Kanzler-Blamage. Was für ein Fehlstart, was für eine Blamage! Nie zuvor in der deutschen Nachkriegsgeschichte musste ein Kanzlerkandidat im Bundestag in eine zweite Wahlrunde gehen, weil sich im ersten keine ausreichende Mehrheit für ihn fand. Das ist Friedrich Merz gestern passiert. Die von ihm gezimmerte CDU/CSU-Koalition mit der SPD verfügt über 328 Sitze, für seine Wahl notwendig wären 316 – und das wurde im ersten Wahlgang Dienstag früh um sechs Stimmen verfehlt. Große Aufregung in Berlin, große Aufregung in Deutschland und im Rest der EU. Im zweiten Wahlgang schaffte es der 69-Jährige am Nachmittag doch noch: Mit 325 Ja-Stimmen wurde er zum Nachfolger des SPD-Kanzlers Olaf Scholz gewählt. Eine historische Schlappe für den Mann, der Europa aus der Krise führen muss.
Ins Knie geschossen. Die Wahl-Blamage wird zur schweren Hypothek für diese deutsche Kanzlerschaft. „Ein Fehlstart mit Folgen“ nennt es „Krone“-Außenpolitikexperte Kurt Seinitz. Die ohnehin schwer bedrängte politische Mitte habe sich, schreibt er, „einmal mehr selbst ins Knie geschossen“. 18 Heckenschützen aus dem eigenen Lager – das passe „zu dem Bild, das die deutsche Politik in den letzten Jahren darstellt: Führungsmangel, Qualitätsverlust“. Deutschland habe seine Rolle als Stabilitätsanker in Europa verloren. Friedrich Merz sei schon vor der Kanzlerwahl beschädigt gewesen, er habe einfach zu viele Menschen enttäuscht. Und so kommt unser Autor zum ernüchternden Schluss: „Olaf Scholz hat seine Autorität am Ende seiner Kanzlerschaft verspielt, Friedrich Merz schon am Beginn.“ Und Seinitz stellt sich die Frage, „wann Deutschland endlich wieder funktioniert“. Ja, Europa, ganz besonders auch Österreich wartet sehnsüchtig darauf, dass dies endlich geschieht. Der gestrige Tag hat manche Hoffnungen geraubt.
Kommen Sie gut durch den Mittwoch!
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