Das dramatische Hochwasser macht den Klima- und Umweltschutz im Endspurt des Wahlkampfes wieder zum Thema. 2019 waren das dominierende Wahlmotive. Ein Check der Wahlprogramme stellt ÖVP und FPÖ schlechte Noten aus. Dabei wollen die Wähler laut einer aktuellen Umfrage mehr Klimaschutz von der Politik.
Fast alle Parteien hinken dem klimapolitischen Willen ihrer Wähler hinterher. Das zeigt eine neue Umfrage des KONTEXT Institut für Klimafragen anlässlich der Nationalratswahl. Über die Parteigrenzen hinweg geben demnach knapp drei Viertel der Befragten an, dass ihnen Klimaschutz ein wichtiges Anliegen ist. 13 der 22 abgefragten Maßnahmen und Aussagen finden unter den Wählern aller Parteien eine mehrheitliche Zustimmung – auch unter jenen der FPÖ.
Wähler erwarten mehr Klimaschutz
Für die repräsentative Umfrage hat marketagent im Zeitraum zwischen 9. und 16. September 2024 1022 wahlberechtigte Österreicher im Alter zwischen 16 und 75 Jahren online befragt. Knapp zwei Drittel erwarten von ihrer gewählten Partei, dass sie sich klimapolitisch stärker einsetzt.
„Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, muss die nächste Regierung in ihrer Klimapolitik ambitioniert und mutig sein. Der Vergleich zu den vorliegenden Wahlprogrammen zeigt, dass vor allem ÖVP und FPÖ Aufholbedarf haben, um dem Willen ihrer jeweiligen Wähler gerecht zu werden“, erläutert Katharina Rogenhofer, Vorständin von KONTEXT Institut für Klimafragen, die Ergebnissen der Umfrage.
Während das Thema Renaturierung im Sommer beinahe zu einem Koalitionsbruch geführt hat, sind sich die Wähler der Regierungsparteien über deren Notwendigkeit mit Blick auf Extremwetterereignisse einig (ÖVP: 87,2 Prozent; Grüne: 98,1 Prozent).
Große Einigkeit herrscht auch beim Thema Bodenschutz: Die Versiegelung der Böden soll demnach nicht nur reduziert (laut 86,6 Prozent aller Befragten), sondern mit Grenzwerten sogar verbindlich beschränkt werden (75,7 Prozent). Unter ÖVP-Wählern ist letzterer Wert mit 77 Prozent überdurchschnittlich, unter FPÖ-Wählern mit 62,7 Prozent nicht allzu weit darunter.
Hochwasserschutz kommt nur in Programmen von ÖVP und Grünen vor
Diese Einstellung der Wähler spiegelt sich in den Wahlprogrammen der Parteien nicht wider. Das Wort „Hochwasser“ beziehungsweise „Hochwasserschutz“ kommt überhaupt nur bei Grünen und ÖVP vor. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat die Wahlprogramme der Parteien auf Klima- und Umweltschutz abgeklopft und eine Analyse zusammengestellt.
Besonders schlechte Noten gibt es für ÖVP und FPÖ: So enthalten die Wahlprogramme der beiden Parteien keine ausreichenden Lösungen für die Klimakrise, keine Pläne für eine konsequente Wiederherstellung der Natur oder verbindliche Ziele gegen die Bodenversiegelung. Stattdessen verschärfen die von ÖVP und FPÖ vorgeschlagenen Maßnahmen die Klimakrise. Grüne, SPÖ, NEOS, KPÖ und BIER-Partei setzen in ihren Programmen auf ökologische Maßnahmen, wobei die Grünen im umweltpolitischen Parteienvergleich am besten abschneiden.
Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace: „Die Überflutungen der letzten Tage sind die Rechnung für jahrzehntelanges Regierungsversagen. Versickerungsflächen wurden zerstört und versiegelt, Klimaschutz nur halbherzig vorangetrieben. Österreichs neue Bundesregierung muss Klima- und Umweltschutz priorisieren.“
Alle bekennen sich zum Ausbau der Öffis
Der Parteien-Check erfolgt anhand von 15 Forderungen, die die Umweltschutzorganisation im Vorfeld an die Parteien schickte, mit Bitte um Stellungnahmen. Diese umfassen zentrale Umweltthemen, wie Bodenschutz, Klima- oder Naturschutz. Bei der Verkehrswende sprachen sich beispielsweise zwar alle Parteien für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel aus, gleichzeitig beißen sich die Parteien FPÖ und ÖVP am klimaschädlichen Verbrennungsmotor fest.
Aber beim Bodenschutz kein Konsens
Beim Thema Bodenschutz unterscheiden sich die Ambitionen der Parteien erheblich: Negativ fällt etwa die ÖVP auf, die Neubau mitunter sogar fördern will durch eine Streichung von Steuern und Nebengebühren und auch die FPÖ, die eine Abgabe auf spekulativ leerstehenden Wohnraum als „verdeckte Vermögenssteuer” ablehnt. Wenig Maßnahmen zur Eindämmung der grassierenden Verbauung unserer Natur- und Landwirtschaftsflächen bieten auch die BIER-Partei und NEOS. Ambitionierter zeigen sich hingegen SPÖ und KPÖ, die in den Wahlprogrammen mitunter auf die Mobilisierung von leerstehendem Wohnraum und Flächenrecycling setzen. Alle Greenpeace-Forderungen für effektiven Bodenschutz erfüllen jedoch einzig die Grünen.
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