Rumänien-Wahl im Fokus

Manipulation: Vorwürfe gegen Kreml und Frankreich

Außenpolitik
19.05.2025 08:09

Der als Underdog ins Präsidentenrennen gezogene parteifreie bisherige Oberbürgermeister von Bukarest Nicusor Dan wird Rumäniens neues Staatsoberhaupt, sein rechtspopulistischer Kontrahent George Simion hat bereits seine Niederlage eingeräumt. Während in Kiew und zahlreichen EU-Hauptstädten nun Erleichterung herrscht, gibt es erneut Vorwürfe gegen Russland, mit einer Desinformationskampagne die Wahl beeinflusst zu haben. Aber auch Frankreich sieht sich mit Manipulationsvorwürfen konfrontiert.

Schon während des Urnengangs vermeldete das rumänische Außenministerium, dass es „Hinweise auf Einmischung durch Russland“ gebe. „Während der laufenden Wahl in Rumänien sehen wir erneut typische Merkmale russischer Einmischung“, erklärte der Sprecher des rumänischen Außenministeriums in Onlinedienst X vor Schließung der Wahllokale. „Eine virale Kampagne mit Falschinformationen auf Telegram und anderen sozialen Medienplattformen zielt darauf ab, den Wahlprozess zu beeinflussen“, fügte er hinzu.

Das rumänische Außenministerium ortet eine „massive Desinformationskampagne“ auf Telegram und in anderen sozialen Medien.
Das rumänische Außenministerium ortet eine „massive Desinformationskampagne“ auf Telegram und in anderen sozialen Medien.(Bild: EPA/SASCHA STEINBACH)

Bereits der erste Durchgang stand unter besonderen Vorzeichen. Innerhalb kürzester Zeit war in Rumänien – nach dem November 2024 – bereits das zweite Mal eine Präsidentschaftswahl durchgeführt worden. Eine Wiederholung wurde nötig, nachdem die erste Wahlrunde vom Verfassungsgericht wegen illegaler Wahlbeeinflussung durch Russland aufgehoben worden war. Damals lag überraschend Calin Georgescu auf Platz eins – ein Kandidat, der offenbar Kontakte zu Putin-nahen Akteuren hat.

Laut einem Bericht des rumänischen Geheimdienstes SRI wurde Georgescus Erfolg durch russische Desinformation und eine orchestrierte TikTok-Kampagne beeinflusst. Georgescu wurde von der Wahl ausgeschlossen. Gegen ihn wird strafrechtlich ermittelt.

Experte: „Wie von Zauberhand in den TikTok-Top-Ten“
Konkrete Beweise für eine Einflussnahme mithilfe von Desinformationskampagnen in den sozialen Medien gibt es noch keine. Die russische Regierung streitet auch jegliche Manipulationsversuche ab. Dennoch gibt es einige Verdachtsmomente, wie Cyberabwehr-Experte Cornelius Granig im Gespräch mit krone.at erklärt. So sei im vergangenen November der bis dahin eher unbekannte Rechtsaußen-Kandidat Georgescu „wie von Zauberhand“ plötzlich auf TikTok unter den Top 10 zu finden. Er habe auch nicht schlüssig erklären können, wie seine Wahlkampagne finanziert worden war.

Auch die nunmehr geschlagene wiederholte Präsidentschaftswahl sei gekennzeichnet worden von Fake News rund um den pro-europäischen Kandidaten Dan. „Da wurde über eine mutmaßliche Autismus-Erkrankung, von den nicht getauften Kindern und Problemen mit dem Maturazeugnis berichtet“, so Granig, der den Wahlabend selbst intensiv beobachtet hat. Der Leiter des Österreich-Rumänien-Instituts sieht Rumänien als „gutes Beispiel für ausländische Beeinflussungsversuche“. Schließlich würde sich ein Großteil der Bevölkerung intensiv über soziale Medien informieren. Klassische Medien hingegen seien nicht mehr so relevant. Ähnliche massive Beeinflussungsversuche habe es auch vor dem EU-Beitritt des Landes von nationalistischer Seite gegeben, erinnert sich Granig.

Cybersecurity-Experte Cornelius Granig
Cybersecurity-Experte Cornelius Granig(Bild: klemens groh)

Rumänien setzt pro-europäischen Weg fort
Dass all die Versuche letztlich nicht gefruchtet haben, sei mit großer Erleichterung in der EU und auch bei vielen Auslandsrumänen wahrgenommen worden. Es wurde in der rumänischen Botschaft in Wien gefeiert, weiß Granig, der selbst jahrelang in dem südosteuropäischen Land gelebt hat. Der Wahlsieg Dans bedeute, dass der klare pro-europäische Weg des Landes fortgesetzt werde. 

„Gemeinsam mit Premierminister Catalin Predoiu sind die liberalen rumänischen Politiker Garanten für ein positives Momentum, das im Südosten Europas so dringend gebraucht wird. In vielen Bereichen können wir uns was von Rumänien abschauen: Bekämpfung der Korruption, Aufbau der IT-Industrie, Wachstum der Wirtschaft, Umgang mit ethnischen Minderheiten. Diese Erfolge müssen wir im Kontext der Entwicklung des Landes sehen, das von einem blutrünstigen Diktator über Jahrzehnte ausgebeutet wurde, und im Jahr 1989 als Armenhaus Europas galt“, unterstreicht der Rumänien-Kenner die Bedeutung des Wahlausgangs.

Granig hält nicht viel von den ebenfalls aufgetauchten Vorwürfen, wonach die französische Regierung ebenfalls versucht habe, die Präsidentenwahl in Rumänien zu beeinflussen. Pavel Durov, Gründer des Messengerdienstes Telegram, hatte nämlich erklärt, dass Frankreich die Plattform gebeten hatte, „konservative Stimmen in Rumänien vor den heutigen Präsidentschaftswahlen zum Schweigen zu bringen“. Das französische Außenministerium wies die Anschuldigungen zurück und erklärte auf X, die Vorwürfe seien „Ablenkungstaktik angesichts der realen Einmischungsversuche gegen Rumänien“.

„Vorwürfe müssen genau untersucht werden“
Granig stößt ins selbe Horn und betont, dass Telegram oft gar nicht reagiere, wenn man verdächtige Inhalte wie Fake News oder strafrechtlich relevante Dinge meldet. „Daher frage ich mich, wie man Durov jetzt überhaupt erreichen konnte mit so einer Anfrage?“, zeigt sich der Experte äußerst skeptisch. Aber natürlich müssen diese Vorwürfe und auch jene des rumänischen Außenministeriums nun genau untersucht werden.

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