Stift Kremsmünster

OÖ: Anklage gegen ehemaligen Pater wegen Missbrauchs

Österreich
09.04.2013 11:50
Unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs hat die Staatsanwaltschaft Steyr Anklage gegen einen ehemaligen Pater des Stiftes Kremsmünster in Oberösterreich erhoben. Dem heute 79-Jährigen wird angelastet, von September 1973 bis Juni 1993 an insgesamt 15 Zöglingen "Handlungen unterschiedlicher Intensität" vorgenommen zu haben. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Der Fall war im März 2010 ins Rollen gekommen, als Abt Ambros Ebhart die Causa bei der Polizei anzeigte, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Bei den Taten, die dem 79-jährigen ehemaligen Pater zur Last gelegt werden, dürfte es sich aber nur um die Spitze des Eisbergs handeln, auch wenn aus Gründen der Verjährung kaum weitere juristische Konsequenzen zu erwarten sind. Die Missbrauchsfälle reichen Jahrzehnte zurück.

Dokumentiert sind zumindest vier Fälle aus den 1950er-Jahren, die drei bereits verstorbenen Patres zugeschrieben werden. Der Großteil der Übergriffe dürfte in den 70er- bis 90er-Jahren passiert sein. Damals war der nun angeklagte Ex-Geistliche Internatsleiter.

Verfahren gegen zwei weitere Patres eingestellt
Neben ihm gerieten auch zwei weitere Patres ins Visier der Justiz. Die Ermittlungen gegen sie wurden aber eingestellt. Gegen einen läuft noch ein kirchenrechtliches Verfahren, gegen den anderen hat Rom interne Auflagen verfügt. Vorwürfe gegen acht weitere Personen - darunter drei weltliche Lehrer - wegen körperlicher oder seelischer Gewalt wurden als strafrechtlich nicht relevant oder ebenfalls verjährt eingestuft. Aber auch aus neuerer Zeit, nämlich aus dem Jahr 2005, ist noch ein Missbrauchsfall bekannt.

Keine exakten Angaben zu Zahl der Opfer
Die Zahl der Opfer ist nicht exakt festzustellen: 45 hatten sich gleich nach Bekanntwerden der Vorwürfe an die Diözesane Kommission gegen Missbrauch und Gewalt gewandt. 38 meldeten sich bei der Klasnic-Kommission, davon 29 wegen sexuellen Missbrauchs.

Fünf weitere sollen bei der Staatsanwaltschaft aktenkundig sein, aber nicht bei den kirchlichen Stellen. Diskrepanzen in den Zahlen sind laut Stift vor allem mit Doppelnennungen, aber auch mit aus Datenschutzgründen teilweise nur spärlichen Angaben bei manchen Personen zu erklären. Bisher hat das Stift 700.000 Euro an Entschädigungen und für Therapien gezahlt (Bericht siehe Infobox).

In vielen Fällen waren der Justiz die Hände gebunden, weil sie verjährt oder Opfer bzw. Täter nicht exakt zu eruieren waren. Das Landeskriminalamt ermittelte in zahlreichen Fällen, für die Staatsanwaltschaft Steyr blieben 15 Geschädigte übrig, auf die sich die Anklage gegen den 79-Jährigen stützt.

Unklarheit über mögliche Mitwisser bei Klosterleitung
Nach wie vor unklar ist, seit wann und wie viel die Klosterleitung vom Missbrauchsgeschehen wusste. Abt Ambros Ebhart will nur von zwei Fällen - einem aus dem Jahr 1970 und jenem von 2005 -, in denen personelle Konsequenzen gezogen worden seien, Kenntnis gehabt haben. Von den anderen Übergriffen habe er erst 2010, als die Causa in die Medien kam, erfahren, so der Geistliche.

Ebhart beteuerte auch wiederholt, der angeklagte ehemalige Mitbruder habe der Klosterleitung verheimlicht, dass 2007/08 bereits einmal ein Verfahren, das später wegen Verjährung eingestellt wurde, gegen ihn lief. Ehemalige Zöglinge bezweifeln diese Darstellung. Denn der Ex-Pater sagte damals vor der Staatsanwaltschaft Steyr aus, er hätte auf Anordnung der Stiftsoberen und auf eigenen Wunsch 1995 seine Tätigkeit wegen eines "Vorfalls" beenden sollen. Aus organisatorischen Gründen und weil zu diesem Zeitpunkt die Affäre Groer für Aufmerksamkeit sorgte, sei er aber erst 1996 abgelöst worden.

Detail am Rande: Neben den Missbrauchsvorwürfen wird dem 79-jährigen Ex-Pater von der Staatsanwaltschaft auch der fahrlässige Besitz einer verbotenen Waffe, nämlich einer Pumpgun, vorgeworfen.

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