Mafia-Prinzip im Kreml

Historikerin warnt vor brüchiger Macht in Russland

Ausland
25.12.2025 22:17

Russlands Macht wirkt nach außen fest gefügt – doch im Inneren könnte sie deutlich fragiler sein, als viele glauben. Ausgerechnet der Vergleich mit der untergegangenen Sowjetunion offenbart nach Ansicht einer renommierten Historikerin eine Schwachstelle, die das gesamte System ins Wanken bringen könnte.

Nach Einschätzung der russischen Bürgerrechtlerin und Historikerin Irina Scherbakowa ist das heutige Russland unter Präsident Wladimir Putin weniger stabil als die späte Sowjetunion. Damals habe es zwar ein ideologisch erschöpftes und unglaubwürdiges System gegeben, jedoch klare Strukturen für Partei, Staat und Verwaltung. Diese festen Regeln fehlten im heutigen Russland, so Scherbakowa.

Besondere Verwundbarkeit
Putins Herrschaft folge einem autoritären System, das nach dem „Mafia-Prinzip“ organisiert sei, erklärte die Mitbegründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial gegenüber ntv. Alles hänge an einer einzelnen Person, so Scherbakowa. Dadurch entstehe eine besondere Verwundbarkeit: Sollte Putin ausfallen, könne das gesamte Gefüge rasch ins Rutschen geraten.

Für all das Leid in der Ukraine ist in erster Linie Wladimir Putin verantwortlich. Der gibt sich ...
Für all das Leid in der Ukraine ist in erster Linie Wladimir Putin verantwortlich. Der gibt sich nach außen hin stark, nach innen dürfte er aber verletzlich sein.(Bild: AFP/OLEG PETRASIUK)

Russland hat noch erhebliche Ressourcen
Einen schnellen Zusammenbruch des Systems erwartet Scherbakowa dennoch nicht. Trotz des seit fast vier Jahren andauernden Angriffskriegs gegen die Ukraine verfüge der Staat weiterhin über erhebliche Ressourcen. Vor allem der Sicherheitsapparat sei sehr stark und stabilisiere die Macht, so die 76-Jährige weiter.

Ein zentrales Element von Putins Herrschaft sei zudem die gezielte Deutung der Geschichte. Scherbakowa kritisiert eine staatlich gelenkte Verklärung einer angeblich heroischen Vergangenheit. Memorial setze dem – trotz des Verbots der Organisation in Russland im Jahr 2021 – weiterhin die Aufarbeitung politischer Repressionen und von Widerstand entgegen.

Exil verändert Arbeit von Organisation
Die Arbeit der Menschenrechtsorganisation habe sich durch das Exil verändert. Scherbakowa selbst verließ Moskau kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs und ist heute Vorsitzende des Vereins Zukunft Memorial in Deutschland. Memorial verfüge über das größte nichtstaatliche Archiv zur politischen Verfolgung in der Sowjetunion, zum Lagersystem sowie zu Kriegen in Tschetschenien und Georgien.

Dieses Archiv mit mehreren Millionen erfassten Namen und Hunderttausenden Dokumenten soll weiter digitalisiert werden. Zusätzlich ist eine mehrsprachige Multimedia-Plattform geplant. Das Projekt mit dem Namen „Lanterna“ will Einzelschicksale aus der Geschichte des sowjetischen und russischen Staatsterrors besonders für ein junges Publikum zugänglich machen.

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