Trotz einer klaren Absage der übrigens EU-Mitgliedsländern drängt Österreich in Brüssel weiterhin auf eine Entschädigung für die Raiffeisen Bank International (RBI), die in Russland Milliardenverluste erlitten hatte. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) warnte im Vorfeld des EU-Gipfels vor einer Schlechterstellung gegenüber Oligarchen und verlangt eine „vernünftige und faire Lösung“ für die RBI.
„Es wäre verwunderlich, wenn wir eine europäische Firma, ein Unternehmen aus Europa, aus Österreich, schlechter stellen als einen russischen Oligarchen im Einflussbereich von Wladimir Putin“, betonte Stocker am Donnerstag bei seiner Ankunft in Brüssel.
„Nicht nachvollziehbar“
Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, dass Sanktionen, die Druck auf Russland für Friedensverhandlungen mit der Ukraine ausüben sollten, einen russischen Oligarchen zweimal bevorteilen würden, einmal durch eine Geldzahlung und ein anderes Mal dadurch, dass er Gesellschaftsanteile behalten dürfe. „Das kann ja nicht der Sinn sein“, so Stocker.
„Viele Fragen offen“ zu russischen Vermögen
Bei der Nutzung eingefrorener russischer Vermögen für die Ukraine seien derzeit „viele Fragen noch offen“, so Stocker. „Wir brauchen ein taugliches Rechtskonstrukt.“ Auch die Risiken müssten abgewogen werden. Sorgen gebe es vor allem in Belgien. „Was die RBI anbelangt, habe ich diese Sorge als österreichischer Bundeskanzler, dass hier vielleicht nicht in allen Dimensionen diese Frage schon beurteilt und betrachtet wurde.“
„Was die RBI anbelangt, habe ich diese Sorge als österreichischer Bundeskanzler, dass hier vielleicht nicht in allen Dimensionen diese Frage schon beurteilt und betrachtet wurde.
Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP)
Stocker begrüßt US-Sanktionen gegen russische Ölindustrie
Stocker begrüßte die jüngsten US-Sanktionen gegen die russische Ölindustrie. „Es ist ein Schritt, um Putin an den Verhandlungstisch zu bringen“, sagte der Kanzler. Man habe gesehen, dass bisherige Schritte nicht ausgereicht hätten, um einen Sinneswandel bei Russlands Präsident Wladimir Putin für ernsthafte Friedensverhandlungen herbeizuführen.
RBI: Stocker kämpft allein auf weiter Flur
Forderungen Österreichs nach einer Ausnahme für die RBI wurden von keinem der anderen EU-Länder unterstützt. Hintergrund ist die Forderung der RBI, dass sanktionsrechtlich eingefrorene Aktien des österreichischen Baukonzerns Strabag im Wert von rund zwei Milliarden Euro, die derzeit im Besitz der russischen Firma Rasperia stehen, freigegeben werden sollen, damit sie an Raiffeisen übertragen werden können. Österreich wollte aber das Sanktionspaket gegen Russland „im Sinne des Größeren“ nicht aufgrund der RBI-Forderungen blockieren, wie es im Vorfeld des Gipfels aus Diplomatenkreisen hieß.
RBI muss über zwei Milliarden Euro zahlen
Zum Ende des zweiten Quartals 2025 verfügte die Raiffeisen Bank Russland über ein Eigenkapital von mehr als 5,3 Milliarden Euro und betreute rund drei Millionen Kunden. Doch im Jänner traf sie ein schwerer Rückschlag: Ein russisches Gericht verpflichtete die Bank, über zwei Milliarden Euro Schadenersatz an die Investmentgesellschaft Rasperia Trading zu zahlen. Wie Raiffeisen Euronews schriftlich mitteilte, geht es in dem Streit um die Strabag, ein österreichisches Bauunternehmen. Sowohl Rasperia als auch Raiffeisen Niederösterreich/Wien sind daran beteiligt. Wien drängt darauf, Raiffeisen für Verluste zu entschädigen, die auf die Sanktionen gegen Russland zurückgehen – ein Schritt, der in Brüssel als gefährlicher Präzedenzfall gilt.
Grüne kritisieren Stocker: „Argument ist falsch“
Die Grünen äußerten indes scharfe Kritik an Stockers Aussagen zur RBI. „Stocker verspielt Österreichs Glaubwürdigkeit in Europa. Unsere Partner in der EU haben den RBI Plänen schon eine Absage erteilt – zu Recht“, sagte Nina Tomaselli, Sprecherin der Grünen für Finanzen und Kontrolle. Wer jetzt versuche, einzelne Unternehmen wie die Raiffeisenbank zu schützen, stelle wirtschaftliche Privatinteressen über Solidarität mit der Ukraine.
„Die Raiffeisenbank will ihr selbst verschuldetes Russland-Problem einfach aussitzen – und die Bundesregierung hilft ihr dabei. Das vorgebrachte Argument Deripaskas Firma würde zweimal kassieren, ist falsch. Hier werden die österreichische Bevölkerung und die europäischen Partner:innen unrichtig informiert. Das eingefrorene Vermögen in Form von Strabag-Aktien bleibt aufgrund der Sanktionen unzugänglich, von einem ‘doppelt kassieren‘ kann also keine Rede sein“, betonte Tomaselli.
Auch FPÖ geht auf Stocker los
Auch die FPÖ kritisierte Stockers Aussagen zur RBI. „Es hat mittlerweile schon unappetitliche Züge, wie ÖVP-Kanzler Stocker den Interessen schwarz-pinker Seilschaften zu ,Giebelkreuze‘ kriecht, während er fast im selben Atemzug mit seiner Verlierer-Ampel die Energiepreisspirale mit dem Mitziehen beim EU-Importverbot für Gas aus Russland auf Kosten der Unternehmen und des Wohlstands unserer gesamten Bevölkerung weiter anzieht“, sagte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.
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