Dass die EU-Kommission ihr Gesetz für digitale Märkte „Digital Markets Act“ (DMA) im Handelsstreit mit den USA eventuell aufweichen will, sorgt im Europäischen Parlament für Unmut.
„Ein solcher Schritt gibt Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Integrität des EU-Rechtsrahmens und der Gleichbehandlung von Unternehmen, die dem DMA unterliegen. Er wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für eine externe Einmischung in die EU-Gesetzgebung“, heißt es in der Anfrage von Freitag.
Während Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt habe, dass „die Souveränität unseres Entscheidungsprozesses unantastbar ist“, habe ein Sprecher der Kommission vorübergehende Zugeständnisse bei der Durchsetzung nicht eindeutig ausgeschlossen, heißt es in der von der liberalen RENEW-Abgeordneten Stéphanie Yon-Courtin initiierten parlamentarischen Anfrage, die der APA vorliegt. Sie wurde auch von den österreichischen EU-Abgeordneten Helmut Brandstätter und Anna Stürgkh (beide NEOS) sowie Elisabeth Grossmann (SPÖ) und Lena Schilling (Grüne) mitunterzeichnet.
WSJ: EU und USA sollen kurz vor Einigung stehen
Das „Wall Street Journal“ hatte vorige Woche berichtet, die USA und die Europäische Union dürften kurz vor einer Einigung in zahlreichen nicht-tarifären Handelsfragen stehen. Als betroffene Bereiche wurden etwa die EU-Entwaldungsverordnung, CO2-Abgaben sowie die Behandlung von US-Tech-Unternehmen in Europa genannt. Das WSJ berichtete über einen Entwurf für ein „Abkommen über gegenseitigen Handel“, der vom Büro des US-Handelsbeauftragten in Umlauf gebracht worden sei. Dieser soll vorübergehende Ausnahmen von US-Unternehmen von den EU-Digitalgesetzen vorsehen.
In der parlamentarischen Anfrage werden drei Fragen an die Kommission gestellt, die sie schriftlich beantworten soll. So wird gefragt, ob die Kommission „unmissverständlich und öffentlich bestätigen kann, dass sie die Durchsetzung des DMA für US-Unternehmen weder verzögern noch aussetzen und nicht als Handelsinstrument einsetzen wird“. Weiters soll die Brüsseler Behörde erläutern, wie sie „die einheitliche und rechtzeitige Anwendung des DMA unabhängig von den Handelsgesprächen sicherstellen“ will. Das EU-Parlament will zudem in Zukunft direkt von der Kommission informiert werden, anstatt über die Medien.
DMA soll digitale Wirtschaft fairer machen
Der DMA soll die digitale Wirtschaft fairer und wettbewerbsfähiger machen, und die Rechte von Verbrauchern und kleineren Unternehmen gegenüber großen Tech-Konzernen stärken. Er legt objektive Kriterien fest, um große Online-Plattformen als „Gatekeeper“ zu definieren. Gatekeeper (Torwächter) sind etwa Online-Suchmaschinen, App-Stores und Messenger-Dienste, die über großen Einfluss und Marktmacht verfügen. Im April hatte die EU-Kommission wegen Verstößen gegen den DMA dreistellige Millionenstrafen gegen Apple und Meta verhängt, und damit für Unmut bei der US-Regierung gesorgt. Heute Freitag wurden weitere Strafen gegen Meta angekündigt, da die Verstöße immer noch nicht beseitigt seien.
„Das Gesetz für Digitale Märkte ist ein enormer Erfolg und unser wirksamstes Instrument gegen Wettbewerbsverzerrung im digitalen Raum. Viel zu lang sind Meta und Co bereits damit durchgekommen, ihre eigenen Regeln im Netz aufzustellen und sich nicht an EU-Regeln zum Schutz von Wettbewerbsfähigkeit und Nutzer:innen zu halten. Das Gesetz für Digitale Märkte schiebt diesen Praktiken erstmals den Riegel vor“, sagt SPÖ-EU-Abgeordnete und Mitunterzeichnerin Elisabeth Grossmann laut Aussendung.
„Der Digital Markets Act ist kein Spielball für Handelsdeals, sondern ein Fundament für faire digitale Märkte und Demokratie. Wer jetzt anfängt, bei der Durchsetzung zu wackeln, riskiert die Glaubwürdigkeit der gesamten Digitalgesetzgebung. Die Kommission muss klarstellen: Es gibt keine Ausnahmen, keine Sonderdeals, keine Schlupflöcher – auch nicht für Big Tech“, so die grüne Lena Schilling in einem Statement zur APA.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.