„Tatbestand unerfüllt“

Kurz-Freispruch: Neue Blamage der Korruptionsjäger

Gericht
26.05.2025 16:00

Für Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist der Freispruch ein wichtiger Etappensieg gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Den Schuldspruch wegen Falschaussage wischte der Richtersenat am Montag kurzum vom Tisch. Die Ermittler sind blamiert.

Seine ersten Anrufe galten der Familie. Zehn Minuten nach dem Freispruch verweilte Altkanzler Sebastian Kurz nach wie vor im Verhandlungssaal im Justizpalast, um mit seiner Lebensgefährtin Susanne und seinen Eltern zu telefonieren. Auch wenn sich der Altkanzler betont gelassen gab, fiel Kurz ein Stein vom Herzen.

Sein Statement zum Freispruch reduzierte sich dann auf drei Sätze: „Sie haben die letzten Jahre in voller Breite mitbekommen. Ich war jahrelang mit Vorwürfen konfrontiert. Jetzt ist das alles in sich zusammengebrochen.“

Zitat Icon

Der objektive Tatbestand der falschen Beweisaussage ist nicht erfüllt.

Der vorsitzende Richter in seiner Begründung.

Eine einfache „Ja“-Antwort genügte dem Richtersenat im Oberlandesgericht Wien, um Kurz freizusprechen – denn vor fünf Jahren fragte NEOS-Abgeordnete Stefanie Krisper im Ibiza-U-Ausschuss den damaligen Kanzler: „Haben Sie eine allgemeine Wahrnehmung zur Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates? Waren Sie selbst eingebunden?“ Kurz antwortete damals: „Ja.“ Kurz habe damit die Ja-Nein-Frage, ob er in die Bestellung eingebunden gewesen sei, richtig beantwortet.

Damit, so der dreiköpfige Richtersenat, war der „objektive Tatbestand der falschen Beweisaussage nicht erfüllt“. Der Freispruch ist rechtskräftig.

Freude über den Freispruch bei Sebastian Kurz, aber auch Ärger über die WKStA
Freude über den Freispruch bei Sebastian Kurz, aber auch Ärger über die WKStA(Bild: Eva Manhart)
Sebastian Kurz mit Beratern und seinem Anwalt Otto Dietrich
Sebastian Kurz mit Beratern und seinem Anwalt Otto Dietrich(Bild: Eva Manhart)

Serie von Freisprüchen
Er markiert einmal mehr eine peinliche Niederlage für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die ohnedies schon lange in der Kritik steht. So endeten etwa das Verfahren gegen den ehemaligen Grün-Politiker Christoph Chorherr sowie alle mit ihm angeklagten Personen am Straflandesgericht Wien 2023 mit Freisprüchen. Auch die Anklage gegen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller in der Prikraf-Affäre mündete in solchen. Mit einem Freispruch endete auch der Prozess gegen den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine ehemalige Landesbedienstete.

Vier Jahre lang hatte sich die WKStA nun in der Causa Kurz damit beschäftigt, ob der Ex-ÖVP-Chef in die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates nur „involviert im Sinne von informiert“ war oder ob er der eigentliche Strippenzieher war. Bei dem Verfahren war es darum gegangen, dass Kurz die Rolle bei der Aufsichtsratsbestellung der Staatsholding ÖBAG heruntergespielt haben soll, lautet die Behauptung der WKStA.

Mehrere Tausend Seiten Ermittlungsakt
Ein unglaublicher Aufwand wurde getrieben. Allein sechs Stunden lang wurde Kurz einvernommen, 30 Zeugen sind von den Korruptionsjägern befragt worden. Tausende Seiten im Ermittlungsakt damit gefüllt.

Für die beiden WKStA-Oberstaatsanwälte Matthias Purkart (re.) und Roland Koch hagelte es Kritik ...
Für die beiden WKStA-Oberstaatsanwälte Matthias Purkart (re.) und Roland Koch hagelte es Kritik vom Richtersenat. Ihre massiven Ermittlungen liefen ins Leere. (Bild: Anja Richter)

Trotzdem war die 108-Seiten-starke Anklage zur Falschaussage am Ende nicht wasserdicht. Nach zwölf Prozesstagen im großen Schwurgerichtssaal meinte Richter Michael Radasztics, ein Schlupfloch gefunden zu haben, um über Kurz doch noch einen Schuldspruch zu verhängen. Der Altkanzler habe zwar die Wahrheit im U-Ausschuss gesagt, aber nicht im vollen Umfang, so die juristische Begründung des Richters für den Schuldspruch.

Haltloses Argument
Radasztics‘ Argument damals: Eineinhalb Stunden nach der Frage von Krisper, hätte Kurz im U-Ausschuss bei einer anderen Frage die Möglichkeit gehabt, die volle Wahrheit über seine Einbindung in die Aufsichtsratsbestellung der ÖBAG darzulegen. Auch diese Argumentation wischte der Richtersenat im Justizpalast vom Tisch.

Der Freispruch markiert einen Etappensieg für Kurz gegen die WKStA. Eine Wermutstropfen gibt es dennoch: Der Schuldspruch für Bernhard Bonelli, Kabinettschef von Kurz, wurde bestätigt.

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