Nach dem Wirbel rund um die saftigen Lohnerhöhungen in der Wirtschaftskammer ist es am Sonntag zu einem internen Krisentreffen gekommen. Der 52-jährige Präsident Harald Mahrer, der schwer unter Druck geraten ist, hielt am Montagvormittag eine Pressekonferenz ab, in der er über die Ergebnisse des Gipfels berichtete (siehe Video oben). Parallel dazu zog er eine erste – überraschende – persönliche Konsequenz ...
Montagvormittag, 12. Stock in der Wirtschaftskammer. Traumhafter Blick über Wien in der Christoph-Leitl-Lounge. Sein Nachfolger Harald Mahrer als WKO-Präsident hat etwas zu verkünden. Vor allem in eigener Sache. Zuletzt gab es Riesenaufregung um die Gehaltserhöhungen in der Kammer und die fetten Salärs von Spitzenfunktionären. Und dies alles in Sparzeiten. Um 11.07 Uhr erschien der Präsident, die unzähligen Kameras klickten.
Mahrer verweist auf Fehlerkultur in der Wirtschaft
„Ich verstehe, dass die Diskussionen große Emotionen geweckt haben. Ich höre und spüre die Kritik – und sie geht mir auch sehr nahe. Ich nehme das sehr ernst. Bei uns in der Wirtschaft gibt es etwas, das ist sehr ausgeprägt. Das nennt sich Fehlerkultur“, betonte Mahrer in seinem Eingangsstatement.
Ich verstehe, dass die Diskussionen große Emotionen geweckt haben. Ich höre und spüre die Kritik – und sie geht mir auch sehr nahe.
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer
Mahrer stellte Vertrauensfrage
Der Gipfel mit den Präsidenten der Wirtschaftskammer sowie der neun Landeskammern am Sonntag fand laut Mahrer auf seinen Wunsch statt und sei sehr konstruktiv verlaufen. Er habe die Vertrauensfrage gestellt und alle Anwesenden hätten ihm das Vertrauen ausgesprochen. Mahrer: „Die Antworten waren eindeutig und positiv.“ Die Anwesenden hätten aber „gewisse Reformen“ eingefordert.
Mahrer gibt Posten in Nationalbank auf
Danach ließ der 52-Jährige mit einer ersten persönlichen Konsequenz aufhorchen: „Ich habe mich entschieden, meine Position in der Nationalbank aufzugeben!“ Es werde „zeitnah“ eine saubere Übergabe geben. Der Zeitpunkt für den Abgang sei ohnehin ideal, verwies der Ex-PR-Unternehmer auf die neuen Personalia in der Nationalbank (OeNB). „Es war mir eine große Ehre und Freude. Ich sage aber auch: Manche, die geglaubt haben, dass ich jetzt leiser werde, muss ich enttäuschen. Ich werde weiter laut bleiben.“
Mahrer bleibt WKO-Präsident und Wirtschaftsbund-Chef
Es gehe bei seinem Ausscheiden aus der Nationalbank nicht um das Salär, auch wenn die Gagenkumulation stark in der Kritik stand, sondern um „den Fokus auf die Aufgabe“ in der WKO. Es gehe darum, „keine halben Sachen“ zu machen. Wirtschaftskammerpräsident und Chef der ÖVP-Teilorganisation Wirtschaftsbund bleibt Mahrer.
Manche, die geglaubt haben, dass ich jetzt leiser werde, muss ich enttäuschen. Ich werde weiter laut bleiben.
Harald Mahrer
So geht es in der WKO weiter
Welche Konsequenzen wird es aber in der WKO nach dem Gagenaufreger geben? Mahrer: „Wir haben drei Aufgabenfelder identifiziert. Wir werden Belegschaftsvertreter einladen, die eine systematische Anpassung der Gehälter überprüfen sollen. Es geht um Wahrnehmung und Vertrauen.“
Ziel sei es, die neue Berechnung schon kommendes Jahr für die Gehaltserhöhung 2027 anzuwenden. Die aktuell verwendete Formel, die heuer zu einer Erhöhung um 4,2 Prozent geführt hat, während viele Betriebe KV-Erhöhungen unter der Inflation vereinbart haben, habe sich als „nicht krisenresistent“ erwiesen.
Punkt zwei betreffe die Funktionärsentschädigung. „Unser Wunsch ist eine neue Systematik, die auch vom Rechnungshof geprüft werden soll.“ Das System stehe laut Mahrer seit vielen Jahren in der Kritik. „Wir stellen uns transparenter Kritik.“
Strukturen und Leistungen werden geprüft
Als dritten Punkt wolle man die Strukturen und Leistungen in der WKO auf den Prüfstand stellen. „Wir wollen besser und wirksamer werden, die Leistungen auf ein neues Level heben. Wir müssen spürbar gemeinsam anpacken, um aus der Wirtschaftskrise herauszukommen. Die Wirtschaft stärken – das war und ist mein Hauptziel.“ Mahrer hofft, dass sich die WKO künftig wieder wichtigeren Angelegenheiten widmen kann.
Ich werde es nicht zulassen, dass diejenigen, die in den letzten Jahren gegen das System Österreich gewettert haben, nun die Profiteure dieser Diskussionen sind.
Harald Mahrer
Ihm zufolge werde es immer Kritiker geben, weil es Leute gebe, die die Sozialpartnerschaft nicht wollen. „Ich bleibe hier unbeugsam und werde dafür kämpfen.“
Kammerumlage wird allenfalls später einmal gesenkt
Auf Fragen zu einer Senkung der Kammerumlage verwies Mahrer auf eine Verringerung um 30 Mio. Euro mit Anfang 2024. Es sei auch nicht ausgeschlossen, „dass wir so einen Schritt wieder machen werden“, aber noch werde die vorige Reform abgearbeitet. Die immer wieder kritisierten Rücklagen in Milliardenhöhe seien teilweise zweckgewidmet, „das ist nicht Geld, das man einfach so ausgeben kann“.
WKO-Lohnerhöhung deutlich über der Inflation
Seit Tagen steht Mahrer wegen der vergleichsweise üppigen Gehaltsanpassungen von 4,2 Prozent (über Inflation) in der Wirtschaftskammer in der Kritik. Am vergangenen Mittwoch hatte Mahrer anfangs noch von einer Reduzierung des angedachten Plus für die Mitarbeitenden gesprochen – später relativierte er allerdings seine Angaben. So war zunächst von einer Halbierung auf 2,1 Prozent die Rede, tatsächlich gibt es aber nur im ersten Halbjahr gar keine Erhöhung, im zweiten dafür eine von 4,2 Prozent. Damit ist der Ausgangswert für das Jahr darauf deutlich höher, als er es bei 2,1 Prozent für das ganze Jahr 2026 gewesen wäre.
Alle Beträge sind brutto und werden monatlich, 12-mal jährlich, ausgezahlt. Die Erhöhung bezieht sich auf 2024.
Wirtschaftskammer Österreich
Präsident: 15.158,60 Euro (+21 Prozent)
Vizepräsident (gewählt): 7.579,30 Euro (+27 Prozent)
Wirtschaftskammer Wien
Präsident: 14.075,82 Euro (+21 Prozent)
Vizepräsident (gewählt): 7037,91 Euro (+62 Prozent)
Wirtschaftskammer Burgenland
Präsident: 10.827,55 Euro (+55 Prozent)
Vizepräsident: 3789,65 Euro (+63 Prozent)
Wirtschaftskammer Niederösterreich
Präsident: 14.075,82 Euro (+51 Prozent)
Vizepräsident: 7037,91 Euro (+102 Prozent)
Wirtschaftskammer Steiermark
Präsident: 10.827,55 Euro (+55 Prozent)
Vizepräsident: 4926,54 Euro (+41 Prozent)
Wirtschaftskammer Kärnten
Präsident: 6976,50 Euro (+0 Prozent)
Vizepräsident: 2325,40 Euro (+0 Prozent)
Wirtschaftskammer Oberösterreich
Präsident: 9853,07 Euro (+41 Prozent)
Vizepräsident: 4926,54 Euro (+41 Prozent)
Wirtschaftskammer Salzburg
Präsident: 10.394,99 Euro (+49 Prozent)
Vizepräsident: 3464,06 Euro (+49 Prozent)
Wirtschaftskammer Tirol
Präsident: 10.394,40 Euro (+49 Prozent)
Vizepräsident: 3.464,80 Euro (+62 Prozent)
Wirtschaftskammer Vorarlberg
Präsident: 6976,50 Euro (+15 Prozent)
Vizepräsident: 2325,40 Euro (+15 Prozent)
Mahrer stoße laut Beobachtern innerhalb von Teilen der Unternehmerschaft immer wieder und vor allem nunmehr auf Skepsis. Kritik am früheren Wirtschaftsminister und Präsident des ÖVP-Wirtschaftsbundes kam übers Wochenende auch von Parteifreunden sowie Länderkammerpräsidenten. Ein Rücktritt Mahrers stand Insidern zufolge ebenfalls im Raum.
Aufregung auch um saftige Gehaltserhöhungen bei Landeskammerchefs
Schlussendlich gerieten aber auch die teils massiven Gehaltserhöhungen bei Landeskammerpräsidenten in die Kritik. So wurde etwa die Entschädigung von Tirols Präsidentin Barbara Thaler von 6400 auf 10.000 Euro angehoben. Im kommenden Jahr wird es allerdings laut Mahrer keine Erhöhung der Entgelte für die Spitzenkämmerer geben.
Mahrer schließt Senkung der Kammerumlage aus
Die aktuelle Empörung rührt vor allem daher, dass die Wirtschaftskammer häufig in KV-Verhandlungen Lohnzurückhaltung fordert. So lag etwa der Abschluss der Metaller, der als Richtschnur für andere Branchen gilt, deutlich unter der Inflation.
Mahrer erhält 28.500 Euro brutto im Monat
Der Verdienst Mahrers sorgte ebenfalls für Diskussionen über die Angemessenheit. Mahrer ist Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (15.158 Euro/Monat), Präsident des Wirtschaftsbundes (6000 Euro/Monat) und Präsident des Generalrates der Nationalbank (7330 Euro/Monat Aufwandsentschädigung). „Das ergibt unter dem Strich 28.500 Euro brutto. Zwölfmal im Jahr. Ja, das ist viel Geld“, gibt Mahrer offen zu. „Aber das ist auch sehr viel Verantwortung und persönliche Haftung.“ Der Rechnungshof kündigte an, diese Mehrfachbezüge im kommenden Jahr prüfen zu wollen.
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