Korridorpension ab 62 für Akademiker? Aber nein: Wer studiert und dadurch deutlich später in seinen Beruf einsteigt als ein Lehrling, der soll auf jeden Fall bis zur regulären Alterspension mit 65 arbeiten, meint ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Pointiert gesagt: „Wer später zu arbeiten beginnt, soll auch länger arbeiten.“
Aber stimmt das überhaupt? Beginnen Akademiker tatsächlich erst zu arbeiten, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben? In den weitaus meisten Fällen ist das gar nicht so, ergibt eine „Krone“-Anfrage bei der Hochschülerschaft an der JKU in Linz: „Es sind in etwa 70 Prozent der JKU-Studierenden nebenbei berufstätig“, weiß ÖH-Vorsitzender Philipp Bergsmann. Wögingers Vorstoß möchte er aber nicht bewerten: „Als ÖH JKU konzentrieren wir uns auf die Vertretung der Studierenden an der JKU. Dabei steht für uns die Studentenpolitik im Vordergrund und nicht die Gesellschaftspolitik.“
Vereinbarkeit von Studium und Beruf verbessern
Die Studentenvertreter setzten sich daher auch gezielt für die Vereinbarkeit von Studium und Beruf ein und betonen bzw. fordern dazu insbesondere drei Dinge: ECTS-Studienleistungspunkte für Praktika und Nebenjobs (gibt es zum Teil schon), Unterstützung der Präsenzlehre durch digitale Elemente und das Anbieten von Lehrveranstaltungen auch am Abend. Bergsmann: „Konkret stellen wir uns vor, dass Skripten und Lernunterlagen, aber auch aufgezeichnete Lehrveranstaltungen digital zur Verfügung gestellt werden. Corona hat gezeigt, dass das möglich ist.“
SPÖ hält dagegen: „45 Jahre Arbeit sind genug“
Bei der SPÖ reagiert Klubvorsitzende und Sozialsprecherin Sabine Engleitner-Neu so: „Von einer Verschlechterung für Akademiker und Akademikerinnen haben auch die Hackler nichts. Dieses Hass-Spiel der ÖVP, wo immer auf eine Bevölkerungsgruppe draufgehaut wird, ist schlichtweg falsch. Viel gerechter wäre es, wenn wir endlich über eine Wiedereinführung der 45-Jahre-sind-genug Langzeitbeschäftigtenregelung diskutieren. Das wäre der positive Weg der SPÖ.“
Ein Pro und Kontra der „Krone“-Redakteure
Diese Meinung teilt auch „Krone“-Redakteur Werner Pöchinger ungefähr, während sein Kollege Mario Ruhmanseder dem Wöginger-Vorschlag doch etwas abgewinnen kann. Hier ihr „Pro“ und „Kontra“:
Es geht um beitragsrelevante Jahre
Auch wenn beruflich Spätberufene oder Langzeitstudenten jetzt aufschreien: Es erscheint mir nicht unfair, wenn statt dem Alter, beitragsrelevante Berufsjahre in Sachen Pension im Fokus stehen. Menschen, die schon in jungen Jahren geschuftet haben, Zeit ihres Lebens jeden Euro mehrfach umdrehen mussten, während sich manch andere etwa mit Zeitung austragen bestenfalls das Taschengeld von den Eltern aufgebessert haben, sollte man drei Jahre eher Ruhe doch zugestehen können. Und gerade in Zeiten eklatanten Fachkräfte- und Ärztemangels möge man fast betteln: Akademiker, bitte, wir brauchen euch!
Menschen auseinandervidividieren!
Herr Klubobmann Wöginger, ich hab’ neben der Vollzeitarbeit bei der „Krone“ sieben Jahre lang (Jus) studiert. Hätte ich also schon mit 58 in Pension gehen können, weil das sozusagen doppelte Jahre waren? Hätte ich eh nicht wollen, aber ich versuche nur die Logik Ihrer pensionären Strenge gegenüber Leuten mit Uni-Abschluss zu verstehen. Die hatten im Studium, gerade vor dem Eintritt ins Berufsleben, ja alle ein vergnügliches Lotterleben, oder?
Also, ich kann keine Logik erkennen. Ich sehe nur, dass Ihr Vorschlag einer derjenigen ist, mit denen man die Menschen auseinanderdividiert. Sie stiften damit nur Unfrieden!
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