Zwei junge Afrikaner stehen am Dienstag vor dem Landesgericht Linz. Sie müssen sich wegen eines Liebesbetrugs verantworten, der einer Linzer Ärztin rund 300.000 Euro kostete. Nicht als Masterminds, sondern als Strohmänner, die die spektakuläre Geldsendung in Empfang nahmen. Einer wurde verurteilt, der andere freigesprochen.
Eigentlich hätte er ihm helfen sollen, seine Frau zu betrügen – doch die Wahrheit war viel gefährlicher. Der Erstangeklagte, ein 31-jähriger Grazer aus Liberia, wurde von einem Bekannten 35-Jährigen aus Nigeria angesprochen. Der Ältere erwartete ein Paket mit Geschenken von seiner Freundin, das seine Frau nicht sehen sollte – daher sollte es an die Adresse des Liberianers gehen.
100.000 Euro statt Parfum
Weil der Ältere aber in nur wenigen Tagen so hartnäckig nachgefragt, Stress gemacht und den jüngeren Paketempfänger sogar bedroht habe, sei er misstrauisch geworden und habe nachgebohrt, ob es sich wirklich nur um Geschenke in Form von Parfums handelte. Daraufhin habe der Nigerianer nachgegeben und gestanden, dass sich 100.000 Euro in dem Paket befanden.
„Wollte nichts davon wissen“
„Ich dachte sofort, dass es sich um Geld aus einem Betrug handeln muss, weil welche Freundin schickt einfach so 100.000 Euro in einem Paket herum? Damit wollte ich nichts zu tun haben“, so der 31-Jährige. Daraufhin sei es zu Streit gekommen, weil der 35-Jährige das Paket nicht selbst übernehmen haben wolle. Trotz allem Widerwillen des 31-Jährigen wurde das wertvolle Paket zu ihm geliefert – er nahm es aber nicht an. Wenig später brach die Polizei seine Tür auf und nahm ihn fest.
Tatsächlich kam das Geld von jener Linzer Ärztin, die einem Love-Scam aufgesessen war. Sie war nach ihrer Scheidung mit einem gewissen Doktor Massimo Antonio in Kontakt gekommen, der im Jemen humanitäre Hilfe leiste, aber nicht auf seine Konten zugreifen könne. So schickte die einsame Ärztin ihm insgesamt rund 300.000 Euro – darunter auch 100.000 Euro in einem Teddybären.
Auch das Opfer, die 68-jährige Ärztin aus Linz war als Zeugin geladen. Die 100.000 eingenähten Euro hatte sie zwar zurückbekommen, aber der ihr entstandene Schaden war noch deutlich größer. „Ich war nach meiner Scheidung in einer sehr schwierigen Situation, als diese Freundschaftsanfrage auf Facebook kam, die sich bald zu einem mehrmonatigen Kontakt entwickelt hat“, so die Ärztin vor Gericht. Er habe sie in ihrer seelischen Ausnahmesituation begleitet, leider nicht ohne langsam wachsende Geldforderungen, denen sie nachgekommen war.
Haftstrafen drohen
Im Gegensatz zum voll geständigen 31-Jährigen stritt der 35-Jährige jede Verbindung zu dem Fall ab, spricht von gehackten Accounts, Missverständnissen, will nichts von einem Paket oder einer Sendeadresse gewusst haben – was nicht nur der Vorsitzenden erst schwerfiel zu glauben. Im Laufe der Verhandlung tauchten aber auch in den Aussagen des Erstangeklagten einige Widersprüche auf.
So sehr, dass der Anwalt des Zweitangeklagten schließlich nahelegte, dass der jüngere Angeklagte seine Lebensgefährtin decken wolle – diese habe nämlich einen gefälschten Ausweis mit jenem Namen besessen, an den das Paket adressiert war – und am gemeinsamen Postkasten hing einige Tage lang ein Zettel mit ebendiesem falschen Namen.
So fiel auch schließlich die Entscheidung: Der Erstangeklagte wurde wegen seiner Beteiligung zu 15 Monaten verurteilt, davon ein Monat bedingt. Weil er diesen aber bereits in U-Haft abgesessen hatte, durfte er heimgehen. Der Zweitangeklagte wurde im Zweifel freigesprochen. Wer die Hintermänner sind, die den ganzen Betrug eingeleitet hatten, bleibt unklar.
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