Nach der Wahl

Reaktionen auf die Grazer Gemeinderatswahl

Steiermark
22.01.2008 10:54
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich hat sich mit dem Ergebnis der Grazer Gemeinderatswahl zufrieden gezeigt. Die Wähler hätten die islamfeindlichen Attacken der FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter nicht honoriert, sagte IGGiÖ-Präsident Anas Schakfeh am Montag. Auch die Stimmung unter den Muslimen habe sich weitestgehend beruhigt, auch wenn eine Minderheit ihren Unmut nach wie vor in der Öffentlichkeit zeigen wolle.

"Die Gesellschaft hat es verstanden", so Schakfeh zur Reaktion der Wähler auf Winters Aussagen. Die Meisten hätten von vorneherein registriert, wie die Attacken zu werten seien und sich mit den Muslimen solidarisiert. Nun will die IGGiÖ ihre "Charme-Offensive" fortsetzen. Gleich mehrere "Tage der offenen Tür" seien in österreichischen Moscheen und islamischen Einrichtungen geplant. Zu diesem Zweck sei eine eigene Kommission mit Vertretern der großen Dachverbände gegründet worden. "Wir müssen das flächendeckend machen", so Schakfeh.

Langjähriger FPÖ-Gemeinderat verlässt Partei
Der langjährige FPÖ-Mandatar im Grazer Gemeinderat, Alexander Lozinsek, gab am Montag offiziell seinen sofortigen Austritt aus der Freiheitlichen Partei bekannt. Lozinsek, der 15 Jahre in der Kommunalvertretung war, meinte: "Das war es nicht wert". Der von Spitzenkandidatin Susanne Winter geführte Wahlkampf habe "eine Geisteshaltung aufgezeigt, die sich mit meinen Werte-Vorstellungen nicht vereinbaren lässt und ich daher diese weder unterstützen noch mitragen kann und will".

Das Herabwürdigen anderer Rassen sowie Verbalattacken gegen eine staatlich anerkannte Weltreligion hätten mit freiheitlicher Politik nichts zu tun und in einer freiheitlichen Gesinnungsgemeinschaft auch nichts verloren, sagte Lozinsek, der nicht mehr für die kommende Legislaturperiode angetreten war. Die FPÖ sei nicht mehr jene Gesinnungsgemeinschaft, der er sich "nahezu 25 Jahre verbunden fühlte und der ich einmal mit voller Überzeugung beigetreten bin". Der Entschluss zum Austritt sei bereits seit Winters geäußerter These "zur Genetik von Menschen mit anderer Hautfarbe gereift. Endgültig fasste ich diesen nach dem Neujahrstreffen der FPÖ in Unterpremstätten".

Aus Rücksicht und vor allem Respekt vielen langjährigen freiheitlichen Weggefährten gegenüber setze er diesen Schritt aber erst einen Tag nach der Wahl. Er wünsche "all jenen verbliebenen echt Freiheitlichen in der FPÖ-Graz, dass sich diese im Wahlkampf offenbarte Geisteshaltung nicht durchsetzt", so Lozinsek. Bereits in der Vorwoche hatte die langjährige Klubobfrau Maxie Uray-Frick nach der Winter Rede ihren Austritt angekündigt. Uray-Frick war ebenfalls nicht mehr zur Wahl angetreten.

BZÖ will Überschneidungen nutzen
Mit der nun entstandenen Mehrheit rechts der Mitte wolle er Überschneidungen mit der ÖVP und der FPÖ bei den Themen Bettelverbot, Drogenpolitik und Wohnbau nutzen und umsetzen. Neben der Zusammenarbeit bei sachpolitischen Themen erhob Spitzenkandidat Gerald Grosz Anspruch auf den Vorsitz im Kontrollausschuss des Gemeinderats.

Über das Ergebnis von knapp 4,4 Prozent zeigte er sich äußerst zufrieden, auch wenn die von Parteichef Peter Westenthaler vor der Wahl angepeilten sieben Prozent nicht erreicht wurden. Nun wolle er mit den Vorbereitungen für die Landtagswahl 2010 beginnen, bei der abermals das Vorzugsstimmenmodell der Graz-Wahl angewendet werden soll. Die Äußerungen von Grosz kurz nach den umstrittenen Aussagen von Susanne Winter, wonach man nicht mit der FPÖ kooperieren wolle, relativierte der designierte Gemeinderat: Mit "vernünftigen" Freiheitlichen will man bei Sachthemen zusammenarbeiten, das schließe eine "bestimmte Freiheitliche" aus.

Grüne sehen "Abfuhr für Religionshetze"
Die Wiener Grünen sehen einen klaren Zusammenhang zwischen dem Erfolg der Grünen bei der Grazer Gemeinderatswahl und den umstrittenen FP-Aussagen im Wahlkampf. "Das Grazer Ergebnis ist eine eindeutige Abfuhr für Religionshetze und Ausgrenzung a la FPÖ", zeigte sich die Klubchefin der Wiener Grünen im Rathaus, Maria Vassilakou, am Montag in einer Aussendung überzeugt.

"Menschenverachtende Politik" dürfe nicht belohnt werden, betonte Vassilakou. Der konsequente Kurs der Grazer Grünen um Lisa Rücker - die für Menschenrechte, Klimaschutz und die Feinstaubbekämpfung eingetreten sei - habe die Grazer überzeugt. "Das ist ein großartiger Erfolg, wir Wiener Grüne gratulieren auf das Herzlichste", so Vassilakou.

"Mit der gestrigen Graz-Wahl wurden die Anti-Islam-Hetze und der Rassismus der FPÖ deutlich in die Schranken gewiesen", befand auch Alev Korun, die Menschenrechtssprecherin der Wiener Grünen. Dass die Grünen mit ihrer "klar antirassistischen Haltung" von den Wählern viel stärkeren Zuspruch bekamen als die FPÖ, beweise einmal mehr, dass den Hetzern "kein Millimeter" gewichen werden dürfe.

Buchinger: "Katastrophales Ergebnis"
Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) hat das Ergebnis der Grazer Gemeinderatswahl als "katastrophal" für die Sozialdemokraten und als "Weckruf inhaltlicher und personeller Art" bezeichnet. Am Rande einer Pressekonferenz am Montag meinte der Minister, möglicherweise habe dabei auch die Bundespolitik eine Rolle gespielt, da die Erfolge der Politik nicht ausreichend kommuniziert wurden.

Menschen, die von den Verbesserungen der Sozialpolitik profitieren, hätten ihre Vorteile vielleicht nicht erkannt und seien deshalb nicht zur Wahl gegangen, kommentierte Buchinger die Niederlage der SPÖ. Gerade im Bereich der Pflege habe der Regierungspartner die Probleme zu sehr in den Vordergrund gestellt.

Gusenbauer schweigt
Zum Debakel der SPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl hat es am Tag danach vom SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer keinen Kommentar gegeben. "Wir sprechen hier über Finanztransaktionen", sagte der Bundeskanzler nach einer Veranstaltung des Ökosozialen Forums Europa zur Besteuerung von Finanztransaktionen am Montag. Auf weitere Fragen gab er nur Kopfschütteln zur Antwort und stieg schnellen Schrittes in seine Limousine.

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