US-Handelsminister Howard Lutnick hat mit der Abschaltung der Videoplattform TikTok gedroht. Die chinesische Regierung müsse einer Übernahme durch US-Investoren zustimmen. Diese Ankündigung ist zugleich ein weiteres Warnsignal für Europa.
Die Videoplattform TikTok ist auch US-Präsidenten Donald Trump ein Dorn im Auge. Die chinesische App ist in Amerika sehr beliebt. Schnell wurde ein Gesetz erlassen, dass TikTok-Mutter Bytedance die US-Sparte abgeben muss.
Zwei US-Investoren zeigten Interesse, die Absage aus China folgte, was Trump sauer aufstieß. Er drohte mit dem Ende in den USA, wenn die Chinesen nicht einlenken. Eine Frist dazu wurde bis September verlängert.
Nun legte US-Handelsminister Howard Lutnick nach und kündigte hier „sehr bald“ eine Entscheidung an. Die App würde vom Netz gehen, wenn dem Verkauf nicht zugestimmt wird. Es gehe nicht, dass eine auf 100 Millionen US-Telefonen installierte App unter chinesischer Kontrolle sei. „Amerikaner werden die Kontrolle haben, die Technologie besitzen und den Algorithmus kontrollieren“, erklärt Lutnick.
Der Algorithmus ist die Software, die entscheidet, welche Videos den Nutzerinnen und Nutzern zunächst angezeigt werden. Dabei handelt es sich um einen zentralen Baustein der Plattform. Die chinesische Regierung untersagte bereits in Trumps erster Amtszeit die Ausfuhr solcher Technologien, sofern keine Behörde die Erlaubnis erteilt hat.
Digitale Souveränität ist die Grundlage unserer Handlungsfähigkeit. Wir müssen die Datenhoheit wahren, Abhängigkeiten von Global Playern reduzieren und gemeinschaftlich in Europa Standards setzen
Staatssekretär Alexander Pröll
Das US-Gesetz schreibt vor, dass weder die chinesische Regierung noch Bytedance Kontrolle über den Algorithmus haben dürfen, wenn die App in den Vereinigten Staaten verfügbar bleiben soll. Lutwick sagte, dass Bytedance „ein kleines Stück“ von TikTok behalten könne.
Hohe Abhängigkeit Europas
Dieses US-Diktat zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Abhängigkeit Europas vom „Ausland“ zu reduzieren. Aktuell beherrschen z. B. drei große US-Cloud-Anbieter zwei Drittel des europäischen Cloud-Marktes. „Digitale Souveränität ist die Grundlage unserer Handlungsfähigkeit. Wir müssen die Datenhoheit wahren, Abhängigkeiten von Global Playern reduzieren und gemeinschaftlich in Europa Standards setzen“, betont Digitalisierungsstaatssekretär Alexander Pröll (ÖVP).
Die EU hat unterdessen im „Digitalen Kompass 2030“ Ziele in vier Bereichen festgelegt: So sollen 80 Prozent der Erwachsenen bis 2030 digitale Grundkompetenzen haben, 75 Prozent der Unternehmen Cloud, Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, der öffentliche Dienst digital und die Infrastruktur verbessert werden, beispielsweise durch 5G an allen Orten.
Plattformen für digitale Dienste und neue Technologien wie künstliche Intelligenz wirken sich maßgeblich auf unsere Gesellschaft aus. Sie haben die Art und Weise, wie wir im Internet kommunizieren, einkaufen oder uns informieren, grundlegend verändert.
Europäisches Parlament
„Plattformen für digitale Dienste und neue Technologien wie künstliche Intelligenz wirken sich maßgeblich auf unsere Gesellschaft aus. Sie haben die Art und Weise, wie wir im Internet kommunizieren, einkaufen oder uns informieren, grundlegend verändert (...). Mit der europäischen digitalen Agenda für 2020 bis 2030 wird auf diese Veränderungen reagiert“, heißt es im Dokument des Europäischen Parlaments.
Privatsphäre im digitalen Raum als Strategie
Sichere digitale Räume sollen errichtet, ein fairer Wettbewerb gewährleistet und die digitale Souveränität Europas gestärkt werden. Mit der Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen (2022) sei die Strategie um Werte wie Privatsphäre, Inklusivität und Nachhaltigkeit außerdem ergänzt worden, sagt Brüssel.
Die erste digitale Agenda für die EU umfasste demnach die Jahre 2010 bis 2020. In diesem Zeitraum wurden unter anderem Roaming-Gebühren bei Telefonaten ins Ausland abgeschafft (2017) und Preise für elektronische Kommunikation reduziert.
Immer wieder wurden auch Gesetze verabschiedet, wie 2024 eines zu Medienfreiheit und Medienpluralismus, das sogenannte Europäische Medienfreiheitsgesetz, und ein weiteres über die Transparenz demokratischer Prozesse, das unter anderem Regelungen für politische Werbung umfasst.
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