Nach dem Wirbel rund um saftige Gagenerhöhungen ist der unter Druck geratene Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer am Montag in die Offensive gegangen. Das Lohnplus in der Kammer solle künftig überarbeitet und die Funktionärsbezüge vom Rechnungshof beäugt werden, betonte Mahrer. Er selber bleibe WKO-Chef, trete aber als Präsident der Nationalbank zurück. Seine politischen Gegner schossen prompt zurück.
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sagte bei einer Pressekonferenz am Montag, dass die WKO-Sitzung, bei der Mahrer am Sonntag das Vertrauen ausgesprochen worden sei, keine offizielle Sitzung gewesen sei. Es habe sich lediglich um „eine freiwillige Zusammenkunft von ÖVP-Granden, nicht aber um eine offizielle Gremialsitzung der Wirtschaftskammer“ gehandelt.
„Das ist das System ÖVP“
„Das Maß ist voll: Die ÖVP-Granden zeigen keine Einsicht, sondern wollen sich auf Kosten der Unternehmer mit Gehaltserhöhungen selbst bereichern. Das ist das System ÖVP“, kritisierte Schnedlitz.
FPÖ: „Das macht Mahrer untragbar“
Es gehe den Freiheitlichen nicht um die 4,2 Prozent, um die die Gehälter von WKO-Mitarbeitern steigen sollen. Es gehe um Mahrers „21 Prozent“ mehr und die Gagen für Länderchefs und -vizes, die „um 50 bis teilweise 100 Prozent“ steigen sollen. Mahrer halte gemeinsam mit den Ländervertretern daran fest, während er behaupte, offen und transparent zu kommunizieren. „Das macht Mahrer untragbar.“ Die Pläne müssten aufgegeben werden, forderte Schnedlitz. Die WKO hatte zuvor die Erhöhungen mit jahrelang nicht erfolgten Steigerungen argumentiert.
Mahrers Doppelbezug ist wohl doch nicht ganz so sauber.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz
Bild: APA/HANS KLAUS TECHT
Blauer General fordert auch Mahrers Rücktritt aus WKO
Zudem habe der Rückzug von Mahrer aus der Nationalbank (OeNB) nichts mit der aktuellen Gagendebatte zu tun. Vielmehr habe Mahrer am Montag die WKO-Infrastruktur für seine Rückzugserklärung aus der Notenbank missbraucht. „Der Doppelbezug ist wohl doch nicht ganz so sauber“, spielte Schnedlitz auf Mahrers kombinierte Gehälter aus WKO und OeNB an, die sich der Rechnungshof bald anschauen wolle und die Mahrer als gerechtfertigt verteidigte. Für Schnedlitz sei der Rücktritt aus der Nationalbank zu wenig. Der blaue General forderte auch Mahrers Rückzug aus der Wirtschaftskammer.
Grafik: So viel cashen die WKO-Landeschefs ab
Grüne: „Vertrauen in die Institution weiter geschwächt“
Scharfe Kritik an Mahrer kam am Montag auch von der Grünen Wirtschaft. „Die Debatte um Gehälter und die unzureichende Kommunikation der Kammerleitung haben das Vertrauen in die Institution weiter geschwächt“, hieß es in einer Aussendung. Bereits die deutlich gesunkene Wahlbeteiligung bei den Wirtschaftskammerwahlen im März hätten gezeigt, „dass die Akzeptanz und das Vertrauen der Unternehmer weiter abnehmen“.
Appell an ÖVP-Wirtschaftsbund
Nun sei der Zeitpunkt, diesen Trend umzukehren. „Die Kritik sollte zum Anlass genommen werden, längst fällige Reformen in der WKO anzugehen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund muss das Mauern beenden und gemeinsam mit allen Fraktionen in einem offenen Prozess die Kammer zu einer modernen Interessenvertretung weiterentwickeln. Nur so kann wieder Akzeptanz hergestellt und Vertrauen zurückgewonnen werden“, betonte Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft.
Der ÖVP-Wirtschaftsbund muss das Mauern beenden und gemeinsam mit allen Fraktionen in einem offenen Prozess die Kammer zu einer modernen Interessenvertretung weiterentwickeln.
Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft
Die Grüne Wirtschaft fordert zudem eine Reform der Wirtschaftskammerwahlen sowie der Kammerfinanzierung und der Wählergruppenfinanzierung. Alle Anträge sollen im Wirtschaftsparlament am 27. November gesammelt eingebracht werden.
„Kosmetische Korrekturen genügen nicht“
In dieselbe Kerbe schlugen auch die NEOS-Vertreter in der WKO (UNOS).„Kosmetische Korrekturen genügen nicht. Wenn die Wirtschaftskammer ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen will, braucht es tiefgreifende strukturelle Reformen – und zwar jetzt“, fordert Bundessprecher Michael Bernhard. Die von Mahrer angekündigten Maßnahmen seien für ihn erste Ansätze, würden aber die zentralen Probleme („strukturelle Probleme, Intransparenz und ein System, das an den Bedürfnissen seiner Mitglieder vorbeigeht“) nicht lösen.
Wir wollen, dass die Wirtschaftskammer wieder das wird, was sie sein sollte: eine starke, moderne und glaubwürdige Vertretung ihrer Mitglieder.
UNOS-Bundessprecher Michael Bernhard
„Jetzt ist die Zeit, die Weichen richtig zu stellen“
„Die Unternehmer in diesem Land brauchen Unterstützung und Entlastung – keine Schlagzeilen über Privilegien und Posten“, betonte Bernd Hinteregger, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SWV).
Seiner Meinung nach komme es nun auf klare Strukturen und transparente Entscheidungen an: „Jetzt ist die Zeit, die Weichen richtig zu stellen – für Fairness, klare Strukturen und eine Wirtschaftskammer, die stark an der Seite ihrer Mitglieder steht.“ Positiv bewertet Hinteregger die angekündigte Rechnungshof-Prüfung.
Die Unternehmer in diesem Land brauchen Unterstützung und Entlastung – keine Schlagzeilen über Privilegien und Posten.
Bernd Hinteregger, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Österreich
AK-Präsidentin wortkarg
Arbeiterkammer-Präsidentin Brigitte Anderl hingegen ging zur Gehaltsdebatte in der WKO nicht ein. Sie bezog sich rein auf Mahrers Rückzug aus OeNB. „Ich akzeptiere den Schritt. Die OeNB trägt hohe Verantwortung für die österreichische Volkswirtschaft. Ich bin überzeugt davon, dass Ingrid Reischl als hochkompetente Vizepräsidentin auch weiterhin Stabilität in der Nationalbank garantiert“, so Anderl. Und die ÖVP? Die will das Thema – wenig überraschend – bei der Kammer belassen. Man hat auch so schon genug Sorgen ...
Ich akzeptiere den Schritt.

AK-Präsidentin Renate Anderl über den Rückzug Mahrers aus der Nationalbank
Bild: Sebastian Philipp
WKO-Lohnerhöhung deutlich über der Inflation
Seit Tagen steht Mahrer wegen der vergleichsweise üppigen Gehaltsanpassungen von 4,2 Prozent (über Inflation) in der Wirtschaftskammer in der Kritik. Schlussendlich gerieten aber auch die teils massiven Gehaltserhöhungen bei Landeskammerpräsidenten in die Kritik.
Mahrer erhält 28.500 Euro brutto im Monat
Aber auch der Verdienst Mahrers sorgte für Diskussionen über die Angemessenheit. Der 52-Jährige ist Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (15.158 Euro/Monat), Präsident des Wirtschaftsbundes (6000 Euro/Monat) und Präsident des Generalrates der Nationalbank (7330 Euro/Monat Aufwandsentschädigung). Der Rechnungshof kündigte an, diese Mehrfachbezüge im kommenden Jahr prüfen zu wollen.
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