Weil sich ein 26-Jähriger von Wiener Polizeibeamten ungerecht behandelt fühlte, postete er auf TikTok mehrere Videos von der Amtshandlung – verändert mit Künstlicher Intelligenz. Was viele Nutzer als Spaß auffassten, ist jedoch eine Straftat. Der Online-Marketer findet sich auf der Anlagebank wieder und glänzt nicht durch gutes Verhalten.
Was ist echt und was nicht? Der Fortschritt von Künstlicher Intelligenz, die für jedermann zugänglich ist, macht das immer schwerer zu unterscheiden. Besonders in den sozialen Netzwerken finden sich massenhaft Videos von Politikern, Stars und Co., die Dinge sagen oder machen, die so gar nicht passiert sind. Und im Dezember 2024 reihte sich da eine Strecke von TikTok-Videos von Wiener Polizisten ein.
KI-Videos von Amtshandlungen gepostet
„Weil ich mich ungerecht behandelt gefühlt habe“, begründet ein 26-Jähriger, warum er Beamte Kniebeugen hat machen lassen, hysterisch in die Kamera schreien ließ oder auch eine Polizistin sexualisiert hat. Sieben Videos und zwei Memes – das sind lustige bearbeitete Fotos – veröffentlichte der junge Wiener auf TikTok. Auslöser war, dass ihn die Polizisten aufhielten, weil er mit seinem E-Scooter über eine rote Ampel gefahren sei. Er sollte sich ausweisen, weigerte sich, nannte auch einen falschen Namen. Die Amtshandlung nahm der unkooperative Angeklagte mit seinem Handy auf.
Für mich ist das eine komplexe Situation. Anscheinend muss es mir leidtun.
Echte Reue sucht man beim 26-Jährigen vergeblich
Ähnlich verhält er sich nun vor Richter Christian Noe. Im Wiener Landl muss er sich wegen Beleidigung verantworten. Die klaren Worte des selbstständigen, aber gerade einkommenslosen Online-Marketer: „Ich finde, Polizisten stehen im öffentlichen Licht und müssen Kritik hinnehmen. Ich finde, ich trage dazu bei, die Gesellschaft zu bilden.“
Ein Auszug: Eine junge Polizistin macht Kniebeugen. Verziert ist das Video mit folgendem Text: „So Fräulein, deine frechen Antworten reichen mir. Zehn Kniebeugen.“ Über Kritik geht das, laut dem Richter, klar hinaus.
26-Jähriger glänzt nicht durch Verhalten
„Würden Sie das noch einmal machen?“, arbeitet Herr Rat auf eine diversionelle Erledigung hin – „Für mich ist das eine komplexe Situation. Anscheinend muss es mir leidtun“, macht sich der Medizinstudienabbrecher vorerst einen Strich durch die Rechnung. Die restliche Befragung antwortet er beinahe durchgehend mit Gegenfragen, bei der Sichtung seiner erstellten Videos zucken seine Mundwinkel nach oben.
Schadensersatz bringt Angeklagten zum Weinen
Bis sein Verteidiger um eine kurze Unterbrechung bittet und nach fünf Minuten mit einem geläuterten Angeklagten zurückkommt. „Zusammenfassend tut es Ihnen leid, richtig?“, liefert der Anwalt eine Auflage. Der 26-Jährige ringt sich zu einem „Ja“ durch. Und dann fließen die Tränen. Denn auch zivilrechtlich wird durch die Polizisten und Polizistinnen gegen ihn vorgegangen – sie wollen jeder rund 2000 Euro. „Ich hab‘ keine Ahnung, wie ich das zahlen soll“, weint der junge Wiener.
(1)Wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper misshandelt oder mit einer körperlichen Misshandlung bedroht, ist, wenn er deswegen nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen.
Richter Noe sieht von einer Geldbuße deswegen ab. Er bietet dem aufgelösten Angeklagten nun doch eine Diversion an. Aber: „Hundert Prozent überzeugt, dass nicht wieder etwas passieren wird, bin ich nicht.“ Also gibt es eine Probezeit für zwei Jahre. Lediglich in Bezug auf ein Video und ein Bild erfolgt ein Freispruch – sie würden einfach den Tatbestand nicht erfüllen. Die Staatsanwältin muss sich das noch überlegen: „Ich tu‘ mir da ein bisschen schwer aufgrund des Verhaltens in der Verhandlung.“ Mit den Worten „Schauen Sie, dass Sie Ihre Kreativität in etwas Positives umsetzen“, entlässt der Richter den 26-Jährigen.
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