Ab den 1950er-Jahren errichteten Unternehmen immer mehr Raffinerien und Chemiefabriken zwischen New Orleans und Louisianas Hauptstadt Baton Rouge. Heute gilt der Streifen in den USA als einer der größten Ballungsräume der Öl- und Chemieindustrie in der westlichen Welt. Doch das wirtschaftliche Erfolgsmodell hat eine Schattenseite: Die Anwohner rafft der Krebs dahin. Und die Trump-Regierung? Die schaut einfach weg.
Es ist ein gruseliges Bild: Am Horizont klaffen die Schlote empor, daneben brausen Fahrzeuge über die Schnellstraße, davor liegt ein mit einem Metallzaun abgegrenzter Friedhof. Der trauernde Robert Taylor erzählte beim Besuch des Grabes seiner verstorbenen Frau ntv seine Leidensgeschichte.
„Ich verstehe es noch immer nicht wirklich“, sagte er leise. „Wo ist sie jetzt?“ Sie hätte den Kampf gegen Brustkrebs verloren. Auch habe sie an einer Herzinsuffizienz gelitten, zwei Jahrzehnte lang hätten sie ständige Krankenhausaufenthalte begleitet. Der Witwer fragt sich demnach: Ob die ein paar Hundert Meter entfernte Neoprenfabrik daran schuld ist?
Auf dem Bild ist Robert Taylor zu sehen:
„Ich weiß es nicht“, seufzte der 84-Jährige. „Aber es kann sein.“ Überraschen würde ihn das jedenfalls nicht. Seine Mutter sei an Krebs gestorben, auch der erst 38 Jahre alte Enkel seiner Schwester sei daran erkrankt, schilderte er weiter. Seine Tochter habe eine Autoimmunkrankheit, einer seiner Söhne chronisches Nierenversagen. Dafür verantwortlich ist laut Robert Taylor die Chemieindustrie – und auch die US-Regierung, weil sie die Grenzwerte nicht durchsetzen wolle.
Nicht umsonst ist der Industriestreifen in den USA auch als „Cancer Alley“ – Krebspassage – bekannt. Mehr als 200 Fabriken und Raffinerien sind im unteren Delta des Mississippi angesiedelt. Krebserregende Schadstoffe wie Chloropren würden dort ausgestoßen. Geschichten über den Tod in dieser Gegend gibt es zuhauf. Aber Robert Taylor sei ein Zeitzeuge, schreibt ntv.
Politik opfert Menschen und Umwelt
Er sei in Reserve inmitten von Zuckerrohrfeldern aufgewachsen, habe eine Familie gegründet und mit eigenen Augen gesehen, wie sich sein Zuhause gewandelt habe. Wie die Öl- und Chemieindustrie es verändert hätten. Die Weißen seien weggezogen, die Schwarzen geblieben. Schwere Krankheiten seien zur Normalität geworden. Aktivisten nennen die „Cancer Alley“ gar „Sacrifice Zone“. Das bedeute, dass die Politik die Umwelt und die Bewohner opfere, damit die Industrie weiter produzieren könne. Wie viele Menschen in solchen Zonen in den USA wohnen müssen, stellte das investigative US-Medium ProPublica im Jahr 2021 fest: Es seien Hunderttausende.
Trump hebelt Bidens Einsatz wieder aus
Die Regierung von US-Präsident Joe Biden wollte diesen katastrophalen Lebensbedingungen ein Ende setzen: 2023 verklagte sie den Fabrikbetreiber Denka wegen der gesundheitlichen Gefährdung. Man wollte eine Absenkung des Ausstoßes durchsetzen. Doch der amtierende Staatschef Donald Trump macht sich nichts daraus – sein Justizministerium ließ die Klage wieder fallen. Und das ist kein Einzelfall, die Bundesstaatsanwaltschaft im Justizministerium geht kaum noch gegen Umweltverschmutzer vor. Eine ganze Reihe von Klagen wurde fallen gelassen, Auflagen wurden wieder abgeschafft und Hilfsgelder für Betroffene eingefroren.
Zehnmal höheres Krebsrisiko
Für die Bewohner der Industriezone ist dies jedenfalls ein Albtraum. Wie ntv anführt, seien sie im Vergleich zum Rest der Vereinigten Staaten einem zehnmal so hohen Krebsrisiko ausgesetzt. Vor ein paar Jahren sei es sogar 50-mal höher gewesen – die Besserung trat demnach ein, indem Denka eine 80-prozentige Reduzierung des Chloropren-Ausstoßes veranlasste.
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