„Zu komplex“

Scharfe Rechnungshof-Kritik an Rot-Weiß-Rot-Karte

Politik
05.04.2024 11:50

Eigentlich sollte die 2011 eingeführte Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) die Neuzuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Staaten außerhalb der EU nach Österreich einfacher machen. Aber leichter gesagt als getan – denn der Rechnungshof bemängelt nun, dass das System ordentliche Tücken hat.

„Das System dahinter ist komplex und für Antragstellende schwer verständlich“, bemängelt das Prüforgan. Grund dafür sei, dass die Kartenvarianten – fünf bei der RWR-Karte und die Blaue Karte EU – schwer abgrenzbar seien.

Es herrschten bei den ausbildungs- und kenntnisbezogenen Anforderungen vielfach Überschneidungen, weiters würden sich die Zielgruppen überlappen. Hier sieht der Rechnungshof „Potenzial zur Vereinfachung“. Es gibt aber auch Lob: „Der deutliche Anstieg bei den Kartenerteilungen entsprach der gestiegenen Anzahl offener Stellen, das heißt dem Bedarf auf dem Arbeitsmarkt und der konjunkturellen Entwicklung.“

In Zahlen gegossen heißt das: Im Jahr 2022 wurden insgesamt 5157 RWR-Karten und Blaue Karten EU erteilt. Der Bestand von aufrechten Karten im Jahr 2022 betrug 7602. Damit gab es mehr als 4,5-mal so viele Karten wie 2012, ein Jahr nach Einführung der RWR-Karte, und fast 3,5-mal so viele wie im Jahr 2017.

Am meisten Karten in Wien 
Die RWR-Karte für Fachkräfte in Mangelberufen und die RWR-Karte für sonstige (unselbstständige) Schlüsselkräfte waren die am stärksten in Anspruch genommenen Kartenvarianten. Die mit Abstand höchste Anzahl an Kartenerteilungen erfolgte 2022 in Wien.

Das durchschnittliche Bildungsniveau der Personen lag über jenem der unselbstständig Beschäftigten in Österreich: 84 Prozent hatten einen zumindest der Matura vergleichbaren Bildungsabschluss. Zwei Drittel der Karten wurden an Männer ausgestellt. Die drei häufigsten Staatsangehörigkeiten waren Bosnien-Herzegowina, Indien und die Russische Föderation, berichtet das staatliche Prüforgan.

Das Instrument der RWR-Karte sei seit seiner Einführung vielfach novelliert worden, „überwiegend mit dem Ziel, Hürden für qualifizierte Zuwanderung abzubauen“. Das Problem dabei: „Welche Wirkungen die gesetzlichen Änderungen in der Praxis hatten, dazu gab es jedoch kaum objektivierte Erkenntnisse“, so die Prüfer.

Kartenvarianten schwer abgrenzbar
Drittstaatsangehörigen stünden für die Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Österreich fünf Varianten der RWR-Karte und die Blaue Karte EU zur Verfügung, sofern sie nicht in ein spezielles, in der Regel vereinfachtes Bewilligungsregime fallen (etwa Forscher, Diplomaten, Künstler). Dazu hält der Rechnungshof lobend fest: „Das System kombiniert Kriterien, die aus arbeitsmarktpolitischer Sicht grundsätzlich nachvollziehbar sind.“ Er schränkt aber auch ein: „Die verschiedenen Kartenvarianten sind allerdings schwer voneinander abgrenzbar. Für Antragstellende ist es schwierig zu erkennen, welche Variante der RWR-Karte sie beantragen sollen.“

Gleichzeitig sei das System unflexibel – mit besonders hohen Qualifikationen in einer Dimension (zum Beispiel besonders hohem Einkommen) seien Defizite in einer anderen Dimension kaum ausgleichbar. Ein Sprachniveau ab B2 (fortgeschrittene Sprachkenntnisse) führe in keiner Variante zu einer höheren Bewertung.

Ausstellung dauert zu lange
Zu guter Letzt bemängeln die Rechnungshof-Prüfer, dass das Innenministerium zur Zeit der Rechnungshof-Prüfung über keine Daten zur Gesamtdauer der Kartenverfahren verfügte. „Ein Gesamtcontrolling der Verfahrensabwicklung bestand nicht. Eine Auswertung des Rechnungshofes auf Basis der verfügbaren Daten deutet darauf hin, dass in mehr als 40 Prozent der Fälle die gesetzlich vorgesehene Dauer von acht Wochen überschritten wurde.“

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