Horror-Unwetter

Erstarrt vor Angst: “Wir beteten Vater unser!”

Tirol
08.06.2015 21:01
Beim "Krone"-Lokalaugenschein in Sellrain zeigten sich Betroffene angesichts der Naturgewalten fassungslos. Etwa fünf Stunden lang – zwischen 21 Uhr abends und 2 Uhr Früh – tobten die Naturgewalten. Der Starkregen wollte einfach nicht aufhören, ununterbrochen zuckten Blitze am Himmel.

"Gegen 23 Uhr rumpelte die Melach immer lauter und stieg und stieg", erzählt Benedikt Motz. Er wollte seiner Mutter (86) zu Hilfe kommen, die im kleinen Lebensmittelgeschäft in Ufernähe arbeitet und dort im ersten Stock wohnt.

86-Jährige von Nachbarn aus dem Haus getragen

"Nachbarn hatten sie schon aus dem Gebäude getragen. Gott sei Dank, denn plötzlich kam das braune Wasser im Gang daher." Gestern standen Wasser und Schlamm in den Räumen – großes Aufräumen.

"Plötzlich kam es wie eine riesige Welle"

Etwas weiter flussabwärts wohnt Andreas Haider mit seiner Familie in zwei Häusern: "Es kam wie eine riesige Welle", erinnert er sich an die schauderhaften Minuten, "mein Sohn betete mehrere Vater unser".

Die Feuerwehr bewahrte angesichts der sich anbahnenden Katastrophe kühlen Kopf und hielt Menschen von den Ufern fern, später folgten die ersten Evakuierungen. Andreas Haider verbrachte die Nacht im Gasthof Neuwirt, 23 andere beim Roten Kreuz in Oberperfuss.

Drama um Tiere auf einem Bauernhof

Eines der am schlimmsten betroffenen Gebäude ist ein Bauernhof flussaufwärts des Ortszentrums. Dort ist der ganze Talboden eine einzige Wüste aus riesigen Steinen, Geröll, Schlamm und Holz. "Zehn Kühe starben, nur drei überlebten", erzählten Nachbarn. Die Bauernfamilie entging im ersten Stock dem Schlimmsten. Pech: Eigentlich wollte man Sonntag mit den Tieren auf die Alm fahren, was dann doch verschoben wurde. Mit dem Ausfliegen der Kadaver wurde sofort begonnen.

Unweit des Hofes befindet sich auch jene verhängnisvolle Stelle, wo der stark angeschwollene Seigesbach in die Melach mündet und diese aus dem ursprünglichen Bett drückte. Beim Melach-Pegel der Tiwag in Kematen wurde die hundertjährige Hochwassermarke kurzzeitig um mindestens 40 Zentimeter überschritten.

Weiterer Regen droht, Bundesheer kommt

Keine Entwarnung bietet der ZAMG-Wetterbericht: Heute droht ein regnerischer Tag, Gewitter gibt es eher keine mehr. Doch viele Berghänge sind voll mit Wasser, können abrutschen. Und gestern Nachmittag begann es – unter anderem im Sellrain – erneut stärker zu regnen. Da lagen die Nerven blank. Helfen sollen in See und Sellrain nun 300 Bundesheer-Soldaten.

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