bei Beihilfen. Thyssen hatte Österreich mehrmals vor einem Alleingang in Sachen Familienbeihilfe gewarnt. Nach geltender Gesetzgebung sei dies nicht zulässig, hatte sie erklärt.

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) wies Kritik zurück: "Man muss das ja auch aus der anderen Richtung sehen: Ist es fair, dass Kinder in Ländern, wo die Lebenserhaltungskosten viel geringer sind, viel, viel mehr bekommen als Kinder bei uns?“

Entlastung niedriger Einkommen
Gleichzeitig mit der Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder werden ÖVP und FPÖ bei ihrer Ministerratssitzung im Rahmen der Regierungsklausur im Schloss Seggau auch einen gemeinsamen Gesetzesvorschlag zur Entlastung niedriger Einkommen beschließen. Konkret geht es um die bereits vor Weihnachten angekündigte Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags. Einkommen bis zu 1948 Euro sollen von der Maßnahme profitieren. "Mit der Neuregelung können bis zu 900.000 Personen in einem Jahr entlastet werden. Im Jahresdurchschnitt profitieren rund 450.000 Menschen. Pro Person beträgt die Entlastung im Jahresdurchschnitt 311 Euro", heißt es im Vorschlag.

Bis 1648 Euro ist künftig kein Arbeitslosenversicherungsbeitrag zu bezahlen, von 1648 bis 1798 Euro ein Prozent, von 1798 bis 1948 zwei Prozent, darüber drei Prozent. Derzeit entfällt der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung für Arbeitnehmer nur bis zu einem Monatseinkommen von 1381 Euro, zwischen 1381 und 1506 fällt ein Prozent an, zwischen 1506 und 1696 Euro zwei Prozent, darüber drei Prozent. Die Neuregelung soll ab 1. Juli 2018 in Kraft treten. Für Arbeitgeber bleibt der Beitragssatz wie bisher unverändert bei drei Prozent. Die Entlastung beziehungsweise der Einnahmenausfall beträgt in Summe rund 140 Millionen Euro für ein volles Kalenderjahr und soll von der Gebarung Arbeitsmarktpolitik getragen werden.

Eine Klausur ganz im Zeichen des Sparkurses
Abgesehen von dieser Entlastung, die Steuergeld kostet, steht die Regierungsklausur ganz im Zeichen des Sparkurses. Geplant sind Einsparungen "im System" von rund 2,5 Milliarden Euro. Damit soll in den nächsten Jahren ein ausgeglichener Staatshaushalt erreicht werden. Gespart soll etwa in der Verwaltung und in den ausgegliederten Einheiten werden. Bei den direkten Verwaltungskosten ist laut Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) bis zu einer Milliarde Euro zu holen. Die Bundesförderungen in den Ministerien sollen um 190 Millionen Euro zurückgefahren werden, bei den ausgegliederten Einheiten - mittlerweile gibt es im Bund knapp 90 ausgegliederte Behörden - Einsparungen von bis zu 140 Millionen Euro gehoben werden, wenn zwei Prozent der Mehrausgaben mittel- und langfristig gekürzt werden. Bei den Mietkosten des Bundes wird mit einem Einsparungspotenzial von 50 Millionen Euro gerechnet. Weitere Einsparungen ergeben sich demnach durch das Aus für den Beschäftigungsbonus und die "Aktion 20.000"

Sparen will die neue Regierung auch bei den Personalkosten des Bundes. Nur jede dritte Planstelle soll nachbesetzt werden, hieß es zuletzt aus ÖVP und FPÖ. Dies war freilich schon in den vergangenen Jahren gängige Praxis. Seit 1999 ist der Personalstand des Bundes gesunken, wobei die Anzahl in den letzten Jahren weitestgehend stabil geblieben ist. Insbesondere für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und des Bildungsbereichs wurden 2016 1380 neue Mitarbeiter aufgenommen. Im Vergleich zu 1999 ist der Personalstand bei den Lehrern um gut zehn Prozent und bei der Exekutive um 4,3 Prozent angewachsen. Bei der Bildung und der Sicherheit wird die Regierung auch in Zukunft nicht sparen, wie ÖVP und FPÖ bereits im Vorfeld der Klausur betont hatten.

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