René Benko versucht momentan verzweifelt, die Verantwortung für die schweren strafrechtlichen Vorwürfe von sich zu schieben: Die Ermittler würden ihm das Wort im Mund umdrehen. Die Soko Signa habe keine Ahnung. Und er selbst sei in seinem Signa-Konzern nur Berater, keinesfalls Entscheider gewesen.
Fünf Tage vor der Zustellung der ersten Teil-Anklage musste sich René Benko in der Justizvollzugsanstalt Wien-Josefstadt erneut einer Beschuldigtenvernehmung stellen. Trotz der umfangreichen schriftlichen Eingaben von Benkos Anwälten blieben viele Fragen offen, die nur Benko selbst beantworten konnte. Die Ermittler der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Soko Signa rückten zur Einvernahme mit acht Personen an, um den Signa-Gründer im sogenannten Halbgesperre des Grauen Hauses in die Mangel zu nehmen. Doch der Finanzjongleur sagte immer dann, wenn es konkret wurde, relativ wenig bis nahezu gar nichts. Zumindest wenig Verwertbares:
„Das Wort im Mund umgedreht“
Er, Benko, habe „die Erfahrung“ gemacht, „dass selbst bei schriftlich eindeutigen Aussagen eben auch Aussagen umgedreht werden, zu gut Deutsch: das Wort im Mund umgedreht wird.“
Derartige Aussagen sind mittlerweile mehrfach dokumentiert. Benko verlangt außerdem immer wieder die Enthaftung und den Zugang zu historischen E-Mails und Signa-Daten aus der Vergangenheit. Benkos Begründung: Dann könne er sich verteidigen und die brennenden Fragen zur größten Pleite der europäischen Nachkriegsgeschichte beantworten. Doch mittlerweile ist aus den Aussagen und den Ausflüchten ein Muster erkennbar, wie sich der Milliardenpleitier zu verteidigen gedenkt:
Wann war Benko pleite?
Ungeachtet dessen interessiert die vielen Ermittler in der Causa Benko-Signa vor allem eine Frage: Wann war René Benko klar, dass über seinen Signa-Konzern ein Insolvenz-Tsunami hereinbrechen wird? Wann war dem heute 48-jährigen Gründer bewusst, dass er selbst mit seinem Konstrukt gegen die Wand fahren wird?
Benko hat mehrere Handlungen gesetzt, die nach Ansicht der Kriminalisten den Verdacht erhärten, dass er spätestens im Herbst 2023 mit dem Untergang der vermeintlich unsinkbaren Signa-Titanic rechnete. Und dass er davon ausging, dass er mit seiner Signa unter – sprich: in Konkurs – gehen wird.
Deshalb hatte er – so die Anklage – für eine Villa auf der Hungerburg, die anfangs noch gar nicht bewohnbar war, eine Vier-Jahres-Mietvorauszahlung an seine Stiftung in Höhe von 360.000 Euro geleistet.
Deshalb hatte er – so der Verdacht der Ermittler – auch emotional wertvolle Luxusuhren und Manschettenknöpfeverstecken lassen.
Deshalb hatte er – so ein weiterer Vorwurf der Ermittler – versucht, seine Waffensammlung vor dem Zugriff seiner vielen Gläubiger in Sicherheit zu bringen.
Millionen von der „Stroh-Mama“
Benko bestreitet diese Vorwürfe. In Bedrängnis bringen ihn allerdings immer mehr die Ermittlungsergebnisse der Kriminalisten: Durchaus überraschend ist, dass der vermeintliche Möchtegern-Milliardär bereits die letzten beiden Jahre vor seinem Konkurs rund drei Viertel seines äußerst aufwändigen Lebensstils aus eigenen Einkünften gar nicht mehr finanzieren konnte. Benko benötigte dafür bereits damals Millionen aus seinen Stiftungen. Dieses Geld wurde offiziell an seine Mutter Ingeborg ausgeschüttet – und volley als Schenkungen an Benko weiter geschleust. Vor allem auch deshalb vermuten die Kriminalisten in der pensionierten Kindergärtnerin eine „Stroh-Mama“. Immer wieder in Erklärungsnotstand bringen den Untersuchungshäftling Benko allerdings vor allem zahlreiche beschlagnahmte E-Mails. Ein Beispiel: Mitte August 2023 schickt der Immobilienspekulant seinem Finanzchef eine verräterische E-Mail.
Ein Mann, ein Wort: „FUCK“
Damals hatte Benkos Signa offenbar nach dem letzten Strohhalm gegriffen und diesen in einem 400-Millionen-Investment eines koreanischen Fonds ergreifen wollen. Als die Koreaner an diesem August-Tag 2023 eine Absage übermittelten, schrieb Benko seinem Signa-Finanzchef eine E-Mail mit gerade einmal vier Buchstaben: „FUCK“. Unmittelbar danach setzte eine gewisse Vermögensverschiebung in Richtung einer Benko-Stiftung in Liechtenstein ein.
In seiner jüngsten Beschuldigtenvernehmung am 10. Juli wurde der Bankrotteur mit dieser FUCK-Mail konfrontiert. Die Ermittler fragten: „Warum schrieben Sie dieses Wort? Warum war diese Investition für Sie wichtig?“
Antwort Benko: „Ich kenne diese E-Mail aus den Medien, bin mir nicht einmal sicher, ob es im Akt ist. Konnte mich aber daran nicht erinnern, bevor ich es damals aus den Medien erfahren habe. Darüber hinaus ist dazu nichts zu sagen.“
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