Die Bundesregierung hat am Sonntag mit einem Staatsakt der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa vor 71 Jahren gedacht. Der 8. Mai sei ein Tag des "Niemals vergessen", ein Tag des "Nie wieder", sagte Kanzler Werner Faymann in seiner Rede im Bundeskanzleramt. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner betonte die Notwendigkeit, aus der Geschichte zu lernen - und warnte angesichts des Erstarkens neuer nationalistischer Bewegungen vor einem "Auseinanderbrechen Europas".
"Gedenken heißt, die Dinge beim Namen zu nennen", sagte Faymann. Es gelte auszusprechen, was Europa und die Welt in die furchtbarste Krise seiner Geschichte - in den zweiten Weltkrieg "mit sechs Millionen ermordeten Menschen im Holocaust" - gestürzt habe. Gleichzeitig erinnerte Faymann an all jene Österreicher, die sich dem Nationalsozialismus entgegengestellt haben: "Zehntausende Menschen sind in den Widerstand gegangen - und Tausende haben dabei ihr Leben verloren. Der 8. Mai ist auch ein Tag, an dem wir uns an den Mut und an den aufrechten Gang erinnern."
Faymann: Frieden kein automatischer Dauerzustand
Faymann und Mitterlehner betonten die Notwendigkeit, aus der Vergangenheit die richtigen Schlüsse für Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Der Kanzler sagte, die Geschichte lehre, dass gesellschaftlicher Frieden kein Dauerzustand ist, "den man ohnehin nicht aus dem Gleichgewicht bringen kann".
Mitterlehner betont "Pflicht der Erinnerung"
Auch Vizekanzler Mitterlehner gemahnte an die "Pflicht der Erinnerung" und die Verantwortung des "Nie wieder". Gleichzeitig betonte er die notwendigen Schlüsse, die aus diesen Erfahrungen zu ziehen sind: "Gedenkfeiern sind wichtig. Noch wichtiger ist es meines Erachtens, aus den Erfahrungen von 1945 zu lernen und die richtigen Konsequenzen zu leben."
Warnung vor Polarisierung der Gesellschaft
Mitterlehner nahm auch auf aktuelle Geschehnisse Bezug: Mit Blick auf die Flüchtlingsbewegungen warnte der Vizekanzler vor einer Polarisierung der Gesellschaft. Denn diese habe zu einer der größten Menschenrechtsverletzungen der Geschichte geführt. "Diese Gefahr haben wir auch heute noch." Daher gelte es zu lernen, miteinander zu leben, nicht gegeneinander, bemühte er ein Zitat des CDU-Politikers Richard von Weizsäcker.
"Europa droht auseinanderzubrechen"
Der ÖVP-Chef unterstrich diesbezüglich auch die friedensstiftende Funktion der Europäischen Union, denn: "Nationalismen sind gefährlich, sie sind Grundlage für Auseinandersetzungen und Krieg." Die EU sei ein "Friedenskonzept", das "Gegenkonzept zum Krieg". Doch drohe Europa derzeit auseinanderzubrechen, es bestehe die Gefahr, dass die Mitgliedsstaaten nicht solidarisch, sondern nationalistisch agierten.
Replik auf Straches Südtirol-Aussagen
Mitterlehner nahm auch auf aktuelle Aussagen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Bezug, der jüngst für eine Wiedervereinigung von Süd- und Nordtirol eingetreten war: "Es ist nicht die Frage, ob sich Südtirol und Nordtirol zusammenschließen. Es geht nicht um Zusammenschließen, es geht um Zusammenleben."
In diesem Zusammenhang meldete sich am Sonntag übrigens auch Tirols Landeshauptmann Günther Platter zu Wort. "Südtirol und der Brenner dürfen nicht zum Spielball im Wahlkampf werden. Gerade in einer Zeit, in der ganz Europa um gemeinsame Lösungen ringt, ist es unverantwortlich, durch unüberlegte Wortmeldungen und aggressive Rhetorik weiter Öl ins Feuer zu gießen", kritiserte er Straches Aussagen.
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