Strabag-Chef Stefan Kratochwill hätte „natürlich lieber einen nicht sanktionierten Shareholder“. Zu Rückstellungen von 386 Millionen Euro ist der Baukonzern wegen der verzwickten Situation mit dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska gezwungen. Dass der Putin-Freund beteiligt ist, kostet die Strabag sogar Aufträge.
Zuletzt wurde über eine Aufweichung der Russland-Sanktionen auf EU-Ebene diskutiert, doch einige (osteuropäische) Länder hielten dagegen. Wie jetzt bekannt wurde, waren die Bemühungen der österreichischen Regierung erfolglos, die auch der Raiffeisenbank International (RBI) helfen wollte, ihre Profite aus dem Land zu bekommen. Ursprünglich war ein Coup geplant, bei dem die Raiffeisen über einen Kauf der Strabag-Anteile von Deripaska in Russland ihr Vermögen aus dem kriegsführenden Land herausbekommt.
„Wissen nicht, wer genau unser Eigentümer ist“
Kurios: So genau weiß die Strabag nicht einmal, wer ihr Eigentümer ist. Das sei „auch nicht gerade eine angenehme Situation“, beschreibt es Strabag-Chef Stefan Kratochwill, der heuer vom verstorbenen Klemens Haselsteiner die Führung übernahm. Ist der Teileigentümer Rasperia etwa wieder im Besitz seiner russischen Mutter Valtoura, und wer kontrolliert wirklich den russischen Strabag-Aktionär? Auch darüber herrscht Unklarheit.
Die Situation kostet dem Konzern außerdem Bauaufträge, vor allem privater Investoren. „Wir kommen bei einigen Projekten aufgrund unseres russischen Shareholders nicht zum Zug oder werden nicht eingeladen“, sagt Kratochwill, der „natürlich lieber einen nicht sanktionierten Shareholder hätte“. Doch die Entscheidung müssen die EU-Staaten treffen. 386 Millionen Euro an Rückstellungen, vor allem für eingefrorene Dividenden an Deripaska, musste der ATX-Konzern schon bilden.
Asphalt auf historischem Tiefstand
Generell kann sich der Bauriese aber nicht über zu wenige Aufträge beklagen. Der Auftragsstand ist auf einem Rekordhoch, im Tiefbau laufen viele Infrastrukturprojekte. Das von der Regierung beschlossene Sparpaket auch bei Straßen- und Bahnprojekten spüre man schon, aber die Investitionen werden nötig sein. „Man sagt, Straßen und Gleise holen sich ihr Geld zurück“, meint Kratochwill, der ohne Erneuerungen hohe Wartungs- und Sanierungskosten kommen sieht. Sorgen bereitet der Asphaltbau, der „auf einem Tiefstand seit den 1990ern“ ist.
Wachstum verspricht sich der Strabag-Boss aus europäischen Märkten wie Polen, aber auch aus außereuropäischen Ländern. „Wir sind in Australien eingestiegen, da sind wir sehr zufrieden.“ Gesamt macht das Geschäft außerhalb Kontinentaleuropas rund 10 Prozent aus. Man verfolge eine „Tausendfüßler-Strategie“ – eine möglichst weite Diversifizierung des Geschäfts, um auch krisenfest zu sein.
In Summe rechnet der Konzern heuer mit 21 Milliarden Euro Umsatz (Bauleistung) nach knapp 20 Milliarden Euro im Vorjahr. Einen Auftragsturbo könnte das 500 Milliarden schwere Baupaket in Deutschland auslösen, das aber erst Ende 2026 oder Anfang 2027 so richtig ankommen wird.
Übernahme beim AKH ohne Porr
In Österreich will der mit 8,6 Milliarden Euro bewertete Konzern zudem die technische Betriebsführung des Allgemeinen Krankenhaus Wien (AKH) übernehmen. Aus dem Konsortium mit der Porr stieg man aus, diese übernimmt nun die Vamed-Thermen, Strabag ist weiter am AKH dran. „Die Stadt Wien möchte da auch einen guten Preis erzielen“, so Kratochwill. Mit Noch-Eigentümer Fresenius sei man in guten und konkreten Gesprächen. Warum entschied man sich für den alleinigen Kauf? Es gab „Signale, dass die Übernahme wie geplant nicht möglich sein wird“. Die Stadt Wien befürchtete, dass sich Porr und Strabag Aufträge selbst sichern könnten. Jetzt hofft der Bauriese letztlich auf grünes Licht durch die Wettbewerbsbehörde.
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