Die Raiffeisenbank International (RBI) hält weiter an einem Ausstieg in Russland fest. Doch die Hürden sind weiterhin groß, muss doch Moskau einem Deal zustimmen. Gleichzeitig kämpft man auf politischer und gerichtlicher Ebene um Strabag-Anteile, die bei der russischen Tochter liegen und die aufgrund der EU-Sanktionen „eingefroren“ sind.
Die Geschichte rund um das Raiffeisen-Geschäft in Russland ist lang. Kurz zusammengefasst: Früher verdiente die Bank dort den Großteil des Konzerngewinns. Mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine entschloss man sich, das Geschäft zu verkaufen (auch weil man die hohen Gewinne nicht aus dem Land herausbekommt). Doch nicht nur, dass Moskau einem solchen Verkauf zustimmen muss, hat der Kreml auch noch einen Höchstpreis festgelegt. Dieser darf maximal 50 Prozent der ohnehin sehr konservativen Bewertung betragen und wird obendrein auch noch um einen hohen einmaligen Millionenbetrag reduziert. Fazit: Es gibt das russische Filialnetz (einst rund 130 Standorte und um die 9000 Mitarbeiter) inklusive riesigen Kundenstock zu einem Spottpreis – was zahlreiche Interessenten anlockt.
Doch ein möglicher Käufer muss von allen Seiten akzeptiert werden. Nicht nur Raiffeisen, sondern auch die europäischen Behörden und natürlich Russland selbst müssen ihren Sanctus geben. Darüber hinaus will man sich auch mit den USA „gut stehen“ und bezieht auch dieses Land in den Deal etwas mit ein. „Wir geben aber nicht auf“, gibt sich RBI-Chef Johann Strobl weiter optimistisch. Er sei nach wie vor der Meinung, dass der Ausstieg zu schaffen ist.
Raiffeisen im Streit mit Strabag-Aktionär Rasperia
Gleichzeitig kämpft Raiffeisen bei Gericht mit dem Strabag-Aktionär Rasperia, der dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska zuzurechnen ist. Nachdem man Rasperia bei der Strabag quasi entmachtet hat, weil die Anteile durch EU-Sanktionen eingefroren wurden, hat Rasperia die Raiffeisen-Gesellschaft in Russland (die Mutter RBI ist indirekt über die RLB NÖ-Wien an der Strabag beteiligt) auf Schadenersatz verklagt. Das russische Gericht hat erwartungsgemäß dem Konzern von Deripaska recht gegeben und ihm eine Summe von 2,1 Milliarden Euro zugesprochen. Das Geld wurde vom russischen Zentralbankkonto der Raiffeisen bereits „abgebucht“. Im Gegenzug hat Moskau die Übertragung der Strabag-Anteile von Rasperia an die russische RBI-Tocher angeordnet.
Sanktionen für Strabag-Anteile aussetzen?
Dort sitzen die Anteile jedoch jetzt fest. Denn einerseits kennt die EU die Entscheidungen in Russland nicht an. Andererseits ist aufgrund der Sanktionen eine Übertragung nach Europa nicht möglich. Zuletzt ist daher überraschend die Forderung aufgekommen, hier die Sanktionen auszusetzen, sodass die Strabag-Anteile (rund 28 Millionen Stück Aktien) von Raiffeisen Russland zur RBI transferiert werden können. Dem Vernehmen nach soll sich hier das Außenministerium sowie auch Strabag-Großaktionär Hans Peter Haselsteiner dafür einsetzen, dass die Sanktionen diesbezüglich gelockert werden. Von einigen EU-Mitgliedsstaaten (es müssten alle Mitgliedsländer dafürstimmen), vor allem aus dem Osten, kamen jedoch schon Absagen.
Gelingt es auf politischer Ebene nicht, hier eine Lösung zu finden, bleibt Strobl nur der juristische Weg. Doch auch dieser ist aufgrund der wenig rechtsstaatlichen Rechtssprechung russischer Gerichte wenig erfolgversprechend. Sollte die RBI nämlich bei westlichen Gerichten Schadenersatz für die in Russland zu Unrecht erfolgten Verurteilungen in Russland fordern, hat Rasperia schon angekündigt, dagegen in Moskau vorzugehen. Das könnte am Ende des Tages dann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Rasperia (und somit Oleg Deripaska) durch ein Urteil weitere Vermögenswerte von Raiffeisen Russland zugesprochen bekommt.
Nach den erhaltenen 2,1 Milliarden Euro hat Rasperia zuletzt noch ein weiteres Verfahren angestrebt. Man will auch die eingefrorenen Dividendenzahlungen der eingefrorenen Strabag-Aktien inklusive dem Schaden aus der Kapitalherabsetzung ersetzt bekommen. Im Falle einer Verurteilung (welche sehr wahrscheinlich ist) fließen laut Strobl weitere rund 350 Millionen Euro von der Russland-Tochter an Rasperia.
Kreditgeschäft in Russland auf ein Drittel reduziert
Abseits des Ganzen geht der Abbau des russischen Geschäfts weiter. Seit Ausbruch des Krieges werden keine Kredite mehr vergeben. Das aushaftende Kreditvolumen ist von Mitte 2022 von 13,5 Milliarden Euro auf aktuell 4,5 Milliarden Euro gesunken. Gleichzeitig hat man die Zinsen für Einlagen auf null Prozent gesenkt in der Hoffnung, dass dann viele Kunden die Bank verlassen. Dieser Wunsch hat sich jedoch nicht wie erwartet erfüllt. Viele Russen sind bei Raiffeisen geblieben, obwohl andere Banken hohe Zinsen zahlen. Der Zinssatz bei der russischen Zentralbank liegt aktuell bei stolzen 20 Prozent.
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.