02.04.2008 15:01 |

Vor NATO-Gipfel

Russland warnt vor NATO-Osterweiterung

Unmittelbar vor Beginn des NATO-Gipfels in Bukarest ist US-Präsident George W. Bush auf Konfrontationskurs zu Russland gegangen, indem er eine rasche Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine in das Bündnis forderte. Egal, was Moskau denke, müsse die NATO "für alle europäischen Nationen offen sein". An die NATO appellierte Bush am Mittwoch in der rumänischen Hauptstadt, ihren Einsatz in Afghanistan mit ganzer Kraft fortzusetzen: "Wir dürfen Afghanistan nicht verlieren, koste es, was es wolle". Russland werde eine mögliche NATO-Osterweiterung "nicht unbeantwortet" lassen, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow unterdessen in Moskau.
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In der rumänischen Hauptstadt war für 18.00 Uhr MESZ der Beginn des dreitägigen Gipfeltreffens der NATO-Staats- und Regierungschefs geplant, bei dem die Erweiterung der Allianz im Mittelpunkt stehen sollte. Derzeit besteht das Militärbündnis aus 26 Staaten. Zu den 12 Gründungsmitgliedern (1949) gehören neben den USA Kanada, Großbritannien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Portugal, Italien, Norwegen, Dänemark und Island. 1952 traten die Türkei und Griechenland bei. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit 1955 Mitglied, 1990 erfolgte die Ausdehnung auf das wiedervereinigte Deutschland. Spanien trat 1982 bei. Die Osterweiterung wurde 1999 mit Tschechien, Polen und Ungarn eingeleitet. 2004 folgten Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien, Slowenien und die Slowakei.

Kroatien, Albanien und Mazedonien sollen auf dem Bukarester Gipfel eine Einladung zum Beitritt erhalten. Im Fall von Mazedonien droht dies jedoch wegen des Namensstreits am Veto Griechenlands zu scheitern. Griechenland wird nach den Worten von Außenministerin Dora Bakoyannis die Aufnahme Skopjes ohne Lösung des Namensstreits definitiv nicht zulassen. Athen widersetzt sich dem von seinem nördlichen Nachbarn geführten Staatsnamen und sieht darin einen möglichen territorialen Anspruch auf nordgriechische Gebiete. Skopje wurde 1992 unter der provisorischen Bezeichnung "Frühere Jugoslawische Republik Mazedonien" ("Former Yugoslav Republic of Macedonia"/FYROM) in die UNO aufgenommen.

Bush drängt auf rasche NATO-Osterweiterung
Bush sagte: "Hier in Bukarest müssen wir klar machen, dass die NATO das Streben Georgiens und der Ukraine nach einer NATO-Mitgliedschaft begrüßt." Russlands Präsident Wladimir Putin wird zum Abschluss des Gipfels am Freitag in Bukarest erwartet. Er sieht sowohl in einer NATO-Mitgliedschaft der beiden Ex-Sowjetrepubliken als auch in dem geplanten US-Raketenabwehrschild in Polen und Tschechien eine massive Provokation. Bush betonte, er werde mit Putin erneut über die US-Pläne beraten. Das System richte sich nicht gegen Russland. "Der Kalte Krieg ist vorbei. Russland ist nicht unser Feind." Aber der Iran sei eine "echte Bedrohung" für die Sicherheit in Europa.

Russland droht mit "klarer Antwort"
Russland beabsichtige, eine "klare Antwort" zu geben, meldete die Moskauer Nachrichtenagentur RIA-Nowosti unter Berufung auf Außenminister Lawrow. "Aber wir werden pragmatisch reagieren, nicht wie kleine Buben in der Schule, die sich kränken, wenn sie benachteiligt werden, die Tür zuschlagen und aus der Klasse rennen und irgendwo im Winkel zu weinen beginnen", sagte Lawrow am Mittwoch während der Fragestunde in der Staatsduma, dem Unterhaus des Parlaments. Beobachter erwarten, dass Moskau nach dem Kosovo-Vorbild die Unabhängigkeit der von Georgien abtrünnigen Teilrepubliken Abchasien und Südossetien anerkennen könnte, sollten die Georgier in Bukarest grünes Licht von der NATO erhalten. Bushs Erweiterungs-Position wird von westeuropäischen Bündnispartnern nicht geteilt. Deutschland und Frankreich sprachen sich einen Tag vor dem Gipfel deutlich gegen eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens und der Ukraine aus.

Stärkeres Afghanistan-Engagement gefordert
Bush forderte die Bündnispartner zu einem stärkeren militärischen Engagement in Afghanistan auf: "Unser Bündnis muss seine Entschlossenheit beibehalten und den Kampf zu Ende bringen". Er bat die Verbündeten, zusätzliche Truppen zu entsenden. Die vom Westen unterstützte Regierung des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai kontrolliert nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes CIA lediglich 30 Prozent des afghanischen Staatsgebiets. Der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatte am Dienstag Forderungen nach einer Ausweitung des deutschen Afghanistan-Einsatzes erneut abgelehnt.

Es bleibe bei der Obergrenze von 3.500 deutschen Soldaten, sagte Jung, der deutlich machte, dass sich Deutschland weiterhin auf die Sicherung des afghanischen Nordens konzentrieren werde. Einen Bundeswehreinsatz im umkämpften Süden lehnte der Minister wie schon vor ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel strikt ab. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte in der "Leipziger Volkszeitung", das Verhältnis zu Russland nach dem Kosovo-Konflikt nicht weiter zu belasten. Mit der Anerkennung der Kosovo-Unabhängigkeit seien die Europäer "im Verhältnis zu Russland ans Limit gegangen". Es dürfe nicht dazu kommen, dass man sich über die "Grenze der Beherrschbarkeit" im Umgang mit Moskau hinaus bewege.

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